Kiss: 11 Fakten über Kiss


1 Die erste Band, mit der der Grundschullehrer Gene Klein und der Taxifahrer Stanley Harvey Eisen eine Platte aufnehmen, heißt Wicked Lester. Sie steckt 1972 noch stiefeltief in der Psychedelia. Aber sie schockt nicht. Epic verzichtet auf die Veröffentlichung. Dann kommt der Glamrock um die Ecke, Gene und Stanley entdecken die New York Dolls. Sie schmeißen 1973 die Restband raus, rekrutieren zwei neue Mitglieder, malen sich Kabuki-Masken (japanisches Theater) auf die weiß grundierten Gesichter und werfen sich in Sci-Fi-Uniformen.

2 Plateauschuhe gibt es in Kulturen Asiens und Afrikas schon seit Jahrhunderten. In den 1970ern werden sie in der westlichen Welt ausnahmsweise von beiden Geschlechtern getragen. Spandex (Elastan) ist eine stark dehnbare Kunstfaser, die vor allem für Sportkleidung verwendet wird. Gene Simmons hat angeblich sein eigenes Rezept für Kunstblut – wichtige Zutaten: Erdbeerjoghurt, Eier, Hüttenkäse, Lebensmittelfarbe, Sirup.

3 Wer in solchem Aufzug rocken geht, muss sich nicht wundern, wenn er mit dem Bösen in Verbindung gebracht wird. So wird bei Protesten gegen die Band im Frühjahr 1976 in Harrisburg das Gerücht in Umlauf gebracht, der Name Kiss stehe für „Knights bzw. Kings In Satan’s Service“. Dabei geht die wahre, dröge Geschichte so: Peter Criss erzählt Paul Stanley von seiner früheren Band Lips, und der meint: „Hey, warum nennen wir uns nicht einfach ,Kiss‘!?“ Ace Frehley denkt sich noch zwei schicke Blitze fürs Bandlogo aus. Fertig. Stopp, nächstes Problem: In Deutschland steht das doppelte Sig-Runen-Zeichen für die Waffen-SS. Kiss müssen ihr Logo für Deutschland umgestalten: Aus den Blitzen werden zwei spiegelverkehrte „Z“.

4 Es gibt nur die einen, wahren Kiss! (… Not!) Simmons und Stanley sehen das nämlich schon Ende der 70er anders. Die geschäftsführenden Mitglieder an Bass und Rhythmusgitarre ersetzten die zu Trunk- und anderen Süchten neigenden Kollegen Peter Criss und Ace Frehley nicht nur durch andere Fabelwesen und nach der vorübergehenden Demaskierung ab 1983 durch gesichtslose Instrumentalisten. „Demon“ und „Star Child“ berauben – nach dem zwischenzeitlichen Comeback der Originalbesetzung 1996 – Criss und Frehley sogar ihrer Masken: Der aktuelle „Catman“ heißt Eric Singer, Tommy Thayer ist der neue „Spaceman“. Der hat sich diesen Job als ehemaliger Tributeband-Gitarrist, persönlicher Assistent von Simmons und zwischenzeitlicher Gitarrenlehrer von Frehley allerdings auch hart erarbeitet.

5 Anfang 1975 beginnen die Teenager Bill Starkey und Jay Evans-Field damit, den Radiosender WVTS ihrer Heimatstadt Terre Haute (Indiana) mit dem Wunsch zu bombardieren, Kiss zu spielen. Doch der Programmdirektor will von der „Tuntentruppe“ nichts hören. Bill, Jay und Freunde greifen zu radikaleren Mitteln, nennen sich „Kiss Army“ und bedrängen den Sender mit Drohschreiben und Fanaktionen. Als Kiss immer populärer werden, gibt WVTS klein bei. Und als die Band ein Konzert in Terre Haute ankündigt, tut man sich sogar zusammen, das Spektakel zu promoten. Die „Army“ schreibt weiter Fake-Briefe, die on air verlesen werden, auch ein „Überfall“ auf die Station wird inszeniert. Am Ende ist das Konzert ausverkauft, Kiss sagen persönlich danke – und die „Kiss Army“ wird schnell zu einem der größten Rockfanclubs der Welt, mit bis zu 100.000 Mitgliedern.

6 Als erste Band der Geschichte veröffentlichten alle (vier) Mitglieder 1978 gleichzeitig Soloalben – mit einheitlichem Kiss-Artwork und einem Marketingbudget von 2,5 Millionen Dollar. Simmons tobt sich u. a. mit Cher, Bob Seger, Donna Summer quer durch alle Stile aus, Peter Criss versucht es mit weißem R’n’B, Stanley und Frehley ducken sich lieber nahe weiter am mittelharten Rock. Allen gemeinsam bleibt: Obwohl das Label Casablanca fünf Millionen Stück in die Läden stellt, will die Alben kaum jemand kaufen. Sie werden nach kurzem Chartsfieber schnell ein Fall für die Plattengrabbelkiste. 7 In Sachen Merchandising nimmt das Unternehmen Kiss, in den 70ern schon für jeden Nebenverdienst zu haben, in den 90ern erst richtig Fahrt auf. Und es gibt bis heute immer mehr Futter vor allem für die inzwischen gut situierten, kaufkräftigen und sammelwütigen Fans von damals: Spielzeug, Comics, Schminksets, Flipperautomaten, Kreditkarten, Kondome, Särge, Feuerwehrhelme usw. usf. Das Magazin Brandweek schätzte im Februar 2006, dass Kiss ihren Namen bzw. Logo und Konterfeis inzwischen für mehr als 2000 Produktkategorien lizenziert haben „to become nearly a one-billion-dollar brand“.

8 Gene Simmons ultralange Zunge wurde, entgegen anderslautender Gerüchte, nicht chirurgisch manipuliert. Dafür ist die Hüfte des begnadeten Bühnentänzers Paul Stanley seit 2005 eine künstliche.

9 Kiss und künstlerischer Anspruch: gehen schlecht zusammen. Allerdings sind Stanley und Simmons auch gebrannte Kinder. Einmal, 1981, wollten sie ein ambitioniertes Konzeptalbum aufnehmen: MUSIC FROM „THE ELDER“. Mit Helden, Falsettgesang, Klassik und Musicalschmonz. Produziert von einem vollgekoksten Bob Ezrin (THE WALL). Die Platte wird ein Megaflop. Simmons: ,Jils Kiss-Platte kriegt sie eine Null von mir, als schlechte Genesis-Platte eine Zwei.“

10 Dämon in der Sextapefalle: Im Februar 2008 wird ein heimlich aufgenommenes Video ins Internet gestellt. Es zeigt Gene Simmons beim Sex mit einem österreichischen Model. Kein Ding: Nach eigener Angabe hat er mit mehr als 4600 Frauen geschlafen. Zu seinen Freundinnen und Affären gehören Cher, Liza Minelli, Diana Ross und Liv Ullmann. Seit 1983 ist er mit dem Ex-Playmate Shannon Tweed liiert (ihr Familienleben ist in der „Reality Show“ „Family Jewels“ zu sehen).

11 Wer auf der aktuellen Kiss-Tour exklusiven Zugang zu seinen Comic-Helden haben möchte, bucht das „Preshow Soundcheck & Meet And Greet Package“. Es beinhaltet: Prankenschütteln mit den Rockmonstern inkl. Erinnerungsfoto, Soundcheck-Check, Tourprogramm, T-Shirt, VIP-Pass und einen Gutschein für den Kiss-Online-Shop. Preis: 1050 Euro. Das Konzertticket kostet extra.

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