Weiche Dornen


Wo soll hier die Sonne aufgehen? Schmutzigweiße Wände, ein kahles Bühnenpodest mit drei Holzstühlen, Marke Schulaula. „Hamburger Botschaft“ nennt sich das schaurig-schöne, mitten im Schanzenviertel gelegene Etablissement mit dem welken VHS-Flair. Halb zwei mittags, zwei Dutzend Medienmenschen mampfen belegte Brötchen, und durch die riesige Fensterfront dringt Hamburger Graulicht. Ein hoch aufgeschossener Mann mit Baumwollhemd schlurft herein und grinst: „Sorry, we’re a little late.“ Peter Droge sieht sich nach seinen Kumpels um. Shawn Mullins, bullig, kurz geschoren, steht an der kleinen Theke. Fehlt noch Matthew Sweet, untersetzt, klein, Typ gemütlicher Späthippie. Als er auftaucht, versammeln sich die drei Herren hinter Mikros, Gitarren auf dem Schoß, grinsen linkisch ins stille Auditorium und eröffnen mit „Runaway Train“. Was folgt, sind Wohlklang, Harmonie, Schwelgen in simplen Durakkorden, holzfarbene Gitarrengrundierung, da und dort mit einer Prise Lapsteel, Ukulele oder Mariachi aufgehellt. Der Geist von Crosby, Stills & Nash schwebt unüberhörbar durch den Saal. Begeisterter Beifall für silbrig schimmernde Gesangssätze.

Auf dem Debutalbum der Thorns kann man den so altmodischen wie homogenen Ensemblesound nun kaufen. Das einzige Verkaufsargument: Gute Songs haben immer Konjunktur. Oder, wie Droge zwischen zwei Stücken beim Nachstimmen launig verkündet: „We’re The Thorns, and we’re in tune.“ Nach45 Minuten ist der sonnige Spuk vorbei. Draußen regnet es Bindfäden.

>>> www.thethorns.de