Review

„Venom“-Kritik: So zeitgemäß wie ein neues Album von Eminem


Während Disney und Marvel mit den „Avengers“ die ganze Welt erobert haben, fängt die Konkurrenz noch einmal ganz von vorn an.

Regisseur Ruben Fleischer („Zombieland“) wurde ein entlarvender Soundtrack zu seiner Superschurken-Verfilmung „Venom“ aufgezwungen. Im Abspann des Films läuft nämlich ein Song von Eminem, er heißt genauso wie der Film. Der Song passt hervorragend, denn „Venom“ scheint genauso aus der Zeit gefallen zu sein wie der Flow des Rappers.

Tom Hardy hält den Film halbwegs zusammen

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Etwa Anfang der 2000er, als Eminem noch der Rapgod war, hätte „Venom“ als guter Film durchgehen können. Doch im Jahr 2018, nachdem Marvel das Genre revolutioniert hat, wirkt Ruben Fleischers Origin-Story geradezu ignorant.

Venom kämpft unter der Flagge von Sony Pictures – dem Studio, das Peter Parkers Spider-Man gegen die Wand gefahren hat und lieber der Konkurrenz von Disney die kreativen Entscheidungen über die Figur überlässt – um sein eigenes Franchise. Mit Fleischer wurde ein ambitionierter Regisseur gefunden, mit Tom Hardy zumindest ein passender Star für die Hauptrolle.

So ist es auch Hardy, der „Venom“ halbwegs zusammenhält. Er spielt Eddie Brock, einen Reporter, der zwar zu Beginn des Films einen intakten moralischen Kompass hat, allerdings zu schmutzigen Mitteln greift, um böse Machenschaften aufzudecken. Seiner Freundin Anne (völlig ungenutzt: Michelle Williams) klaut er Daten und legt sich dann mit ihrem Geschäftspartner Carlton Drake an. Riz Ahmed spielt den sinistren Unternehmer, der mit Parasiten aus dem Weltall eine neue Evolutionsstufe erreichen möchte – sein Unternehmen in San Francisco konnte Drake allerdings nur aufbauen, weil er miese Experimente in der Pharma-Branche macht.

Anderthalb Jahrzehnte zu spät

Fast wäre Drake ein guter Bösewicht geworden, allerdings sind seine vermeintlich visionären Ansprachen an seine Wissenschaftler und Testobjekte genauso abgedroschen wie die Tatsache, dass er im Finale des Films auch eine Art Venom wird, also nur ein Spiegel des Helden mit den exakt gleichen Fähigkeiten. Diesen Trend haben Superheldenfilme eigentlich schon vor einigen Jahren abgeschafft. Aber wie gesagt: „Venom“ hinkt narrativ anderthalb Jahrzehnte hinterher, in seltenen Momenten auch bei den Effekten. Im Endkampf blickt man schlichtweg nicht mehr durch vor lauter Computerzeugs.

Der finale Kampf im Film wird zum Wimmelbild.

Venom ist seiner Comic-Herkunft nach der härteste Widersacher von Spider-Man, sieht dem Helden sogar ein wenig ähnlich. Ein Alien-Parasit befällt seine Opfer, redet dann in der „Wir“-Form und entfaltet eine ungeheuerliche Zerstörungskraft. In Sam Raimis 2007er „Spider-Man 3“ waren Tobey Maguire und Topher Grace die Opfer des Parasiten. Nun ist es eben Tom Hardy, der mit Venom fertigwerden muss. Zumindest das klappt ganz gut: Nicht nur Handlanger des Schurken werden von Wirt und Parasit getötet, auch eine Polizeieinheit und diverse Zivilisten bei einer Verfolgungsjagd. Das alles ist zwar spektakulär und ohne Rücksicht auf Verluste inszeniert, wirft aber einige Probleme auf, die Ruben Fleischer in seinem Film nicht sinnvoll angeht.

Spotify Placeholder
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Spotify
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Denn Venom ist von Natur aus ein Schurke, der Zuschauer soll ihn aber nicht gänzlich als solchen wahrnehmen. Eine schwierige Aufgabe, die der Film auf zwei Arten zu Lösen versucht: Zum einen ist Drake mitsamt seinem Parasiten Riot eben noch schlimmer als Venom, weil er gleich den ganzen Planeten zur Sau machen möchte. Zum anderen ist das Drehbuch gespickt mit furchtbar deplatziertem Humor, der die Verbrechen der Protagonisten herunterspielen soll. Wenn Venom einem Handlanger das Gesicht abbeißt, dann wird dies mit einem saloppen inneren Dialog abgetan. Auch die Tatsache, dass Venom samt Wirt nicht etwa vor bereits erwähnter Polizeieinheit flieht, sondern deren Mitglieder regelrecht verkrüppelt, bleibt ohne Konsequenzen – auch moralische.

Aber an Moral ist hier niemand interessiert, an gut ausgeleuchteten Figuren und einem spannenden Finale auch nicht. Mit etwas Glück kann Sony aus dieser unoriginellen Mischung aus Comedy und Gewalt eine Fortsetzung herausquetschen, auf einer anderen Vision basiert „Venom“ leider nicht. Traurig, wie einfach das durch die schablonenhafte Story und Inszenierung zu erkennen ist.

„Venom“ startet am 3. Oktober in den deutschen Kinos. 

Sony Pictures