Konzert-Review

„The World of Hans Zimmer“-Tour: So, und jetzt dürfen sie mich feiern!


Hans Zimmer schickt langjährige Weggefährten auf Tour, damit sie seine Stücke aufführen. Die Setlist ist überraschend, das Orchester fantastisch. Am Ende stiehlt Zimmer aber allen die Show.

Beim zweiten Stopp seiner aktuellen Tournee wollte Hans Zimmer, 60, wohl auf Nummer sicher gehen. Als „The World of Hans Zimmer – A Symphonic Celebration“ am Samstag in Hamburg startete, gab es Tonprobleme – ausgerechnet, als der Meister selbst gesprochen hat. Zimmer, gebürtiger Frankfurter mit Wohnsitz und Karriere in Hollywood, sollte via Videobotschaften Geschichten zu seinen Kompositionen erzählen, war in Hamburg aber oft nicht klar zu hören.

Schade, denn bis auf den Leinwand-Hans werden die Zuschauer auf der Tour nicht viel von Zimmer zu sehen bekommen. Er dirigiert nicht selbst, schickt nur seine besten Leute vor, die seine Stücke aufführen, teilweise neu interpretieren. In Berlin – und das wussten vorher die wenigsten im Saal – war der Oscarsieger (für „König der Löwen“) allerdings doch anwesend, sah sich die Show hinter der Bühne an und durfte zufrieden feststellen, dass seine Videoeinspieler diesmal auch funktionierten. So wie fast alles bei dieser Show, die der mit einer hinreißenden Selbstverliebtheit ausgestattete „Rockstar unter den Filmkomponisten“ schließlich auch noch stehlen sollte.

Zimmers bester Mann: Hans Zimmer

Auftakt mit „The Dark Knight“. Das Orchester spielt die Stücke aus dem Film in einer neuen Variante, geduldiger und nicht auf einen epischen Moment hinauslaufend. Im Hintergrund laufen dankenswerterweise keine Ausschnitte (die langweiligste Art, Filmmusik für Konzerte zu bebildern), sondern Visuals, die sich nach dem Klang richten. Gottgleich blickt plötzlich Zimmer via Video in den Saal: „Guten Abend, wir spielen heute ein paar andere Sachen. Auch was Romantisches.“ Zimmer ließ sich in Haus und Studio filmen, Räumt ab, ohne aus dem Bürostuhl aufzustehen. Teufelskerl!

10 Songs von Hans Zimmer, die man unbedingt gehört haben sollte
Die praktische Arbeit erledigen bei „The World of Hans Zimmer“ Leute wie Gavin Greenaway, der für Zimmer unter anderem „Gladiator“ und „Inception“ dirigiert hat. Oder Pedro Eustache, ein Flötenboss, der unter anderem die Melodie für „Fluch der Karibik“ rausgepustet hat. Zimmer schickt langjährige Vertraute auf Tour durch den deutschsprachigen Raum, lässt sie aber zum Glück nicht die erwarteten Greatest Hits, sondern auch Stücke aus „Kung Fu Panda“ (Flötenboss!) und „Mission Impossible II“ spielen. Nur seinen besten Mann enthält Zimmer den Leuten vor. Sich selbst.

„Ach Ron, hör doch auf!“

Ein Orchester spielt sich durch die Karriere des Komponisten.

Das Stück „Nyah“ aus „Mission Impossible II“ sei Hans Zimmer übrigens früh um sechs Uhr eingefallen erzählt er in einer weiteren Videobotschaft. Und ob man es glaubt oder nicht: er war zu diesem Zeitpunkt in Australien – was für ein Weltenbummler. Zimmers Eigenschaft, sich beiläufig für sein Leben zu loben, hat längst Kultstatus. Aber er holt sich auch Leute dazu, die ihm dabei helfen. Bevor das Orchester mit Songs aus „The Da Vinci Code – Sakrileg“ das erste Mal die gesamte Mercedes-Benz-Arena mit Perfektion zum Schwelgen bringt, darf Ron Howard Hans im wahnsinnig gezwungenen, ungezwungen Gespräch sagen, wie toll er ihn doch findet. „Ach Ron, hör doch auf!“

Das gleiche Schema gibt es später noch einmal mit Regisseurin Nancy Meyers, die Hans im Video vor der Neuninszenierung des „Liebe braucht keine Ferien“-Scores noch einmal versichert, dass ihr Film ohne ihn bestimmt nicht so gut geworden wäre. „Ach Nancy, hör doch auf!“

Die Show nimmt das Wort „Celebration“ wirklich sehr ernst, die Songs untermauern den Ansatz zu Großteilen aber glücklicherweise. „König der Löwen“, „Da Vinci Code“ und „Fluch der Karibik“ werden fantastisch umgesetzt, nur „King Arthur“ und den wie Jamba-Klingelton nervenden Abstecher zu „Madagaskar“ braucht in der Arena niemand. Zum größten Coup der Tour zählt, dass Lisa Gerrard engagiert werden konnte. Gerrard sang 2000 „Now We Are Free“ für „Gladiator“ und bringt jetzt fast zwei Jahrzehnte später den Saal mit dem Stück zum Schweigen. Gerrards Auftritt wäre der Moment für Standing Ovations gewesen, der passende Rausschmeißer aus der „World of Hans Zimmer“. Aber das wollte der Starkomponist zumindest an diesem Abend nicht zulassen.

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Die Bühne wird kurz vor dem Ende der Show dunkel. Auf der Leinwand sitzt Hans Zimmer am Piano, spielt tief bewegt „Time“ aus „Inception“, das Stück, dessen Qualität er nie wieder erreichen wird und muss. Das Orchester greift zurückhaltend unter die Arme, der Ton schwillt an.

Und plötzlich steht Zimmer selbst auf der Bühne, räumt als Überraschungsgast rasenden Applaus ab. Er spielt vielleicht eine Minute, begleitet sein Video-Ich mit der E-Gitarre. Hans Zimmer featuring Hans Zimmer, die Arena johlt. Er lobt das Orchester, die Zugabe müssen sie wieder allein spielen. So arbeitet wohl ein Komponist, der 2017 sogar beim Coachella auftreten durfte. Er wird nicht bei jedem Termin der Tour auf der Bühne stehen, so wie schon in Hamburg nicht. In Berlin durften die Leute ihn noch einmal fleißig beklatschen, lieb von ihm.

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„The World of Hans Zimmer“-Tourdaten

  • 30.04.2018 20:00 Uhr Hannover TUI Arena
  • 03.05.2018 20:00 Uhr Leipzig Arena – Leipzig
  • 04.05.2018 20:00 Uhr Nürnberg ARENA NÜRNBERGER Versicherung
  • 05.05.2018 20:00 Uhr Köln LANXESS arena
  • 06.05.2018 19:00 Uhr Stuttgart Hanns-Martin-Schleyer-Halle
  • 07.05.2018 20:00 Uhr Zürich Hallenstadion Zürich
  • 07.11.2018, Basel – CH / St. Jakobshalle
  • 08.11.2018, Genf – CH / Geneva ARENA
  • 10.11.2018, Oberhausen / König-Pilsener-Arena
  • 11.11.2018, München / Olympiahalle
  • 12.11.2018, Mannheim / SAP Arena
  • 13.11.2018, NL-BA Rotterdam / Ahoy Rotterdam
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