S T Y X


Die Styx-Musiker kommen aus Chicago. Und zwei hören tatsächlich auf den Namen Panozzo, der auf einen italienischen Stammbaum schließen läßt. Wem aber nun angesichts dieser Facts schon die Phantasie durchgeht, der sei gewarnt. Nicht hinter jedem Chicagoer Baum lauert ein AI Capone (wo auch immer der gewirkt haben mag) und auch wurde die Kriminalität nicht in der Millionenstadt am Michigansee erfunden. Und so ist das einzig Kriminelle an der Styx-Musik auch ihre unbeschreibliche Naivität. Tommy Shaw, der kleine, blonde, sanfte Sänger, der aus Alabama kam (..with thebanjo on hisknees…), beschreibt Styx’sche Vergangenheit – heimeliger: „Dennis deYoung hörte von seiner Garage aus die Brüder Chuck und John Panozzo in deren Garage jammen, man traf sich und beschloß fortan als Trio mit Baß, Schlagzeug und Akkordeon zusammen zu arbeiten. . .“ Die braven Jungs spielten zunächst für ihre intakten middle class-Famiiien. Die Kinder liebten die Eltern, die Eltern musikalischen Nachwuchs, alles war eitel Sonnenschein und die Früh-Styxe versuchten sich an Hochzeitsliedern oder was auch immer von ihnen gewünscht wurde. Tommy: „Schon damals kristallisierte sich ein Hauptanspruch der Styx’schen Musik heraus: zu unterhalten!“ Den biederen Familienmusikanten schloß sich dann die .Essenz eines Hippies‘ (Shaw), James Young, genannt J Y., an. Ein Hippie, der alle bislang über Hippies bestehende Klischees ins Wanken brachte. Nicht indische Religion, fernöstliche Mythologie brachte er in die Band ein, nein, harte Heavy-Metal-Tradition, den Rhythmus, die Power. Nun war Styx die Kombination von Ideen von rechts und links, wie Tommy sich ausdrückt. Und er kam, wie gesagt, aus Alabama als Schiedsrichter und brachte seinen Folkund Countrybackground mit, dem Styx heute die schönen, trivialen Akustik-Stückchen verdankt. 1975, mit CRYSTAL BALL, dem sechsten Gruppenalbum, startete man die erfolgreiche Zusammenarbeit: John Panozzo (Schlagzeug), sein Bruder Chuck (Bass), Dennis deYoung ‚ (Tasteninstrumente), J.Y. (Gitarre/Autohupe) und Tommy Shaw (Gitarren/Mandoline/ Autohupe). Selbstredend singen alle! Da halten wohl vor allem die Singles „Babe“ und besonders „Boat On The River“, Styx in der Publikumsgunst weit emporzuheben. Wer kennt sie nicht, die romantischen Songs mit dem leidenden, leicht melancholischen Gesang, den klaren Akustikgitarren, den gefühlvollen Synthesizern? ,,Babe“, mit der Herz/Schmerz-Schlagerthematik: „My heart is in your hands/I’ll be missing you. . . “ Und Dennis schmachtet dramatisch wie Sinatra on the Rock(s)… Und/oder ,Boat On The River‘. . . Der Griechische Wein des Rock’n’Roll. . . (Udo Jürgens möge mir verzeihen). Echte Schunkelromantik, Urlaubsstimmung. Costa Cordalis wäre mit der deutschen ,Boat.. ‚-Version ohne Zweifel (zum Grand Prix) nach Den Haag gekommen. Mandoline und Akkordeon geben einen meditera-folkloristischen Charakter. Die italienischen roots der Panozzos? Tommy Shaw glaubt an Eingeborenes. Dem Manager war die Nummer eine Idee zu europäisch, er hätte die Traumnummer zum Träumen beinahe verhindert. Wie steht es mit den Klischees Romantik-Rock, Bombast-Rock? „Nein, nein“, wehrt Tommy ab. „Wir machen Rock’n’Roll!“ Aber doch wohl nicht im klassischen Sinne? „Rock’n’Roll, das ist doch diese treibende Energie“, macht Shaw das Styx’sche R’n-‚R-Verständnis deutlich. „Romantiker ist bei uns nur der Dennis. Und ein Romantiker in der Gruppe genügt ja!“ Textlich erscheinen Styx, wie auch musikalisch, recht ungefährlich und unkritisch. Wenn sie „Miss America“ bedauern („In your cage at the human zoo/they all stop to look at you“) oder „The Grand Illusion“ aufdecken, dann nennen es Styx schon zynisch. Oh, puritanisches Amerika! Tommy: „Wir reflektieren nur die Dinge, die um uns vorgehen. Wir versuchen nichts zu verändern. Wir singen über Gefühle, Emotionen, etwas, was jeder fühlt und empfinden kann.“ Ein Song wie „Eddie“, in dem man über Ted Kennedy sang, gilt als einmaliger Ausrutscher. „Wir wollen uns vor niemanden Karren spannen und Wahlhelfer spielen“, legt er Politik und Gesellschaftkritik ad acta. Wenn Styx auch heute nicht mehr, trotz des geschichtsträchtigen Namens, textlich in Märchen, Phantasien und Mythen schwelgen, so bieten sie dem Publikum doch Träume anderer Art an: es gilt nur, ein braves Mädchen, einen lieben Jungen zu finden, und schon kann einem die böse Welt nichts mehr anhaben!?? Tommy: „Man muß doch ganz klar Stellung beziehen, eine positive! Wir sagen den Leuten: erhebt eure Ärsche, zieht los und verfolgt eure Ziele. Du mußt an dich selbst glauben. Wie sonst sollte jemand anders an dich glauben können.“ Und weiter: „Und warum es keine Verbindung mehr gibt zwischen unserem Namen und unseren Texten ist ganz einfach: an unseren Worten ist absolut nichts Teuflisches dran. But the river Styx is hell