Harry Connick Junior


Jahrelang galt er nur als jugendliche Ausgabe von Frank Sinatra. Doch jetzt verführt der 27jährige Beau mit bemerkenswerter Vielseitigkeit

Warum bringt „She“ alle so gründlich durcheinander? Sogar Mitarbeiter der Plattenfirma reagierten erst mal ratlos: „Keine Ahnung, wer da singt.“ Große Verwirrung vor allem deshalb, weil „She“ so gar nicht an Frank Sinatra erinnert – wo man Harry Connick Jr. doch als swingenden Jung-Entertainer zu kennen glaubte, der mit unverschämt viel Ausstrahlung den Frankieboy von morgen mimt. Als einen, der vor Bigband-Background brilliert und dazu noch die Rolle des Pianisten übernimmt.

Sein neues Opus aber, eben „She“, ist ganz anders: New Orleans-Grooves pur. Von der sparsam mit Klavier und Conga untermalten Ballade über „Big Parade“ im Stil von Dr. John, von Honky Tonk und Pop über Rhythm & Blues bis hin zu einer kräftigen Dosis Bourbon Street-Funk. Das Ganze angereichert mit verschärften Bläsersätzen, Wah-Wah-Gitarre und rasanten Riffs auf dem Piano!? Für Harry himself, wie’s scheint, der natürlichste Sound der Welt: „Ich habe so was mein Leben lang gespielt. Funk zum Beispiel mit Delfeayo Marsalis, der später mein Debüt-Album produziert hat. Sein Vater Ellis hat mir Klavierunterricht gegeben – wie vorher der großartige James Booker. Bei mir dreht sich musikalisch alles um New Orleans. Einzigartig am Big Easy sind die engen Beziehungem zwischen all den Musikern. Auf „She“ haben lauter Lokalgrößen mitgespielt.“

Zur Mannschaft, die das Werk einspielte, zählten Musiker wie der legendäre Funk-Drummer Joseph „Zigaboo“ Modeliste (The Meters) oder auch Tony Hall, Bassist bei den Neville Brothers. Aufgenommen wurde „She“ in einem zum Studio umfunktionierten Warenhaus. Denn bei den Sessions sollte es vor allem locker und entspannt zugehen. „Meine natürliche Stimme nutzen“, nennt Harry den überraschenden Wechsel von der ambitionierten Sinatra-Tonlage hin zur total relaxten Art, in der er neuerdings Pop-Juwelen wie „Between Us“ singt. Wer will, kann hier ein wenig Steely Dan heraushören – so wie der Titelsong „She“ ein bißchen an Stevie Wonder erinnert und „That Party“ mehr als nur etwas an die Beatles gemahnt. Einen Vorwurf sollte man H.C.Jr. daraus nicht machen. Denn bei aller Liebe zum Klang der Sixties und Seventies besticht Connicks bunter Comic letztlich doch durch ein hohes Maß an Originalität. Ein Zug, der sich wie ein roter Faden durch das bisherige Werk des Amerikaners zieht. Ein Romantiker, der gestern mit großem Enthusiasmus Weihnachtslieder in ausgefallene Orchester-Arrangements packte oder sich ganz intim auf dem Klavier begleitete. Und der morgen – nach seinem Funky-Trip durch New Orleans – vielleicht schon wieder mit einer Big Band auftritt. Was nicht zu Unrecht zu dem Schluß verleitet, daß der vielseitig begabte Harry herzlich gern in verschiedene Rollen schlüpft. Das gilt auch für eine Karriere im Film. Diesbezüglich wiegelt Connick bescheiden ab: „Also, da mußte ich bisher nicht groß schauspielern. Jodie Foster zum Beispiel hat mich mal auf der Bühne gesehen und gedacht, ‚das ist genau der richtige Collegeboy für Little Man Tate‘. Trotzdem: Den Gandhi würde nicht eben geben – es sei denn, die Story würde sich diesmal in erster Linie um sein geheimes Sax-Leben als Jazz-Musiker drehen.“