The Mission


Auf die Bühne spurten sie zu den turtelnden, klappernden Tonen eines traditionellen britischen Music-Hall-Schlagers. Als Zugabc legen sie eine geradezu feurige Version von „Mr. Pleasant“ hin, der Kinks-Ode an das idyllische, verunglückte Biedermannsleben des englischen Durchschnittsbürgers. Da hüpfen die Leute begeistert auf und ab, und auf fast allen Plätzen sitzen Eskimos. So heißen die Mitglieder des Mission-Fanclubs – weiß der Teufel, warum. Die Eskimos sind jedenfalls fein raus: Sie wurden zur Apres-Show-Party nach dem Konzert geladen.

„Daddysays… „schreit Wayne Hussey jetzt ins Mikrophon, und das ist der Anfang des neuen Songs „Amelia“, in dem es um Kinderschändung geht.

Hussey singt dermaßen verschreckt und eindringlich, daß in der Tat eine bedrohliche und verzweifelte Stimmung entsteht – das gibt weitere Pluspunkte. Doch was kommt denn jetzt?

Diese Sirene ist doch von Roxy Music geklaut. Nein, der Drummer singt tatsächlich den Roxy-Oldie „Virginia Piain“. Es folgen weitere vollblütige Fassungen bewährter Songs: Neil Youngs „Like A Hurricane“, Patti Smiths „Dancing Barefoot“ und tatsächlich „Mama We’re All Crazee Now“ von Slade – da stampfen die vielen tausend Füße wie nach der Sauerkrauternte, da brüllen sich zigtausend Eskimos – und nicht nur die – ihre Kehlen heiser. Nach „1969“ von Iggy Pop folgt wieder eine Eigenkomposition, in der Hussey zur Hallendecke hinaufröhrt: „Give me shelter from the storm“. Oder so ähnlich.

35 Minuten dauern die sehr vergnüglichen, unterhaltsamen Zugaben, angefangen bei „Mr. Pleasant“. Sie zeigen selbst Skeptikern, daß die Missionare das Herz auf dem rechten Reck haben – auch wenn sie in den vergangenen 75 Konzert-Minuten bisweilen sogar gräßlich langweilten oder das pompöse Pathos gewisser Nummern auf die Spitze trieben. Streckenweise schien Song um Song in derselben Gruft geerntet, obwohl das Programm einen Querschnitt durch das Missions-Werk bot und live rockiger präsentiert wurde als auf Platte. So wirkten Titel wie „Tower Of Strength“, „Beyond The Pale“ oder „Sacrilege“ weitaus dynamischer als in der Studio-Version – noch mal Pluspunkte. Und Wayne Hussey zeigte sich in bester Gesangslaune – nicht zuletzt wohl deswegen, weil ihm ein gewisser Wolfie von Red Lorry Yellow Lorry manche Gitarrenpflicht abnahm.

Auch wenn der eine oder andere bei „Mr. Pleasant“ ein wenig perplex wirkte – kalte Füße hat bei diesem Missions-Fest sicher keiner der anwesenden Eskimos bekommen.