MS Dockville Festival 2015: Gediegen, wild und sexy


Die neunte Auflage des Festivals im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg bestach mit tollen Newcomern, wahnwitzigen Tanzskills und einem ganz heißen Anwärter für den Titel „Konzert des Jahres“.

Das Dockville auch im Jahr 2015 ins Herz zu schließen fällt nicht schwer. Das liegt an so tollen Ideen wie den Tag mit einem Poetry Slam auf einer der Hauptbühnen zu beginnen, dem leckeren Essensangebot (Props an die Burgermanufaktur – die besten Pommes weit und breit!) oder dem charmanten in einem Wäldchen gelegenen Zeltplatz. Aber vor allem möchte man das Hamburger Festival für sein exzellentes Line-Up knuddeln. Abgesehen vom Schnulzenmüll-Totalausfall Jonah gibt es am musikalischen Programm nichts zu mäkeln.

Das wird am Freitag von den Kölnern Golf mit ihrem unaufgeregten deutschsprachigen Indie-Pop eröffnet. Das Quartett aus der Domstadt, welches als Nachfolger der sträflich von der Musik-Journaille vernachlässigten Gruppe eisbær hervorging, peppt ihren an die Foals erinnernden Sound mit klugen Elektro- und Funk-Elementen auf und schafft es, dass selbst Songs über Ping-Pong, Swimmingpools und Macaulay Culkin hitverdächtig klingen.

Das erste Highlight auf der Hauptbühne, dem Großschot, lässt mit Darwin Deez nicht lange auf sich warten. Der Amerikaner sorgt mit seiner Band für den Spaß des Tages. Auch beim Dockville dürfen die obligatorischen Tanz-Choreografien der Musiker in Songpausen nicht fehlen. Die wahnwitzigen Dancemoves sorgen für eine ausgelassene und gelöste Stimmung bei bestem Spätsommerwetter.

Für die Überraschung des Wochenendes sorgt am Freitagabend Tom Odell. Der mit der Ballade „Another Love“ bekannt gewordene Engländer liefert eine mitreißende Mainstream-Rock-Pop-Show ab, die jedoch den bitteren Nachgeschmack hat, dass das gerade auch Rod Stewart auf der Bühne gewesen sein könnte.

Bei Interpol kann man sich im Voraus sehr sicher sein, was man geboten bekommt. Der Headliner gibt sich keine Blöße und spielt eine gute, wenn gleich routinierte Show. Die Band um Sänger Paul Banks wirkt befreiter als noch bei ihren Konzerten Anfang des Jahres und entzückt das Publikum mit einer atemberaubenden Version von „Leif Erikson“, einem der am seltensten gespielten Songs ihres Debüts TURN ON THE BRIGHT LIGHTS.

So war der Samstag beim Dockville Festival 2015

Wer Samstag früh den Gang auf das Festival-Infield antritt, wird mit der Entdeckung von Parcels belohnt. Die Australier, die mit ihren Schlabberklamotten, langen Haaren und Bubigesichtern aussehen wie die Kelly Family Anfang der 90er-Jahre, spielen eine wahnsinnig spannende Mischung aus Modern Soul, Soft Rock und Disco. Man erwischt sich dabei, wie man in einem Moment Parcels mit Jungle assoziiert und einem nur einen Break später die Eagles durch den Kopf schießen. Definitiv eine Band, die man auf dem Zettel haben sollte.

Im Anschluss kommt es wohl zur gewagtesten Performance für das Festivalvolk. Hauschka präsentiert gemeinsam mit Schlagzeuger Samuli Kosminen seine avantgardistischen Stücke und bekommt dafür einen erwartungsgemäß geringen Publikumszuspruch.

Probleme, die Besucher vor die Bühne zu ziehen, hat die Antilopen Gang nicht. Mit ihren Hits „Beate Zschäpe Hört U2“ und „Verliebt“ im Gepäck, ist es für die aus NRW stammende Gang ein Einfaches die Meute zum Kochen zu bringen.

Die Stimmung zu Überkochen bringen Django Django, die am Samstagabend auf der Großschot-Bühne alles und jeden an die Wand spielen. Was das Quartett während seines einstündigen Auftritts aus seinen Songs kitzelt, ist unglaublich. Der Pop der Djangos ist auf einmal gar nicht mehr so gestriegelt und arty, sondern wild und sexy. Die umwerfende Lichtshow gibt dem baffen Publikum, das non-stop zu Tanz-Pits ansetzt, den Rest. Ein ganz heißer Titelanwärter für das Konzert des Jahres!

Caribou lässt es im Anschluss zwar druckvoll, wenn auch etwas gediegen angehen. Dan Snaith und seine Männer bieten dem Dockville-Publikum das, was sie wollen und verabschieden sich mit einer sich immer weiter in die Höhe schraubende Version von „Sun“ in den Hiatus.

Nach einem letzten „Klaps auf den Po“ von Romano, der beweist, dass Songs über Köpenick auch in Hamburg zünden, heißt es dann Abschied nehmen vom Dockville. War schön bei dir. Wir kommen gerne wieder.