Meinung

Netflix: Das neue Bewertungssystem ist eine Beleidigung für Filme und Zuschauer


Auf Netflix werden Filme und Serien zukünftig mit Daumen bewertet. Der Zuschauer wird damit entmündigt, die Produkte werden auf eine Ebene mit YouTube-Videos gestellt.

Serien und Filme können beim Streaming-Anbieter Netflix seit jeher mit Sternchen bewertet werden. Das ist bei Filmen nicht unüblich, auch viele Kritiker arbeiten so. Doch Netflix möchte nun nicht mehr an diesem System festhalten und ersetzt die Sterne durch eine neue Art der Bewertung.

Künftig haben Kunden drei Möglichkeiten, um einen Film zu bewerten: Daumen hoch, Daumen runter. Oder eben überhaupt nicht bewerten, um neutral zu bleiben. Netflix kündigt die Maßnahme im hauseigenen Blog wie folgt an: „Netflix hatte schon fast seit Beginn des Dienstes Sterne-Bewertungen eingesetzt, doch nach über einem Jahr an umfangreichen Tests sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Sterne zwar dabei geholfen haben, bessere Vorschläge abzugeben, vielen unserer Mitglieder jedoch nicht klar war, was sie für einen Zweck erfüllten.

Der Zweck, also statt der offensichtlich angezeigten Durchschnittsbewertung, ist laut Netflix, dass der Dienst aufgrund der abgegebenen Sterne neue Filme und Serien empfiehlt. Dem Tonfall der Ankündigung kann man aber dazu entnehmen, dass Netflix seine Kunden für nicht besonders schlau hält, was sich in voller Härte im neuen Bewertungssystem zeigt.

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Die Bewertungsskala von einem bis zu fünf Sternen ist keine besonders komplizierte, dennoch scheint der Streaming-Dienst der Meinung zu sein, dass selbst diese zu kompliziert für den Kunden sei. Bei der Entscheidung zwischen einem oder zwei Sternen, zwischen vier oder fünf wägt man den Konsumenten wohl für geistig überfordert oder schlichtweg zu faul. Das Unternehmen traut den Nutzern offenbar nicht zu, die angebotenen Produkte differenziert zu bewerten. Oder streicht diese, von Filmfans lieb gewonnene Skala zugunsten eines neuen Algorithmus, der auf einer – zugegeben sehr kleinen – Ebene einer Entmündigung gleichkommt.

Francis Ford Coppola wird zu LeFloid

Neben dieser Entmündigung hat das neue System noch einen weiteren, sehr faden Beigeschmack. Etwas soeben Gesehenes mit einem schnöden Daumen hoch oder eben einem nach unten zeigenden Daumen zu bewerten, kennen die Nutzer primär von YouTube, wo dieses System schon seit Jahren etabliert ist. Zwar schlummern auf YouTube ebenfalls tolle Videos und aufwendige Produktionen. Allerdings im seltensten Fall Spielfilme und Serien, an deren hunderte Menschen jahrelang gearbeitet haben. Und ja: Mit diesem Gedanken im Hintergrund wird selbst eine Sterne-Bewertung keinem Film gerecht.

Nun wird bei „Der Pate“ und „House of Cards“ zukünftig also der gleiche Maßstab angesetzt wie bei „Würdest du auch dein erstes Mal versteigern?“ von YouTuber LeFloid. Netflix ist zwar aktuell der Platzhirsch in Sachen Film und Serien, Respekt für das Medium nimmt man dem US-Unternehmen nun aber nicht mehr ab. Und auch keinen für die Zuschauer.