Hurricane 2014, der Samstag: Schwefelgeruch, Fußballfieber und Zucker-Pop


Seht hier unsere Bilder vom Samstag und lest, was die Highlights des zweiten Tages waren.

Als die Pixies auf der Blue Stage spielen, zieht ein unangenehm-ätzender Geruch den Festivalbesuchern entgegen. „Brennt es auf dem Gelände?“, ist der erste Gedanke, den die nach der Ursache suchenden Securitys haben, bevor sie die rosa-gefärbe Wolke sehen, die über die Baumwipfel zieht. Unbeirrt performen die einflussreichen Alternative-Veteranen weiter und spielen ihr Programm ohne Ansagen professionell herunter. 90er-Indie-Herzen schlagen höher, als Black Francis „Where Is My Mind?“ anstimmt, während Gitarrist Joel Santiago beim Versuch, auch mal mit einer Bierflasche Gitarre zu spielen, seinem Instrument quietschende Feedbackgeräusche entlockt.

Schnell wird klar, dass die besagte rosa Färbung am Himmel von mehreren Schwefelbomben stammt, die die Chemnitzer von Kraftklub zu Beginn ihres Sets auf der Green Stage nebenan zündeten. Ein bisschen Krawall und Randale – Kraftklub geben sich gerne als vorpreschende Rebellen. Das Publikum ist happy und feiert sie allemal, totaler Abriss! Nebenbei gibt der Sänger den Deutschland-Spielstand der Fußball-WM 2014 durch, was vor allem jene freut, die gerne gegen die Entscheidung der Festival-Organisatoren, dieses Jahr kein Public-Viewing anzubieten, rebelliert hätten. Doch mit Kraftklub gibt es genug Ablenkung, entledigt sich der Sänger immerhin seines Hemdes und gibt sich mit einem bengalischen Feuer in der Hand als Anführer einer neuen, aufmüpfigen Jugend. Verabschiedet wird man mit der beinahe-romantischen Ansage, dass „… wenn du mich küsst, dann ist die Welt ein bisschen weniger scheiße“  ist – eine klare Ansage, die alle staub- und dreckverschmierten Pärchen umgehend zum ungehemmten Austausch diverser Körperflüssigkeiten animiert. Spread the Love!

Weniger rebellisch positioniert sich hingegen Lykke Li, die im Gegensatz zu den vor Optimismus und Energie strotzenden Kraftklub eher der Schönheit der Melancholie ergeben zu sein scheint. In einem Glitzerkleid fragt sie nach „heart-broken“ Zuschauern, singt von den Vorzügen des Traurigseins und bewegt sich grazil über die im Halbdunkel dämmrig-beleuchtete Bühne. Spätestens aber als die schöne Schwedin ihren größten Hit „I Follow Rivers“ anstimmt und das Publikum mit voller Inbrunst mitsingt, erscheinen die melancholischen Stücke gar nicht mehr so traurig, sondern eher wie elegische Tanzperlen. Nebenbei gewinnt sie das Konkurrenzduell mit den zeitgleich auf der Blue Stage performenden Interpol, die trotz neuer Songs eine eher langweilige und uninspirierte Performances abliefern.

Unter Jubel und Feuerwerk wurden schließlich auch Volbeat von aufgeheizten Fans begrüßt – wurden doch immerhin die letzten Takte des 2:2-WM-Spiels Deutschland gegen Ghana nur Minuten zuvor noch übertragen. Überall erhobene Hände und verschwitze Gesichter mit Deutschland-Flagge auf den Wangen, da legten die Dänen auch schon los: „Elvis-Metal“ vom Feinsten, Sänger Michael Schøn Poulsen motivierte zwischen Feuerfontänen die jubelnde Menge, coverte Johnny Cash’s „Ring Of Fire“ und genoß die Textsicherheit des Publikums während ihres Hits „Maybelline i Hofteholder“.

Im klaren Kontrast dazu stand Pop-Sternchen Lily Allen, die mit püppchenhaft-quiekender Stimme einen der bislang spassbetontesten Auftritte des diesjährigen Hurricane Festivals 2014 abliefert. Mit einem Drink in der Hand kichert sich die ins Latexkleid gepresste Musikerin durch ihren Auftritt, tanzte zwischen überdimensionalen, leuchtenden Milchflaschen und sorgte sich bei gefühlten 10°C Grad ganz Mutti, wie sie jetzt ja ist, um einige der teils leicht bekleideten Fans in der ersten Reihe.  „Fuck the politicians. Let’s get drunk! Let’s get high. Let’s have fun!“, zwitschert Frau Allen ein positiv-fröhliches Lebensmotto, das gut ankommt bei den vielen teils recht angeschwipsten Festivalbesuchern. Später wurde dann noch auf Aufruf der Musikerin hin mit den Lichtern der leuchtenden iPhone-Bildschirme umhergewedelt – ein bisschen Popkonzert-Klischee darf erlaubt sein.

Also nochmal zusammenfassend:

Wir haben ein Hurricane Festival ohne Public Viewing überlebt (juhuh!), ärgern uns über das kaum bis gar nicht vorhandene Mobilfunknetz, finden Kraftklub und die Pixies gut, haben ein bisschen mit Lykke Li geträumt und mit Lily Allen gelacht, kriegen Volbeat nicht mehr aus dem Ohr und freuen uns am heutigen dritten Tag auf Franz Ferdinand, The Black Keys, Seeed, Ed Sheeran, Fettes Brot, Tocotronic und James Blake.