The Band – Music From Big Pink


1965/66, als sie noch The Hawks hießen, begleiteten Robbie Robertson, Levon Helm, Garth Hudson, Rick Danko und Richard Manuel ihren Freund Bob Dylan auf Welttournee und betätigten sich dabei als Pioniere des Rockgrößenwahns in Sachen Lautstärke und Produktionsdimensionen (entgeisterte Konzertbesucher verglichen die Geräusche von der Bühne mit dem Fluglärm von B52-Bombern). Zwei Jahre später gelang ihnen eine Pionierleistung, die in die entgegengesetzte Richtung wies: Ihr erstes Album Music From Big Pink wurde mit seiner Betonung auf kollektiver statt individueller Leistung – vom Satzgesang bis zu den Arrangements – zu einem der einflußreichsten Alben seiner Zeit und die Geburtsstunde dessen, was heute „Americana“ heißt. Statt ihre Verstärker aufzudrehen und sich gegenseitig niederzuspielen, fuhren die fünf Musiker, die unter sich 17 Instrumente beherrschten, die Lautstärke zurück und hörten lieber genau aufeinander. Was The Band sich im „Big Pink“, dem schweinchenrosa Haus in West Saugerties, wenige Kilometer entfernt vom Bandhauptquartier in Woodstock, ausdachten, klang für damalige Hörer gleichermaßen neu und wie aus ferner Vorzeit. Das war Musik, die nicht von hitzköpfigen Halbwüchsigen, sondern von gestandenen Männern gemacht wurde, die sich wie Siedler aus dem 19. Jahrhundert kleideten und sich für die Innenseite des Klappcovers inmitten ihrer Verwandtenschar fotografieren ließen. In meist getragenen Tempi formten sie aus Gospel, Folk, Country und Blues den totalen Gegenentwurf zur modischen Psychedelia und den Virtuosenschlachten des Powerrock – umso bezeichnender, daß dessen herausragende Figur, Creams „Gitarrengott“ Eric Clapton, sich von diesem kulturellen Entgiftungsprogramm zumindest musikalisch bekehren ließ. Ohne Music From Big Pink wären spätere „Americana‘-Großtaten wie Hollywood Town Hall von den Jayhawks, Wilcos Being There oder Deserter’s Songs von Mercury Rev kaum denkbar.

Aufgenommen: Anfang 1968

Produzent: John Simon

Beste Songs: „Tears Of Rage“, „The Weight“

Höchste Chartsposition USA: 30