Steve Miller


Ich habe nicht im Traum damit gerechnet, daß das Ding ein Hit wird. Zwei Jahre hab‘ ich an dem Song herumgemurkst und kam einfach nicht klar. Als er plötzlich um die ganze Weh ging, hat mich das aus den Schuhen gehauen. Stell dir vor: Selbst in Polen wurde die Single 40000mal verkauft; sie war in Rußland genauso ein Hit wie im Fernen Osten oder in Südamerika!“ Steve Miller, 40 Jahre alt, Voll-Profi seit 1956, grübelt kopfschüttelnd über seinen größten Coup, den Sommer-Knaller des letzten Jahres: „Abracadabra“.

Der fertige Song war das Ergebnis von Millers berüchtigten Aufnahme-Sessions: Er nimmt meist in „Blöcken“ auf, oft gleich mehrere Alben auf einen Schlag (zum Beispiel FLY LIKE AN EAGLE und BOOK OF DREAMS) – auch die „Abracadabra“-Bänder sollten noch genug Material für die nächsten LPs liefern.

„Wir haben so viele Nummern durchgezogen, daß die Angestellten im Studio schon fragten: „Was zum Teufel machen die da?“, erinnert sich Miller. „Und jede Nummer war super. Meine Band kann so arbeiten, wie man’s früher machte, als ein Album an einem einzigen Tag aufgenommen wurde. Wenn man sein Zeug zusammenhat, gibt es schließlich keinen Grund, ein gutes Album nicht in drei Tagen einzuspielen.

Es gab Penoden, da habe ich Wochen und Wochen und Wochen damit zugebracht, em und dasselbe Gitarrensolo auszufeilen. Aber inzwischen mag ich den ersten Versuch stets lieber als den 27sten.“ Viel vom alten Hang zu Experimenten ist inzwischen aus dem Programm gestochen worden, Miller beschränkt seine Improvisationen auf den langen Jam zu „Macho City“ (auf dem Live-Album nicht vertreten, bei Konzerten aber für jedes Mitglied der Gruppe die Chance, seine Solo-Qualitäten aufblitzen zu lassen). Unterm Strich hegt die Betonung bei Millers Konzerten inzwischen auf Tanzmusik.

Je älter ich werde, desto mehr bin ich in Rock n‘ Roll vernarrt. Ich mag den Witz dabei. Eddie Cochran etwa mit seinem hochgeklappten Hemdkragen. Angeberei mit Stil. Unsere Musik ist nicht sonderlich tiefschürfend, aber durchaus auf ihre Weise ernsthaft. Nachdem CIRCLE OF LOVE erschien, hielt ich es für wichtig, aus meiner Klausur herauszukommen und zu versuchen, dieser heruntergekommenen Welt em paar positive Seiten abzugewinnen. Das ist mein Job. Meine Konzerte verlassen die Leute mit einem guten Gefühl. Sie gehen nicht raus und schlagen sich gegenseitig die Köpfe em oder hauen ein Auto zu Klump, sie knallen nicht ihre Rübe gegen die Wand oder schlucken Tranquilizer. Sie denken sich nur: „Mann, das ging wirklich gut ab, heut abend!“ Millers Loreley-Auftritt dürfte aber noch aus ganz anderen Gründen eine Herausforderung für ihn sein. Seit 1976 ist er äußerst skeptisch, was Gigs m großen Arenen angeht. Er entwickelte und verfeinerte sein eigenes Sound-System, ging mit einer Band nicht mehr auf Tour durch die amerikanischen Stadien, sondern gelobte, daß er in Zukunft nur noch in kleinen Hallen spielen wolle.

„Zu viele Musiker geben sich der Illusion hin, daß sie jemanden unterhalten, bloß weil es für sie selbst auf der Bühne gut klingt. Aber wie jeder Fan weiß, hast du – wenn du nicht zu den 3000 ganz vorne gehörst -kaum eine Chance, überhaupt irgendwas zu hören! Du hättest genausogut zu Hause bleiben und dir das Geld sparen können.

Deshalb versuche ich normalerweise, unsere Konzerte auf Hallen mit einem Fassungsvermögen von etwa 3000 zu beschränken. Bei dieser Größe gibt’s den besten Sound und die entsprechenden Publikums-Reaktionen. Alles, was darüber hinausgeht ist nichts als em Spektakel. Wir sind zuerst und vor allen Dingen Musiker und wollen, daß die Leute hören, was wir machen.“