Fittes Fräulein


Holland bietet mehr als Tulpen, Gouda und Rudi Carrell. Mit Anouk sogar eine neue Rockhoffnung.

Anouk aus Den Haag ist ein ziemlicher Dickkopf- mit 15 schmeisst sie gegen den Willen ihrer Eltern die Schule um Sängerin zu werden. Die erste Zeit jobbt sie erst mal als Kellnerin, bis sie auf die Idee kommt, sich an der Musikhochschule in Rotterdam zu bewerben. Ohne Abitur eigentlich ausgeschlossen. Doch die zierliche Holländerin bleibt so lange stur, bis man sie vorsingen lässt und daraufhin doch aufnimmt. Zwei lahre hält sie durch, dann setzt man sie wieder vor die Tür: “ Ich hatte einfach keinen Bock, Theorie zu lernen. Ich wollte Rockmusik machen – wozu soll ich da Noten lesen?“ Diese Beharrlichkeit zieht sich wie ein roter Faden durch Anouks Leben. Barry Hay von Golden Earring, bei dem sie oft als Backgroundsängerin im Studio gearbeitet hat, ist so überzeugt von ihrem musikalischen Talent und ihrer markanten Stimme, dass er den Kontakt zu Plattenfirmen herstellt. Als Anouk den ersten Vertrag in der Tasche hat, besteht sie darauf, selbst zu entscheiden, mit wem sie ihre Songs schreibt. In Bart van Veen findet sie den geeigneten Partner. Gemeinsam mit ihm entsteht ihr erstes Album „Together Alone“, das ihr nicht nur Platin in Holland beschert, sondern auch große Erfolge in Skandinavien und Italien. „Dabei ist es gar nicht so einfach, im eigenen Land Erfolg mit englischsprachiger Rockmusik zu haben – Aas aus dem Ausland haben da grundsätzlich bessere Chancen.“

Anouk ist klein und zierlich, aber trotzdem verdammt selbstbewusst. Ein Management zum Beispiel lehnt sie ab: „Das kann ich auch allein. Ich weiß am besten, was ich will und wie ich bin.“ Sie hasst es, wenn man ihr Vorschriften machen will: „Es ist so ermüdend, wenn man ständig um alles kämpfen muss. Es gibt immer Leute, die es angeblich besser wissen, und die wollen, dass du etwas anders machst. Aber ich lasse mich nicht in eine Form pressen. Ich will die Klamotten anziehen, auf die ich an diesem Tag gerade Lust habe!“ Auch Pressefotos werden nicht ohne ihr Einverständnis freigegeben. Das neue Album, „LIrban Solitude“, hat die 23-jährige Powerfrau sogar selbst produziert: „Ich hatte schon ein paar Demos gemacht, und dann lief es so gut, dass ich die Produktion nicht mehr aus der Hand geben wollte. Das kann man nicht lernen, das muss man einfach im Gefühl haben!“ Abgemischt wurde das Werk übrigens in Los Angeles. „In Holland gibt es eine Vorschrift für Studios, die Lautstärke zu limitieren. In Amerika konnte ich so weit aufdrehen wie ich wollte“, lacht Anouk. Mit „LIrban Solitude“ hofft sie jetzt, auch den Rest Europas überzeugen zu können – nachdem sie im vergangenen Sommer auf einigen großen Festivals schon kräftig abgeräumt hat. Beinahe hätte Anouk sogar im Vorprogramm von Aerosmith gespielt. Doch die sagten leider ihre Holland-Konzerte ab.