Blumfeld


Jochen Distelmeyer aus Hamburg ist der neue Messias der deutschen Pop-Intelligenz. Dementsprechend ist die Halle voll von Querdenkern oder denen, die sich dafür halten. Vor zwei Jahren, als Distelmeyers Band Blumfeld mit dem Album ‚Ich-Maschine‘ zur Speerspitze des deutschen Untergrunds avancierte, spielte das Trio noch in winzigen Clubs. Inzwischen aber erlaubt es der Erfolg, auch größere Hallen zu buchen. Dennoch: Als Blumfeld die Bühne betreten, rührt sich keine Hand zum Begrüßungsapplaus. Statt dessen: andächtige Stille. Nun ja, heute abend soll ja auch Musik für den Kopf geboten werden. Allzu viel Körpereinsatz ist da natürlich fehl am Platze.

Auf Platte brilliert Distelmeyer als versponnener Popdichter. Seine Texte zählen mit zum Interessantesten (aber auch Anstrengendsten), was man sich im Bereich der Populär-Lyrik vorstellen kann. So sind Songs wie ‚Jet Set‘, ‚Eine eigene Geschichte‘ oder ‚Superstarfighter‘ ausgesprochen intelligente Zustandsbeschreibungen der deutschen Gegenwart. Nicht einfach, derlei Geschichten ein passendes musikalisches Outfit zu verpassen. Schon gar nicht, wenn es auch auf der Bühne tragfähig sein soll. Und genau das ist es an diesem Abend nicht. Oder zumindest nicht immer. Blumfelds musikalische Decke aus verschrobenem Wave-Gehämmere mit sentimentalen Momenten ist einfach zu dünn. Schlimmer noch: Die Texte gehen bisweilen unter. Da hilft es auch wenig, daß der Denker Distelmeyer locker über Sinn und Unsinn der Songs plaudert, daß er versucht, Erklärungshilfen zu geben. Viele Freunde des Blumfeld-Klangs sind am Ende der Veranstaltung trotzdem zufrieden. Sie feiern ihre Helden, wenn auch nicht gerade euphorisch. Einer ruft: „Das ist doch alles nur Musik“, was Distelmeyer durchaus zu gefallen scheint: „Genau. Cool.“