WhoMadeWho im Interview zu DREAMS: „Für uns als Musiker gehören Träume einfach zur alltäglichen Arbeit“


Am 28. Februar 2014 veröffentlichten WhoMadeWho ihr fünftes Studioalbum DREAMS. Daniel Voigt sprach mit Tomas Barfod und Jeppe Kjellberg über das neue Werk, Träume, Apps und Selfie-Fotos, der Bedeutung sich weiterzuentwickeln und über die Atmosphäre im Berghain.

„Sophisticated Pop, der die Präfixe Elektro- und Indie nicht braucht“ – so beschrieben wir in unserer Rezension DREAMS von WhoMadeWho. Die Dänen sind zurück mit ihrem fünften Album und wie ihre Musik oft klingt – träumerisch und schwelgerisch – so sehen sie Träume auch im Leben als etwas Essentielles, wie uns Tomas Barfod und Jeppe Kjellberg in einem Interview mit ihnen kurz vor der Veröffentlichung von DREAMS berichteten.

„In der Tat träumen wir alle sehr viel und haben ein gutes Gespür für Vorstellungskraft hinsichtlich der Musik“, so Jeppe. „Illusionen geben den Leuten Kräfte zurück, die ihnen die Chance geben, sich an wichtige Momente in ihrem Leben zu erinnern. Und unsere Musik ermöglicht ihnen das“. Tomas sieht darin sogar einen essentiellen Teil der Arbeit eines Musikers: „Für uns als Musiker gehören Träume einfach zur alltäglichen Arbeit. Doch man muss mit seinen Träumen hartnäckig bleiben, sonst arbeitet man vielleicht bald nicht mehr im Musikbusiness, sondern in der Werbung oder anderswo. Ich habe keine Erwartungen an das, was in der Zukunft passiert, denn das weiß man sowieso nie vorher. Vielleicht wird man ein großer Star, vielleicht löst sich die Band irgendwann auf“, sagt er.

Dass sich WhoMadeWho mit dem Thema „Träumen“ auf dem neuen Album intensiv auseinandersetzen, zeigte die Band vor kurzem auch bei einer Musikvideo-Aktion zum Song „The Morning“. Damals hatte die Band unter ihren Fans einen Aufruf gestartet, bei der die Teilnehmer ihnen per eigens entwickelter App, die auch eine Weckerfunktion besaß, ein Selfie-Foto oder -Video schicken sollten, die sie kurz nach dem Aufstehen zeigen. Die Fotos, die auch über Instagram mit dem Hashtag #wmwthemorning hochgeladen werden konnten, wurden zu einer Foto-Diashow zusammengefügt, die wiederum das Musikvideo bildeten.

Für die Band bot sich die Chance dort heraus nicht nur engeren, sondern auch direkteren Kontakt mit ihren Followern aufzubauen. „Es war lustig zu sehen, wie unsere Fans kurz nach dem Aufstehen aussahen und ich glaube unsere Fans hatten auch mächtig Spaß mal in einem Musikvideo von uns mitwirken zu können. Um ehrlich zu sein, sieht keiner am Morgen nach dem Aufstehen gut aus. Doch die Aktion bot uns die Gelegenheit etwas gemeinsam mit unseren Fans zu erleben und die eigenen Erfahrungen mit ihnen zu teilen. Das war für eine neue schöne Erfahrung anstatt immer nur den normalen Promoaktivitäten nachzugehen“, so Jeppe. Seht das Musikvideo hier:

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Als App-Nerd möchte sich Tomas deshalb aber noch lange nicht sehen. „Ich mag Apps, die gut funktionieren und sinnvoll mein Leben gestalten. Wie Apps, mit denen man Flugzeiten recherchiert oder Bahntickets kauft“, sagt er. Doch was sagen WhoMadeWho über manche Kritiker, die Apps vornehmlich als Datendiebstahl sehen und diese Bedenken seit den Enthüllungen von Edward Snowden über die NSA-Abhörmethoden weiter gestiegen sind? Für Jeppe und Tomas gibt es in dem Fall eine klare Meinung – die Leute sind selbst schuld, wenn sie ihre ganzen Lebensereignisse bei Social-Media-Plattformen wie Facebook teilen.

„Ich kann diesen Ärger nicht ganz nachfühlen, weil die ganzen Leute freiwillig und eigeninitiativ so viel Privates über sich selbst auf Facebook & Co. posten, dass sie sich dann eigentlich nicht beschweren dürfen, wenn andere jetzt oder später an diese Daten gelangen“, so Tomas im Interview. Und Jeppe fügt hinzu: „Wir befinden uns am Übergang zu einer digitalisierten Gesellschaft, in der es wie in jeder Gesellschaft positive wie negative Auswüchse gibt. Wir machen kleine Schritte, in der wir uns auch über veränderte Kommunikationswege Fragen stellen müssen. Doch grundsätzlich sehe ich diese Entwicklung positiv.“

Weiterentwicklung – das war und ist auch stets der Antrieb von WhoMadeWho, um neue Studioalben aufzunehmen. Damit verbunden ist die Selbstreflexion auf das Schaffen der vergangenen Jahre – auch wenn es Tomas nicht immer leicht fällt die eigene Musik zu werten, wie er uns sagt: „Du steckst so tief drinnen in der Arbeit an den Songs, dass dir offensichtliche Probleme erst mit einem gewissen zeitlichen Abstand auffallen. Manchmal hört man sich die Stücke an und denkt, dass es sich besser anhört, als man je gedacht hätte und bei anderen Liedern ist man nicht mehr so stark von der Qualität überzeugt, wie man es vielleicht vor ein paar Wochen, Monaten oder Jahren noch war.“

Die neue Platte DREAMS ist dabei auch von Orten inspiriert, die sie in Deutschland entdeckten. So beschäftigt sich das Stück „ Hiding In The Darkness“ mit einem der berühmtesten Clubs der Welt, dem Berliner Technoschuppen Berghain. Eine Location, die sowohl bei Jeppe wie auch Tomas einen starken Eindruck hinterließ. Tomas, der im Berghain selbst schon ein paar Mal spielte, erklärt dazu: „Mir gefällt vor allem das Konzept des Clubs. Einen Ort für Leute zu schaffen, die sich ganz frei fühlen und für eine Nacht oder Wochenende von allen sozialen wie gesellschaftlichen Normen und Regeln Abstand nehmen wollen. Ein Ort, in der Musik fast schon als religiöse Predigt angesehen wird und an dem eine klare Vorstellung davon herrscht, wer in den Club reingehört und wer besser draußen bleibt. Die Atmosphäre empfinde ich dort immer als sehr angenehm, auch wenn es einem Angst einflößen kann, wenn man am Nachmittag aus dem Sonnenlicht heraus in diese dunklen Hallen des Berghains tritt und sich plötzlich in einer Parallelwelt wiederfindet, in der andere Regeln herrschen als draußen. Aber wenn ich dann eine Stunde getanzt habe und vielleicht auch etwas getrunken habe, schwappt diese Angst ziemlich schnell wieder in völlige Freude um.“

Jeppe ist im Berghain vor allem von den Menschen und ihrer durchdringenden Liebe zur Musik begeistert: „Als ich im Berghain war, hatte ich nicht das Gefühl, dass die Leute nur kamen, um Drogen zu konsumieren. Bei den meisten der Leute hatte ich eher den Eindruck, dass sie vor allem wegen ihrer Liebe zur elektronischen Musik und ihrer Lust zum Tanzen gekommen waren. Es herrscht dort eine extrem-intensive Atmosphäre von Freiheit, fernab aller gesellschaftlichen Regeln und Zwänge.“

DREAMS, das neue Album von WhoMadeWho, ist am 28. Februar 2014 erschienen. Im April 2014 kommt die Band auch auf Tour, die Termine findet Ihr hier: