Fyfe Dangerfield


Weg mit den Ecken, weg mit den Kanten: Solo schreibt Guillemots-Chef Fyfe Dangerfield aufs Wesentliche reduzierten Popsoul, mit dem er Nick Drake, Leonard Cohen und Jeff Lynne huldigt. Und, ja, Billy Joel.

Ein bisschen mehr, so sagt Fyfe Dangerfield, hätte in den vergangenen Jahren passieren können. Er wolle sich nicht beschweren, hätte sich und seinen Liedern aber öfter einen Löffel jener Zauberzutat gewünscht, die aus Popsongs Meisterwerke macht. Andererseits stehe das vielleicht im kürzlich angebrochenen vierten Lebensjahrzehnt an. Songwriting, das sei schließlich auch ein Handwerk, eine Sache, die man lernen müsse. Siehe Motown. Siehe Leiber/Stoller. „Es ist verblüffend, was alles passieren kann, wenn man sich an den Schreibtisch setzt und das, was man macht, wirklich als Arbeit begreift.“ Dangerfields Argumentation beißt sich selbst in den Schwanz, wenn er betont, die Songs seines Debüts seien vor zwei, drei Jahren einfach aus ihm herausgeflossen.

Vor allem aber stapelt er tief. Was er auf FLY YELLOW MOON macht, ist sowohl in Sachen Handwerk als auch in Sachen Soul ziemlich weit vorne. Woher kommt’s? Stimmt die von den englischen Kollegen kolportierte Geschichte, es handle sich um ein Konzeptalbum, in dem die Höhen und Tiefen einer Beziehung abgehandelt würden? Der Brite lacht. „Nein, nein. Die Songs entstanden zwar größtenteils während einer Zeit, in der ich verliebt war. Aber das prägte das Album nicht.“ Wichtiger sei gewesen, dass er sich austoben konnte. Oder musste. Wo die Guillemots ihre Lieder von links nach rechts und im Kreis herumspringen lassen, widmete sich Dangerfield plötzlich Songs im Sinne eines Nick Drake, eines Leonard Cohen, aber auch eines Jeff Lynne (Electric Light Orchestra).

„Ich liebe, was ich mit den Guillemots mache. Aber ich denke, dass man als Künstler keinen Exklusivvertrag mit seinen Bandkollegen abschließt. Es ist total wichtig, auch mal etwas anderes auszuprobieren.“

Das brachte Dangerfield übrigens seiner Stimme näher, die er früher nicht besonders schätzte: „Ich begriff mich nie als Sänger, sondern immer als Songwriter. Das hat sich geändert. Wenn ich die Songs von FLY YELLOW MOON jetzt live spiele, variiere ich. Ich traue mir mehr zu.“

Und dann ist da noch die Sache mit „She’s Always A Woman“. Ursprünglich war seine Billy-Joel-Coverversion nicht auf dem Album, sondern fand nur als Auftragsarbeit in einem Werbespot der Kaufhauskette „John Lewis“ Verwendung. Dass sie jetzt Dangerfield nach vorne schiebt – in England erreichte der Song Platz eins der Airplay-Charts – scheint ihn selbst zu irritieren. Dabei hat’s der Urheber abgesegnet: „Billy ist ein echt freundlicher Typ. Als ich ihn neulich kennenlernte, gestand er, meine Version lieber zu mögen als seine eigene.“ Natürlich widersprach Dangerfield, der Tiefstapler.

Albumkritik S. 108

www.fyfedangerfield.com

1999 Fyfe Dangerfield nimmt mit seiner ersten Band Senseless Prayer eine „Peel Session“ auf.

2004 Er gründet die Guillemots.

2006 Die Guillemots erhalten Anerkennung von höchster Stelle: Paul McCartney nimmt einen ihrer Songs in die Playlist einer von ihm zusammengestellten Radiosendung.