Sounds neu!


Auf der ersten SOUNDS-NEU!-CD haben wir vor einem Jahr u.a. die Kings Of Leon, Rilo Kiley, Hot Hot Heat und Azure Ray gewürdigt. Da die Redaktion überzeugt ist, dass sich auch einige der besten neuen Acts von 2004 langfristig etablieren werden, gibt es nun eine zweite Auflage.

1 The Features – A Million Ways To Sing The Blues

Spannend, rau, melodiös und auf den Punkt: Die Band aus Tennessee schreibt Mini-Hymnen am Fließband.

The Features haben mit dem Album Exhibita. das als eines von nur wenigen Debüts in unserer Liste der besten Platten des Jahres 2004 berücksichtigt wurde, ein herrlich lockeres, rebellisches und doch unglaublich konzentriertes Erstlingswerk vorgelegt. An „A Million Ways To Sing The Blues“ haben uns die brachialen Gitarren und die wabernden Orgeln im Zusammenspiel mit glamourösen Disco-Einflüssen gefallen – man hätte aber auch jeden anderen Song von diesem durchweg gelungenen Album auswählen können. Höchst sorgfältig aufgebauten Kompositionen ein Element der Unkontrolliertheit zu verleihen, das konnten so gut in diesem Jahr nur noch The Libertines.

2 The Shins – So Says

Raffinierter Indiepop aus einer der unumstritten besten CDs von 2004.

Hinter Franz Ferdinand – die auf dieser CD nicht mehr auftauchen, da wir sie im ME bereits im Dezember 2003 als Newcomer vorgestellt haben – ist CHUTES TOO NARROW auf Rang 6 das höchstplatzierte Debüt in unserer Liste der 50 besten Alben des Jahres 2004. „Ich wusste. dass ich irgendwann ausprobieren wollte, wie weit ich selbst als Songschreiber kommen konnte“, sagte The-Shins-Chef James Mercer dem ME, nachdem er seine erste Band Flake aufgelöst hatte, um in Portland in Oregon an dieser ausgeklügelten Platte zu arbeiten. Ob er sich vielleicht sogar selbst übertroffen hat, werden erst die nächsten Werke der Shins zeigen, chutes TOO Narrow aber wird in jedem Fall als furchterregend perfektes Indiepop-Album bestehen bleiben.

3 TheZutons – Pressure Point

Leichtfüßiger, von lan Broudie produzierter Pop aus Liverpool.

Ende 2003 platzte bei The-Zutons-Sänger und Multiinstrumentalist Dave McCabe der Knoten: „Ich habe angefangen, bessere Songs zu schreiben. Anstatt zu versuchen, die ganze Zeit crazy zu sein, hab ich altes vereinfacht.“ Mit Hilfe von Produzent lan Broudie [Lightning Seeds] gelang dem Quintett aus Liverpool ein schrulliges, heiteres und durch und durch cleveres Debüt, das zahlreiche Referenzen an die Musik der 60er- und 70er-Jahre enthält, ohne jedoch eine bloße Ableitung derer zu sein. „Pressure Point“ war eine der Singles von WHO KILLED THE ZUTONS? und hat sich auf den Indiepartys in den besseren Clubs Europas bereits zu einem kleinen Klassiker entwickelt.

4 Dogs Die In Hot Cars – Celebrity Sanctum

„I Love Lucy Liu…“ Eine Hymne für den kleinen Stalker in uns alten.

„Meine Mutter ist Kunsthistorikerin und sagt mir immer, dass ich anders sein muss“, erzählt DDIHC-Sänger Craig Macintosh. „Das nervt. Darum geht es nicht. Wenn du wirklich du selbst bist und Entscheidungen nur nach deinem Geschmack triffst, dann wirst du von selbst ,anders’sein.“ Dass Dogs Die In Hot Cars‘ Debüt PLEASE DESCRI8E YOURSELF tatsächlich ein erfrischend anderes Album geworden ist. liegt an der gelungenen Gratwanderung zwischen kommerziellem Appeal und einer gewissen Verschrobenheit. „In dieser Hinsicht gibt es eine Band, mit der ich uns vergleichen würde: Blur in der PARKLiFE-Phase“, so Macintosh. Seine Stimme übrigens, die bei „Celebrity Sanctum“ noch ganz hervorragend klang, ging im Laufe der Tour verloren, da Macintosh beim Singen presst wie eine werdende Mutter im Kreißsaal. Wir wünschen gute Besserung und freuen uns schon jetzt auf das nächste Album der fünf Schotten.

5 Keane – Snowed Under

Mit solchen Melodien gaben sie dem Mainstream die Qualität zurück.

Es war ein scheußlicher, verregneter Tag in Glastonbury, bis Keane „Snowed Under“, die B-Seite der „Somewhere Only We Know“-Single, anstimmten. Dass ausgerechnet bei der Zeile „I open my eyes and it’s a lovely day“ die Sonne durch die grauen Wolken brach und das schlammige Festivalgelände in warmes Licht tauchte, ist Teil einer Glückssträhne, die bereits Anfang des Jahres begann: Nach zwei Top-5-Singles war das Album HOPES AND FEARS auf Platz 1 der britischen Charts geklettert. Dass sich schnell herumsprach, dass das Trio live ähnliche Euphorie-Wellen wie Coldplay auslöst, verhatf Keane im Herbst endgültig zum Durchbruch.

6 Son, Ambulance – Billy Budd

Natürlich stellt auch Saddle Creek Records einen Act, der 2004 zu den grandiosen Newcomern zählt. Egal ob im Bett mit Kopfhörern oder auf langen Autofahrten – KEY ist ein eindringliches, komplexes und über weite Strecken berauschendes Werk. Conor Oberst hat den Songwriterund Sänger Joe Knapp nicht nur mit einer SplitEP gefördert, er hat dem Jungen auch die erforderliche Zeit gelassen, die er für seine künstlerische Entfaltung benötigte. Verglichen mit den ersten Gehversuchen, die Knapp bei Saddle Creek unternahm, ist das im November erschienene Son, Ambutance-Album ein Durchbruch auf der ganzen Linie. Mit „Billy Budd“, das die gleichen 50er-Jahre-Shuffle-Elemente aufweist, die auch Calexico so bezaubernd einsetzen, hat Knapp die Trägheit des Lebens im amerikanischen Nirgendwo von Omaha vertont: „You say that you’re sick, but I think you’re tust bored …“

7 Bart Davenport – Intertwine

Schöne Grüße von der Westcoast: Ein Kalifornier stöberte in den 7oern.

Sein Album GAME PRESERVE ist, das gibt Bart Davenport gerne zu, „eine Hommage an 70s-Softrock“. Dass es trotzdem mehr als ein vergilbtes akustisches Fotoalbum ist, liegt an Davenports Können als Songschreiber. Ob es das nächste Album des Ex-Mod- und -Garagen-Rockers aus Berkeley noch in die 50 Platten des Jahres im ME schafft, wird sich zeigen – sicher ist bereits ein Verlassen der Steely-Dan- und Crosby, Stills & Nash-Gewässer: „es wird ganz anders werden. Mit Drummachines. Nicht mehr so sehr 70s, sondern eher 80s und ein wenig 60s“, so Davenport.

8 Rogue Wave – Every Moment

Man kann zum Glück niemanden zwingen, sich ein Album anzuhören …

… in diesem Fall aber ist es ein Jammer. Warum Rogue Wave nur in den USA ein fantastisches Jahr hatten („Best Pop Band 2004“ im San-Francisco-Weekly-Magazin, Tour mit Death Cab For Cutie, Auftritt in der John-McEnroe-Show], i-Tunes „Single Of The Week“. etc.], während sie in Europa ignoriert wurden, ist schwer nachvollziehbar. OUT OF THE SHAD0W ist ein Indiepop-Juwel, das eine ähnliche Raffinesse wie The-Shins- und die besseren Elliott-Smith-Platten besitzt. In diesem Winter entsteht bereits das nächste Album, für das Zach Rogue seine eigenen Ansprüche nochmals hochgeschraubt hat: „Ich versuche bestandig, mich nicht mit den gängigen Methoden des Songwritings zufriedenzugeben.“

9 Kasabian – Club Foot

Großer Hype, große Hymnen.

KASABIAN, das druckvolle Debüt der vier Lads aus Leicester, war zwar im ME Platte des Monats, erreichte aber in der Bewertung durch die Redakteure eine der niedrigsten Durschnittswertungen, die es in den letzten zwölf Monaten für Alben auf dieser Position gegeben hat. Ob einem Werk, das sich so perfekt in den Zeitgeist einfügt, eine lange Haltbarkeit beschert ist, wird sich zeigen – im Jahr 2004 aber gab es wenig Elektro-Rock-Platten, über die so viel und so differenziert gesprochen werden musste.

10 Amy Winehouse – Fuck Me Pumps

Rarität: HipHop-Soul mit Tiefgang.

Es kommt höchst selten vor, dass eine so junge Künstlerin mit so viel Selbstbewusstsein und künstlerischer Ausdruckskraft auf den Plan tritt, wie das die Britin mit ihrem Debüt frank getan hat. 19 Jahre war sie alt, als sie diese Platte voller selbstkomponierter Jazz-, Soul- und HipHop-Songs aufgenommen hat, die an die besten Momente von Jill Scott, Lauryn Hill, Erykah Badu und Mary J. erinnern.