The Sundays


Die Sundays mußten einen Ruf verteidigen, der ihnen viel zu schnell vorauseilte. Die Band wurde von der englischen Musikpresse zum Hype der Jahrzehntwende hochgejubelt – eine Last, mit der es sich nicht mehr so leichtfüßig über die Bühne schweben läßt, wie es die Musik der Vier vorgibt.

Mit dieser nicht gerade einfachen Hypothek vorbelastet quälte sich die Band vor ihrem ersten Deutschland-Gig erst einmal mit einem dreieinhalb Stunden langen Soundcheck – wohl auch um aus Harriet Wheelers angeschlagener Stimme das Beste herauszuholen. In England hatte die Band zahlreiche Stationen der Tour abgesagt, denn Harriet war ernstlich erkältet. Auch an diesem Abend hat sie deutlich hörbare Probleme, bis in die Grenzbereiche ihrer glasklaren Stimme vorzudringen. Zu oft fehlt es ihr an Kraft und Druck, um die filigranen Töne ihrer Songs mit demselben Zauber zu versehen wie auf der ersten hochcelobten Sundays-LP READING, WRITING AND ARITHMETICS.

Ihre männliche Begleitung macht es ihr dabei nicht gerade leicht, sich stimmlich gegen die Instrumente zu behaupten. Schlichtweg zu laut und zu wenig differenziert übertönen Gitarrist David Gavurin. Bassist Paul Bridley und Drummer Patrick Hannan die Transparenz der Sonntagslieder, die auf Platte gerade durch das perfekte Zusammenspiel von Harriets Gesang und Davids Klangperlen-Ketten so bestechend wirken. Hauptsächlich in den ruhigen Weisen wie „I Kicked A Boy“ oder „Joy“ (auf Platte ein kleines Kunstwerk) will die beschwörende Formel der Sundays dadurch nicht mehr so glatt aufgehen.

Und trotzdem: Wunder gescheh’n – den Sundays will und kann keiner so recht etwas übel nehmen. Ob es daran liegt, wie Harriet – in einer übergroßen Cord-Jeans-Jacke versunken – beim Singen andächtig die Augen schließt? Wie sie fast verzweifelt den Mikro-Ständer umklammert oder die Hände vor der Brust wie zum Gebet faltet? Oder vielleicht nur daran, wie sich die Vier in den Pausen aufmunternd zulächeln? Auf jeden Fall gibt es eine Botschaft, für die diese Sonntagskinder stehen: simple Ehrlichkeit. Und diese Botschaft erreicht selbst – oder vielleicht gerade – an einem Abend voller Schwierigkeiten noch den letzten Winkel der Halle.

Das Publikum spürt das und weiß es mit anerkennendem Schlußapplaus zu würdigen. Und als Harriet zur zweiten Zugabe mit einem geflüsterten Jhank you“ auf der Bühne erscheint, um „This Is Where The Story Ends‘ den Auftakt des Abends, ein zweites Mal als Abschiedslied anzukündigen, wirkt das ganz und gar nicht peinlich. Ihr Titelseiten-Image sollten die Sundays und ihre Zuhörer deshalb am besten einfach vergessen.