Die Manic Street Preachers trotzen herben Rückschlägen


Zur Promotion ihrer vierten LP ‚Everything Must Go‘ gewähren die vormals nur allzu geschwätzigen Manie Street Preachers kaum Interviews. Auf dem Cover der ersten Single ‚A Design For Life‘ prangen keine schrillen Star-Konterfeis, die Sleeves sind gediegen schlicht gehalten. Keine neue Marktstrategie, sondern Zeichen von Feingefühl und Würde: es soll klargestellt werden, daß die ehedem so theatralisch auftretende Gruppe in keiner Weise Promo-Profit aus den Umständen ihrer Schrumpfung vom Quartett zum Trio schlagen will. Während der Aufnahmen zum neuen Werk mußten die drei verbleibenden Preachers – lames Dean Bradfield (voc, git), Nicky Wire (bass) und Sean Moore (drums) – über das mysteriöse Verschwinden ihres Gitarristen Richey Edwards hinwegkommen. Jetzt ist das Album fertiggestellt – und da gibt es Fans, die ihnen das übelnehmen: sie meinen, man schulde es dem im Umgang mit seinen Problemen (er ist manisch-depressiv, magersüchtig, Trinker und neigt zur Selbstverstümmelung) immer sehr exzessiv-extrovertierten Edwards, aufzuhören. Bradfield, Wire und Moore sehen das Weitermachen als einen notwendigen Schritt zur Selbstbehauptung: schließlich waren sie alle enge Freunde, lange, bevor sie Stars wurden, hatten sich im konservativen Südwales, wo sie aufwuchsen, gegenseitig in der Überzeugung bekräftigt, mit ihrem Leben etwas anfangen zu wollen. Dann, als die Band Ende der 80er Jahre mit ihren naiv-leidenschaftlichen Oden an den Idealismus vom zynischen Londoner Musikbusiness ausgelacht und vom restlichen Europa ignoriert wurden, da brauchten sie eine gehörige Portion Überzeugung, um weiterzumachen. Eine inzwischen angewachsene Fan-Gemeinde wußte solchen Glauben an die Sache sehr zu schätzen, Edwards wurde eine Bezugsperson für teenangst-gebeutelte Jugendliche. Bis heute weiß niemand, was aus ihm geworden ist, nachdem er am 1. Februar 1995 aus seinem Londoner Hotel verschwand und am 14. Februar sein Auto verlassen bei einer Autobahntankstelle gefunden wurde. „Er hinterließ nichts, woraus wir hätten Schlüsse ziehen können“, sagt Bradfield. „Wir dachten plötzlich: vielleicht hat er uns alle einfach nicht mehr ausstehen können.“ Nach einigen Monaten ging das verbliebene Trio wieder in Studio: „Es war einfacher auszuhalten, Musik zu machen, statt herumzuhocken und zu grübeln. Außerdem hatten schon immer wir die Musik geschrieben, und auch hie und da Texte.“ Traurige Ironie: die Manie Street Preachers segeln jetzt härter am Trend-Wind denn je: vom Britpop-Boom gepuscht, gilt ‚Design For Life‘ bereits jetzt als bishergrößter Manics-Hit.