Torturen in der Tanzfabrik


Seit Juli 1975 sehen wöchentlich fast zehntausend Besucher im New Yorker "Schubert Theatre" das Musical "A CHORUS LINE". Das Theater macht sich selbst zum Thema: Vorbereitungen und Besetzungsprobleme eines großen Musicals liefern den Handlungsfaden. Der britische Regisseur Sir Richard Attenborough, der zuletzt mit "Gandhi" glänzen konnte, hat den Broadway-Hit nun zu einem opulenten Film verarbeitet. Für die Tanz-Szenen zeichnet Flashdance"-Choreograph Jeffrey Homaday verantwortlich.

Im Buch zum Film („Richard Attenboroughs Chorus Line“, London 1985) erzählt der Regisseur selbst den Inhalt seines Films so: ,“A Chorus Line‘ handelt von der Besetzung eines bevorstehenden Broadway-Musicals. Zach, der Regisseur und Choreograph, sucht Tänzer, vier Jungen und vier Mädchen, für die Revuegruppe im Hintergrund. Er wird sie aus buchstäblich Hunderten von ‚Zigeunern‘, wie sie sich selbst nennen, auswählen, die an dem offenen Vortanzen teilnehmen, das treffender — aber auch grausamerweise – als ,Cattle Call‘ (Lockruf für Rindvieh) bekannt ist. Hunderten von jungen Menschen, die alle verzweifelt Arbeit suchen, zeigt man eine Kombination von Tanzschritten und gewährt ihnen ein paar Sekunden, um ihr Talent zu zeigen, bevor sie gemeinsam abgelehnt werden oder für spätere Ausleseverfahren dableiben dürfen.

Schließlich bleiben 16 übrig, und bevor er die letzten acht auswählt, fordert Zach, daß sie ihre Persönlichkeit bloßlegen, damit er feststellen kann, wer vielleicht eine kleinere Rolle übernehmen könnte. Die Spannung wird erhöht durch die Ankunft von Cassie, einer Tänzerin, die Zach vor einigen Jahren liebte —- und ihn verließ. Sie will auch für die Show vortanzen.

Für die Rolle des Zach engagierte Attenborough Michael Douglas; für die 16 Tanzrollen testete er — in eben jenen „Cattle Calls“ – rund 3000 Bewerber, aus denen er die Besetzung für seinen Film auswählte. Die Namhafteste darunter ist Audrey Landers, Fernsehzuschauern besser bekannt als „Afton Cooper“ aus der Serie „Dallas“. Sie singt unter anderem den Song „Dance Ten, Looks Three“, der auch unter dem inoffiziellen Titel „Tits and Ass“ bekannt ist und ironisch davon handelt, wie plastische Chirurgie eine Karriere verändern kann.

Ansonsten erzählt „A Chorus Line“ in einer fulminanten Tour de Force die alte amerikanische Geschichte von Leistung und Erfolg. Sie sind das einzige, was zählt — und wer’s nicht schafft, hat Pech gehabt —- oder war nicht gut genug.

Doch da den „Zigeunern“ die Bühnenbretter das Leben bedeuten, schlucken sie mehr als der normale Sterbliche. Denn neben dem, was die Tänzerinnen und Tänzer in „A Chorus Line“ leisten, machen sich Aerobic-Workouts wie kinderleichte Übungen aus.