Del Amitri, London. Le Palais


ES GIBT BRITEN, DIE SCHWÖREN, ES GEBE kein besseres Schlafmittel als Del Amitri, außer vielleicht Hootie & The Blowfish. Andere erachten die Schottenrocker als eine Bastion soliden Songwritings in einer Zeit, in der solcherlei Neigungen von bösem Techno und federleichtem Britpop an die Wand gedrückt werden. Gleichwie – auch der eingefleischte Nicht-Fan müßte von der Del Amitri’schen Live-Atmosphäre beeindruckt sein. Schon die Venue-Auswahl ist sympathisch: Le Palais in Hammersmith faßt vielleicht 1.500 Zuschauer, wirkt aber dank einer schlauen Innenarchitektur wesentlich intimer. In einer sanften Parodie rockstar’scher Publikumsanbiederung hat Sänger/Bassist Justin Currie auf der Bühne ein wackliges Bücherregal errichtet, dem er hie und da eine Gabe fürs Publikum entnimmt. Vinyl von Perry Como etwa, oder eine Banane. Ansonsten gibt’s keine Dekoration, nur die bizarren fliegenden Gänse an der Wand, die zum Dekor der Halle gehören. Ähnlich schnörkellos, doch durchsetzt mit unaufdringlichen Subtil- und Virtuositäten präsentiert sich die Musik. Ergänzt durch einen zurückhaltenden Keyboarder, der für „Be My Downfall“ auch mal zum Akkordeon greift, schafft es die Band, rechtschaffene Solidität mit offensichtlicher Spielfreude zu kombinieren. Und daß praktisch jedes Lied nach würzigen drei Minuten schon wieder zu Ende ist, hebt sie besonders wohltuend von ähnlich gelagerter Konkurrenz ab. Das ändert sich auch mit den Songs vom neuen Album „Another Suckers Parade“ nicht – „Make It Always Too Late“ ist eine veritable Perle von wohlkontrollierter Melancholie. Weitere Highlights sind „Kiss This Thing Goodbye“, „Driving With Brakes On“,“Stone Cold Sober“und natürlich der große Fan-Hit „Move Away Jimmy Blue“, eine große Ballade, die das ganze Publikum in jeder Beziehung mitheult. Ein überzeugender Auftritt, dessen Charme schließlich selbst der als Anhänger der Schlafmittel-Theorie aufgefahrene Schreiber erliegt.