The Lemonheads live in Freiburg


Nach dem Konzert der Lemonheads im Freiburger Jazzhaus hätte unser Leser Pändy fast einen Bericht unter der Überschrift "Die Dekonstruktion einer Legende" verfasst. Nach reiflicher Überlegung kam er aber zu der Überzeugung: Ganz so schlimm war es womöglich doch nicht.

Evan Dando und seine Lemonheads, das ist unumstößlich ein Stück „Schrammelgitarren-Musikgeschichte“. In den Neunzigern eine Größe, danach der (drogeninduzierte) Absturz des Sympathieträgers und die Auflösung der Band, die mit der fetzigen Coverversion eines Songs, der eigentlich unter die Rubrik „Sorry, Leute, aber so was covert man doch nicht!?“ fällt, eine höchst beeindruckende „Mir doch scheißegal, was ihr denkt, ich mach was ich will“-Mentalität an den Tag gelegt hatten. Dann, vor etwa fünf Jahren, das Comeback des Sängers mit einer ausgesprochen hübschen Solo-Scheibe, vor zwei Jahren schließlich die Wiederbelebung der Lemonheads, die gleichsam mit einer blitzsauberen Platte daherkam. Der Künstler schien die Kurve noch mal gekriegt zu haben.Und nun das. Dass man zunächst zwei Wochen länger auf das Konzert warten musste – der Termin Ende September fiel wegen einer Autopanne aus, wobei inoffiziell Gerüchte gemunkelt wurden, die Band hätte den Zielort einfach nicht gefunden – das kann ja mal passieren, kein Thema. Aber dass man dann an diesem Sonntagabend ein Konzert erleben musste, dessen Beschreibung ich fast den Untertitel „Die Dekonstruktion einer Legende“ zu geben in starke Versuchung geraten musste, ist nun schon ein wenig traurig. Das fühlt sich ungefähr so an, wie wenn man die Grillsauce, auf deren Etikett „feurig-scharf“ steht, auf den Teller kippt, erwartungsfroh sein Würstchen reintunkt, und es dann schmeckt wie grade mal leicht pikante Tomatensoße…Doch der Reihe nach.Amüsant fand ich, beim Betreten der Räumlichkeiten so einige bekannte Gesichter, die sich schon beim ausgefallenen Konzert die damals umsonst spielende Support-Band, deren Name mir natürlich wie üblich nicht mehr geläufig ist, als schwachen Ersatz angesehen hatten. Und auch diesmal gab es eine Vorband, die Cherry Chords, ein gemischt geschlechtliches Duo mit akustischen Gitarren und Cowboyhüten, die mir allerdings doch etwas zu einlullend an diesem Abend waren. Als es dann endlich Zeit für die Legende war, betrat zunächst der insbesondere bei Frauen auch optisch sehr geschätzte Mr. Dando – der nebenbei erwähnt ein Iron-Maiden-T-Shirt mit der Nummer der Bestie trug – die Bühne, um einige Songs alleine zu spielen. Irgendwann betrat die Band, klassische Triobesetzung, die Bühne.Der Schlagzeuger, der, wie ich später noch von ihm erfahren sollte, kurzfristig eingesprungen war, weil der eigentliche Drummer während der Tour gefeuert worden war, hielt sich bis auf ein paar kleine Schnitzer ganz wacker. Der Bassist, der daneben in regelmäßigen Abständen für das hochprozentige Wohl der Bühnenakteure sorgte, schaute immer zwischen seinem Chef und dem Publikum hin und er, so, als wolle er versuchen, die allgemeine Stimmung abzuschätzen. Die war zumindest nicht schlecht, obwohl Herr Dando, der einen mehr als leicht angetrunkenen Eindruck machte, mehrfach Einsätze verpatzte, sich immer und immer wieder beim Gitarre stimmen verzettelte und insbesondere gesanglich alles andere als in Form war. So wirkten die neunzig Minuten insgesamt etwas unmotiviert, was mit dem Ramones-Cover „I Don´t Care“ – sollte das Absicht gewesen sein – schön selbstironisch belegt wurde.Unwillkürlich musste ich nach Ende der Veranstaltung an Karl, den meiner Meinung nach eigentlichen Helden aus Sven Regeners Buch „Herr Lehmann“ denken, der am Ende sein eigenes Werk unter dem Motto Dekonstruktion zerstört. Na ja, ganz so schlimm war es an diesem Abend dann doch nicht. Trotz allem hatte man kein schlechtes Konzert gesehen, der Sound war gut, die Gitarre mit ihren willentlich und möglicherweise gelegentlich auch unbeabsichtigt angeschrägten Sounds ging ebenso in Ordnung. Ein bisschen schade war es aber trotzdem.

Pändy – 17.10.2008