Woodentops – Rolos Rasselbande


Auch wenn sich auf ihrem zweiten Album prominente Studiomusiker ein Stelldichein geben: Die Londoner Gruppe um Rolo McGinty hat sich ihren naiven Charme bewahrt. ME/Sounds-Mitarbeiterin Sandra Maischberger traf die großen Kinder.

Eigentlich sind wir gar nicht die Band. Ich sehe nur zufällig so aus wie der Sänger der Woodentops, und er hat nur Ähnlichkeit mit dem Schlagzeuger. In Wirklichkeit sind wir die Roadies. “ Der Erfolg der Woodentops hat Rolo Mc Ginty zwar nicht genug Geld beschert, sich ein neues Auto zu kaufen (sein Triumph gab vor ein paar Wochen endgültig den Geist auf), dafür hat er gelernt, mit der Presse umzugehen.

Sein Lieblingsspiel heißt „das-mach-ich-und-was-machst-Du?“: „Gestern hatten wir ein Interview mit einer italienischen Journalistin. Wir haben sie dazu gebracht, uns alles über ihren Urlaub in Hawaii zu erzählen, bis die Cassette voll und die Zeit um war. Was haben wir gelacht!“

Seit ihrer ersten Single 1984 sind die Woodentops die Lieblinge der Musikpresse geworden. Ihr Debüt-Album“ GIANTS 1986 war in Deutschland sogar für den SPIEGEL Anlaß, über die „kleinen Riesen“ zu berichten. Die große Käufermasse ließ sich hier, anders als in England, allerdings nicht überzeugen. Wird sich das mit der neuen LP WOODEN FOOT COPS ON THE HIGHWAY ändern?

„Wir wissen es nicht“, gesteht Rolo. für eine Minute ernst geworden. “ Wir sind im letzten Jahr gerade durch unsere Japan-Tournee zwar intelligenter geworden, auch musikalisch, aber wir singen immer noch von alltäglichen Dingen: vom Käsebrotessen, vom Autofahren, vom Verliebtsein und über unsere Träume. Es hat sich nichts geändert.“

Bis auf die Besetzung auf der neuen Platte. Außer einer neuen Keyboarderin (Anne Stephenson) haben sich die fünf Londoner ein paar bekannte Namen als Gastmusiker gesichert: Gary Lucas (früher Gitarrist bei Captain Beefheart), Fred Mäher (Mitstreiter von Fred Frith und Bill Laswell) und Bernie Worrel (Parliament, Nona Hendryx. Talking Heads).

„Alles Zufall“, wiegelt Rolo ab. „Ich mag eigentlich keine Supermusiker in der Band haben. Ich spiele lieber mit Leuten, die immer noch dazulernen, denen es deshalb auch nicht langweilig wird. Jeder versucht, besser zu werden und diese Herausforderung finde ich sehr wichtig. Lucas Gary – das ist halt unser bester Freund in New York, wo wir die Platte abgemischt haben.

Fred kam irgendwie dazu und Bernie… Bernie ist einer der besten Studio-Musiker der Well, er hat so viele tolle Sachen gemacht, aber er ist so oft um die Kohle beschissen worden, naja. in New York haben uns auf einem Stück noch die Keyboards gefehlt, und da haben wir ihn halt gefragt. Diese Idee hat ihm sofort gefallen.“

Während Rolo redet, hat Benny, der Schlagzeuger, die Videokamera ausgepackt: „Ich filme das, was ich unterwegs sehe. Vielleicht können wir von dem Material später mal was für unsere Videos verwenden …“

Rolo unterbricht: „Am liebsten würden wir auch alle unsere Konzerte filmen, aber dazu reicht unser Etat noch nicht.“

Ihre – fast überall ausverkauften – Konzerte sind nicht nur das Aushängeschild der Woodentops, sondern auch Rolos Lieblingsthema: „Unser Publikum wird immer größer. Das ist wirklich erschreckend, weil wir unsere neuen Songs jetzi immer vor 2000 Leuten ausprobieren müssen. Inzwischen sind wir so bekannt, daß wir nicht einmal in ein kleines Nest irgendwo in Belgien gehen können, um das neue Material vor zehn Leuten einzuspielen.

Im letzten Jahr war die Nachfrage so groß, daß wir wegen der vielen Konzerte kaum zum Üben gekommen sind. Und vor 2000 Leuten blamiert man sich immer, wenn man ganz neue Songs spielt. Aber es war schon okav, manchmal brauche ich diesen Druck und außerdem hab‘ ich schon schlimmere Konzerte erlebt.“

Welche zum Beispiel 9 „Die drei Sekunden, als mein Vater vor vier Jahren in unserem Übungsraum plötzlich aufgetaucht ist.“