Oehl
DUNKLE MAGIE
Groenland (VÖ: 12.12.)
Fast ein Weihnachtsalbum: Der österreichische Liedermacher stellt Vasen windschief auf.
Im Videoclip zu „Als wir uns liebten“ stellt Ariel Oehl schlichte weiße Vasen auf krumme Felsen in einem Park, vorsichtig balanciert er sie aus, bis die zerbrechlichen Dinger sicher, wenn auch bisweilen etwas schief stehen. Man kann das als Metapher dafür nehmen, wie Oehl seine Lieder auf seinem dritten Album DUNKLE MAGIE baut, vielleicht soll man sogar: Der in Wien lebende Salzburger flüstert, nuschelt eher, als dass er singt, er verzichtet meist auf simple Reime und die Musik, die er unter diese Texte legt, wirkt auf eine gute Art eben mal schnell hingehuscht, gerade weil sie sorgsam analog arrangiert wurde.
Oehls Lieder wirken immer ein wenig neben der Spur, aber stellen sich doch dann sehr bewusst in die Liedtradition, sie zitieren das Kunstlied, erinnern an Ludwig Hirsch, und kümmern sich sogar um Weihnachten. Oehl interpretiert den Adventsgassenhauer „Maria durch ein Dornwald ging“ als schwergängig schwebendes Instrumental, feiert im Duett mit Romi Rabić „Alle Jahre wieder stille Nacht“, verbeugt sich vor Ryuichi Sakamotos „Merry Christmas Mr. Lawrence“ und beschreibt im Titelsong ein Weihnachtsfest: „Manchmal ist viel zu viel Gefühl auch gut.“
Etwas windschief, aber unversehrt und in ganzer Pracht
Das alles macht aus DUNKLE MAGIE zwar noch kein Weihnachtsalbum, aber doch eines, das geeignet ist für besinnliche Stunden, wenn man seine Besinnlichkeit gern mit kleinen Widerhaken genießt. Zum Abschluss gastiert noch folgerichtig die sehr ähnlich arbeitende Stella Sommer, Oehl überlässt ihrer grandiosen Stimme für „Zärtlich werd ich dich verlassen“ die Bühne und brummt nur ein wenig im Hintergrund.
Im „Als wir uns liebten“-Video wird einmal kurz angedeutet, Oehl könnte die wacklig stehenden Vasen mit einem Stock zerschlagen, aber dieses Vorhaben wird aufgegeben, die Vasen bleiben intakt – so wie auch das Konzept Lied auf DUNKLE MAGIE: Oehl ruckelt vorsichtig an der Form, der Song wackelt ein bisschen, am Ende steht er wieder da, vielleicht etwas windschief, aber unversehrt und in ganzer Pracht.
Diese Review erscheint im Musikexpress 1/2026.



