the Kii im Interview: „Am Anfang haben wir viel zu komplizierte Sachen produziert“


Das HipHop-Produzenten-Duo ist auf dem Weg, ein internationales Publikum aufzubauen. Auf ihrer Debüt-EP PIUPIUPIU arbeiten sie bereits mit bekannten Rappern aus den USA und UK zusammen. Dabei produzieren Jan Lilienthal und Michael Nowatzky in der Regel in Mannheim und Aschaffenburg. Wie ein gemeinsames Auslandssemester in Chicago sie zuerst zum Jazz und Gospel und schließlich zum Trap brachte, verraten sie uns im Interview.

2018 entschieden sich Jan Lilienthal und Michael Nowatzky alias the Kii dazu, in die HipHop-Beat-Produktion einzusteigen. Dabei sind sie beide professionelle Instrumentalisten und könnten ihr Brot in Live-Bands verdienen. Nun produziert das Produzenten-Duo aus Mannheim Trap – mit internationaler Reichweite. Auf ihrer Debüt-EP PIUPIUPIU (benannt nach dem Pistolen-Emoji) tummeln sich nicht nur nationale Rap-Talente wie Serious Klein und Kelvyn Colt, die beide auf Englisch rappen und ebenfalls ein internationales Publikum haben, sondern auch internationale Künstler wie Mick Jenkins und Valee. Warum sie sich für HipHop entschieden haben und was diese Entscheidung mit ihrer Vorliebe für Jazz und Gospel zu tun habt, erfahrt Ihr hier im Interview. Außerdem verraten sie uns, wer ihr Lieblings-DC-Superheld ist.

Musikexpress.de: Der Name Eurer aktuellen EP PIUPIUPIU hat mich schon sehr zum Schmunzeln gebracht. Könnte man sagen, dass das die verniedlichte Form von „Bang Bang Bang“ ist? Wir befinden uns ja hier im HipHop…

Michael: Das ist eigentlich im WhatsApp-Chat entstanden, während wir produziert haben. Immer wenn wir irgendwas gefeiert haben, haben wir drei Pistolen-Emojis gepostet. Als würde man vor Freude in die Luft schießen. Phonetisch hat das auch gut gepasst und irgendwie fasst es diese EP auch gut zusammen.

Jan: Der Name bringt auch eine gewisse Leichtigkeit mit sich, die ganz gut zu uns passt.

2018 habt Ihr Euch dazu entschieden HipHop-Beats zu produzieren. Ihr kanntet Euch aber schon vorher und wart auch zusammen in Chicago, wo Ihr Euch mit Jazz und Gospel auseinandergesetzt habt. Wie seid Ihr auf diesem Weg beim HipHop gelandet?

Jan: Dorthin brachte uns tatsächlich Gospel und vor allem Neo-Soul. In Deutschland gibt es einfach keine Szene dafür. Und Gospel ist für mich eines der anspruchsvollsten Musikgenres. Da steckt Jazz, Rock und Soul drin. Die Energie der Jam-Sessions dort, die gibt es hier einfach nicht. Damals waren wir noch absolute Instrumentalisten und der Fokus lag noch nicht so sehr auf HipHop. Irgendwann fragt man sich: Warum mache ich nicht einfach das, was mir zu 100 Prozent Spaß macht. Dann geht’s nicht mehr darum sehr schnell zu spielen oder krasse Soli zu rauszuhauen. Plötzlich eröffnete sich für uns die Welt des Songwritings und wir lieben es.

„Gut situiert aufzuwachsen und dann einfach zu denken, man hat Trap verstanden und produziert das, was die dort drüben hören wollen, ist schon anmaßend.“

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„Als Instrumentalist, der Songs schreibt, musst du auch lernen, einfach Gefühle sprechen zu lassen.“

Michael: Die Zeit dort hat uns natürlich sehr geprägt. Die Leute dort sind musikalisch ganz anders sozialisiert als wir hier in Deutschland. Gospel und Jazz sind dort kulturell so sehr verankert wie hierzulande vielleicht Volksmusik oder Schlager. Hier kratzen wir musikalisch nur an der Oberfläche, ohne dem Bedeutungskern wirklich nahe zu kommen. Auch wenn man Trap produziert, muss man sich mit den musikalischen Ursprüngen vertraut machen. Gut situiert aufzuwachsen und dann einfach zu denken, man hat Trap verstanden und produziert das, was die dort drüben hören wollen, ist schon fast anmaßend. Wir haben viele Gottesdienste besucht, auch in benachteiligten Gegenden. Es war uns wichtig dem Vibe möglichst nahe zu kommen.

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Würdet Ihr sagen, dass es von Vorteil ist, wenn man als HipHop-Produzent noch in einem anderen Genre wie beispielsweise Jazz verwurzelt ist?

Jan: Es eigentlich eher ein Nachteil (lacht)! Wenn man als Instrumentalist zu viel Know-How hat, fehlt manchmal einfach die Intuition und die Kreativität. Am Anfang haben wir viel zu komplexe Sachen produziert, weil das der Anspruch an uns selbst war. Letztendlich ist es aber völlig egal, ob ein Beat komplex oder simpel ist. Das war erst mal ein Prozess für uns. Als Instrumentalist, der Songs schreibt, musst du auch lernen, einfach Gefühle sprechen zu lassen. Es muss nicht unbedingt anspruchsvoll sein.

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Michael: Ich würde schon sagen, dass unser Hintergrund uns auch Vorteile bringt. Wenn du schon mal ein Instrument in der Hand hattest, hast du einfach mehr Freiheiten und Möglichkeiten, wenn du auf einer DAP rum klickst. Wie du mit deinem Wissen umgehst, ist letztendlich deine Entscheidung, aber du hast auf jeden Fall mehr Optionen dich auszutoben. Dein Universum ist einfach größer.

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Eure Feature-Gäste auf Eurer EP sind auf der ganzen Welt verstreut. Gab es denn auch gemeinsame Sessions?

Jan: Die Pandemie hat das natürlich erschwert, deswegen gab es nur vereinzelte Sessions. Beispielsweise mit Kelvyn Colt. In dem Business ist es natürlich auch üblich, dass man sich einfach viel hin und her schickt. Vor allem, wenn man international arbeitet. Aber zum Beispiel mit Elijah Malik haben wir regelmäßige Online-Sessions.

Für unsere Leser*innen ist wahrscheinlich von Interesse, dass es sich hierbei um den Sohn von Samy Deluxe handelt. Der ist bestimmt stolz…

Jan: Der wird auch noch stolzer. Wir haben noch eine Menge vor mit ihm.

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„Als Handwerker hast du eine Sicherheit, von der ein Musiker nur träumen kann.“

Wie macht Ihr das denn, wenn Ihr live spielt? Lasst Ihr dann Eure Gäste alle einfliegen?

Jan: Dafür haben wir uns zwei Konzepte überlegt. Erste Variante: Wir fungieren live als DJs und spielen gleichzeitig Gitarre und Bass. Dazu laden wir uns dann Special Guests ein. Je nachdem, wer Zeit und Lust hat. Einen Mick Jenkins aus Chicago werden wir wahrscheinlich nicht dazu bekommen, für einen kleinen Gig nach Deutschland zu bekommen, es sei denn er ist gerade zufällig da im Rahmen eines Festivals. Aber wir müssen uns ja auch erst mal ausprobieren. Bei der zweiten und größeren Variante liegt der Fokus mehr auf Live-Band. Dazu würden wir uns dann noch einen „Hype-Man“ holen, der die Texte mitrappt. Dazu würden wir dann auch wieder Gäste einladen. Dann müssen wir natürlich austesten.

Eure Musikvideos sind alle in einem Cartoon-Stil gehalten, der zum Teil an die Gorillaz erinnert. Waren die für Euch eine Quelle der Inspiration?

Michael: Das könnte man schon sagen. Wir wollen aber nicht wie die Gorillaz sein und unsere Identität verstecken. Aber uns gefällt dieser „roughe“ Comic-Stil. Weniger glatt gebügelt, sondern eher ein bisschen schmutzig. So wie in dem „Walk Alone“-Video. Videospiele wie „GTA“ oder „Street Fight“ haben uns auch inspiriert.

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„Wenn es nur um Geld gehen würde, wären wir im falschen Beruf.“

Ihr habt auch einen Song namens „Xmen“. Seid Ihr Comic-Nerds?

Jan: Also wir feiern sowas schon, ohne jetzt komplette Nerds zu sein (lacht). Aber die Charaktere und auch die Verfilmungen sind schon geil.

Habt Ihr einen Lieblings-Superhelden?

Jan: In meinem Fall Aquaman. Als Kind war es auf jeden Fall Batman!

In Eurem Song „I Beg to Differ“ wird die These aufgestellt, dass Geld unter bestimmten Umständen doch glücklich macht. Wie ist Euer Verhältnis zu Geld und Fame?

Jan: Unter einer Milliarde sind wir unzufrieden! (lacht)

Michael: Wir haben hoch gesteckte Ziele, aber natürlich alles im Rahmen des Machbaren. Wir wollen als Produzenten beziehungsweise Band schon international bekannt sein. Aber der finanzielle Aspekt spielt bei uns nicht die erste Rolle. Es geht um Spaß an der Sache und geile Musik. Wenn es nur um Geld gehen würde, wären wir im falschen Beruf.

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Argonautiks im Interview: „Wir sind so ein 'Lieb es oder hass es'-Ding“

Jan: Musik bleibt auch immer ein schwieriges Jobfeld. Der Beruf ist mit so vielen Risiken und auch Höhen und Tiefen verbunden. Das darf man nicht vergessen. Als Handwerker hast du beispielsweise eine Sicherheit, von der ein Musiker nur träumen kann. Selbst wenn du erfolgreich bist, weißt du nie wie lange das noch geht. Das löst selbstverständlich Druck aus. Unsere Motivation speist sich primär aus der Reaktion von Leuten, die unsere Sachen feiern und davon irgendwie berührt werden. Oder unter Leuten zu sein, die es musikalisch einfach richtig drauf haben wie zum Beispiel mit Mick Jenkins. Ein besseres Gefühl gibt es nicht. Das ist einfach magisch.

Somit hast Du Dir gerade die Frage selbst beantwortet, warum man die Risiken auf sich nimmt.

Jan: Stimmt. Ich habe es mir gerade erfolgreich schön geredet. (lacht)

Könnt Ihr was über zukünftige Projekte sagen?

Michael: Es kommen noch Songs mit ASAP Twelvyy und Steven Cannon. So viel dürfen wir verraten. Ansonsten blicken wir in Richtung TDE. Und auf lange Sicht… ein Album. Irgendwann.

Die EP PIUPIUPIU von the Kii ist am 24. September 2021 erschienen. Hier könnt Ihr sie im Stream hören:

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