Für Überlebenskünstler – Bericht von der Bread & Butter 2012


Getarnt, gestrickt, zurück geblickt. Auf der Bread & Butter in Berlin setzen fast alle Marken auf gepflegtes Understatement. Julia Christian ist vor Ort.

Fast scheint es, als wäre die Bread & Butter erwachsen geworden. Gesetzter und weniger donnernd. Authentischer. Sieht man mal davon ab, dass eine Messe natürlich a) nicht erwachsen werden kann, b) sie es als größte Streetwear-Messe der Welt sicher schon lange ist und man c) bei pompös gestalteten Messeständen auf einem alten Flughafengelände von über 75.000 Quadratmetern auch nur bedingt von Authentizität sprechen kann.

Es ist nur schwer zu sagen, in welchen Fällen Brands ihre Produktion tatsächlich umstellen oder auf Natürlichkeit für eine Saison setzen, doch der prägnanteste Trend für den kommenden Winter scheint tatsächlich „zurück zu Natur und Handwerk“ zu sein. Da wird auf Messeständen genäht oder Garne von Hand gefärbt, da werden die Mythen des angeblichen Firmengründers
in vorindustrielle Bilder mit Geschichtsbuchqualität verwandelt. Oder man rückt, wie bei Vans, die Marke näher an ihre Ursprünge und präsentiert vom Skateboard geschundene Sneaker, die passenden Suicidal Tendencies- und Circle Jerks-Platten und alte Anzeigen aus den Siebzigern, die der Subkultur-Heimeligkeit einen liebevollen Rahmen geben.

Statt Signalfarben wie bisher, sieht man bei fast allen Brands fast ausschließlich dezentes Aubergine, Petrol, Curry, Blau und das ganze aufgefächerte Farbspektrum um Braun und Beige. Leder, Wolle, indianische Navajo-Prints und nordische Strickmuster, die den naturverbundenen Aussteiger zweifelsfrei kennzeichnen, bleiben. Dazu gesellt sich allerdings ein Revival, mit dem man so schnell nicht gerechnet hätte: Camouflage. Selbst bei Outdoor-unverdächtigen Marken wie Adidas oder Carhartt sah man Tarn – mal im Original, mal nur abstrakt interpretiert. Und bequem wird es dazu: Selbst Cheap Monday – Skinny Jeans Dealer Nr. 1 – setzt auf Beinfreiheit im Ivy League-Style und Closed geht noch einen Schritt weiter und produziert selbiges in Samt.

Es scheint, als würde sich wieder mal beweisen, was in der Mode seit jeher gilt: Die wirtschaftliche Lage prägt das Design. Und je düsterer die Aussichten, desto wertkonservativer wird die Mode. Schlecht steht ihr das allerdings keineswegs.