Online-Zeit ist Geld


Schockierendes! Beleidigendes! Erhabenes! Kurioses! Unser Online-Experte Sonic Surfer durchforstet das Netz nach den besten Websites.

Marschieren die Teuros wie in diesen Monaten im Gleichschritt aus dem Portmonee, dann muss knallhart nachgerechnet werden. Kosten vs. Nutzen heißt die Devise, ganz egal worum es geht: Premiere oder Pinkelpausen, Bali oder Baggersee, Sushi oder Sauerkraut. In Zeiten wie diesen untersuchen wir erstmals misstrauisch die „Offline arbeiten“-Option unseres Mailprogramms, bevor wir in mühsamer Nachtarbeit monatliche Mittelwerte unserer Call-by-Call-Rechnungen mit Flatrates vergleichen. Trotz www.billiger-surfen.de: Zeit im Internet ist bares Geld, und deshalb werde ich in diesem Monat furchtlos den Datenmüll nach verborgenen Schätzen durchsuchen, die ihr Geld auch wert sind. Was Leonard Cohen auf „The Future“ über die USA sagt- „the cradle of the best and of the worst“ -, das gilt in gleichem Maße für das World Wide Web. So frustriert beispielsweise das meist leere Geschwätz zum Thema Kino, das inzwischen jedes zweite Online-Portal auf seine Startpage stellt. Dass es auch anders geht, beweist der famose Service von www. checkthegrid.com. Die Betreiber dieser amerikanischen Site verbringen jeden lieben langen Tag damit, bedeutende Filmkritiken zu aktuellen Blockbusterund Video-Veröffentlichungen auszuwerten, um schließlich den Werken ein übersichtliches Diagramm über ihre jeweiligen Beurteilungen an die Seite zu stellen. Warum also nicht mit einem Blick das Gros der US-Experten-Urteile checken, bevor man alle zwei Wochen acht Euro an der Kinokasse lasst?

Katastrophal ist die Lage derzeit bei der Musik im Datenformat: Finden Mp3-Files endlich den langen Weg auf die heimische Festplatte, sind sie oft nicht halb so wertvoll, aber mindestens so teuer wie ein kleines Steak. Da es ein Internet-tauglicher Computer heute jedem durchschnittlich begabten Menschen erlaubt, seine musikalischen Ergüsse ins Netz zu stellen, ist das www voll von unsäglichem und vor allem unselektiertem Audiofile-Schrott (die wenigen Ausnahmen im namenlosen Song-Sumpf auf Massenportalen wie www.mp3.com und www.onlinerock.com bestätigen die Regel). Doch nicht verzagen! Das Web birgt Juwelen, die auf weniger vernetzten Wegen nie das Licht der Welt erblickt hätten. Wer hat schon das Glück, per Zufall über www.audiogalaxy.com/bands/rhagoddess auf die sensationelle Underground-Rap-Heroin RHA Goddess aus Brooklyn zu stoßen? Unter obiger Adresse wartet jedenfalls das raue und beseelte „Can’t Touch This“ (nix MC Hammer!) auf den Download, das mit Sicherheit zum Brillantesten gehört, was die Ladies in den letzten Jahren znm Underground-HipHop beigetragen haben.

Und auch die vielleicht beste Gitarrenrock-Platte, die bis dato in Deutschland aufgenommen wurde, ist derzeit nur online erhältlich. Wer solides Musikerhandwerk schätzt, sollte www.tom-riepl.de einen Besuch abstatten. Der Mann gehört seit Jahrenzu den technisch „Unberührbaren“, besitzt seine eigene Ibanez-Signature-Gitarre und ist zudenj ein famoser Songschreiber. Auf dem per E-Mail bestellbaren Album „Hollymood“ zeigt der Steve-Morse-Experte und Finger-Akrobat, dass ihn von seinen Bekannten bei Steve Vais Label Favored Nations (siehe CD im ME 12/2001) lediglich der fehlende Plattenvertrag unterscheidet. Instrumentaler Gitarrenrock at its very best. Wer ein Faible für indianische Klänge hat und Robbie Robertsons „Music For The Native Americans“ bereits auswendig kennt, dem sei noch www.soundof america.com ans Herz gelegt. Alle raren Alben, die über dieses indianische E-Business vertrieben werden, wurden von amerikanischen Ureinwohnern eingespielt.