Tschüss, Zeitgeist


Dem Geheimtipp-Status relativ frisch entronnen, streben die umformierten The Robocop Kraus jetzt auf ihre Art Richtung großer Pop. "Mistakes" gehören zum Programm.

Die Geschichte ist durch, oder? Von den fünf Nürnbergern, die auszogen, die Welt zu erobern. Die durch die Hartnäckigkeit einer Praktikantin, die Label-Boss Carol von Rautenkranz durch ständiges Vorspielen der Musik nervte, einen Plattenvertrag bei L’Age D’Or bekamen. Von Produzent Pelle Gunnarfeldt (The Hives), der mit seinem Namen für die notwendige Aufmerksamkeit beim letzten Album They Think They Are The Robocop Kraus sorgte. Und natürlich das Ding mit New-Wave-Disco-Punk oder wie immer man es nennen mag.

Es gibt Gründe genug, mit der Geschichte lieber noch mal von vorne anzufangen. Tobias Helmlinger verließ die Band, Peter Tiedeken heißt der neue Mann am Bass. Er kommt aus Ostfriesland, vielleicht um die Nürnberg-Geschichte obsolet zu machen. Na gut, eigentlich, weil man sich sowieso gut kannte. Hinzu kam die LADO-Pleite, die einige finanzielle Fragen zu Beginn der Aufnahmen des neuen Albums Blunders & Mistakes im Unklaren ließ. Wenigstens standen schnell die Namen fest, an denen Journalisten dieses Mal ihre Storys aufhängen können: Produzent Tobias Levin (Tocotronic, Kante) und Mischer Adam Lasus (Clap Your Hands Say Yeah, Yo La Tengo). Nach Gesprächen war Levin sofort „Feuer und Flamme“ für das Konzept, mit dem die Band an die Aufnahmen herangehen wollte. Alle Verstärker in einen Raum stellen, die beste Positionierung der Instrumente austüfteln und dann die Musik mit nur einigen Stereomikrofonen abnehmen: „Das ergibt Übersprechungen auf den Mikros, die verhindern, dass du einzelne Spuren noch wirklich groß bearbeiten kannst“, erklärt Sänger Thomas Lang. „Du kannst sie nicht mehr total herausnehmen, kannst keinen Bassdrumschlag mehr versetzen, weil du das auf allen anderen Mikros auch hören wirst.“ Spielräume also von vornherein eingrenzen, auch die der Produzenten. Soll keiner auf die Idee kommen, The Robocop Kraus wären auf große Namen angewiesen.

Oder auf die Geschichte mit dem Zeitgeist, Talking Heads-Vergleiche, Lobeshymnen aus dem Ausland. „Du kannst dich nie ganz frei davon machen, so etwas mitzureflektieren „, sagt Lang. „Ich war wirklich froh, wenn dieses Ding an uns vorbeischwappt wäre und wir aber immer noch da sind und gestärkt aus dem ganzen Scheiß hervorgehen.“ Schallendes Lachen bei ihm und Gitarrist Matthias Wendl. Mit dieser Prognose können sich The Robocop Kraus auch leicht tun, mit neuen Begrifflichkeiten für ihre Musik hingegen nicht. Denn Blunders & Mistakes ist anders als seine beiden Vorgänger. Lebt von der bunten Vielfalt, der manchmal lächerlichen Unsinnigkeit und dem Größenwahn des… Pop? „Wenn ich den Begriff Pop höre, dann denke ich: total glatt und sehr einfach zu verstehen“, wiegelt Mendl ab. „Und ich weiß nicht, ob die Platte so einfach ist. Aber Pop ist ja auch Talk Talk oder sowas.“ Und Lang ergänzt: „Wir wollen uns in dieser Hinsicht nicht zensieren, uns nicht zurück halten. Aber gleichzeitig haben wir immer wieder ganz viele Sachen total kaputtgemacht. Ich finde, von den Sounds und den Arrangements ist es nicht so zugänglich.“

In Sachen Popbegriff kann man sich beispielsweise auf die bis zur Parodie überdrehten Rockstarposen von Bobby Conn einigen: „Er bewegt sich auch in einem Indie- und Punkkontext“, sagt Lang. „Er ist wie wir punksozialisiert, geht aber einfach drei Schritte weiter in der Art, wie er sich präsentiert und wie er zu Themen wie Entertainment steht.“ Überhaupt Parodie als Stilmittel. Im Song „Hyenas“ zitiert Lang einen Aphorismus der US-Konzeptkünstlerin Jenny Holzer. „I’m replacing my ideals with more conventional goals“, heißt es dort. Die vermeintliche Bewegung, mit zunehmendem Alter realistischer und entspannter zu werden, wird aber durch den „Hahaha“-Schlusschor ins Lächerliche gezogen.

Auch beachtenswert: das psychedelische Plattencover mit seiner Farbenvielfalt und der emblematischen Anordnung von Figuren, die an Sweetheart Of The Rodeo von den Byrds erinnern sollen. Ein Bezug, der wiederum so gar nicht zur Verehrung der Underground-LoFi-Ikone Ariel Pink passen mag. „Seine Musik war zum gewissen Teil schon eine Orientierung: viel Hall, viele verschwurbelte Sachen machen „, meint Wendl. „Auch wenn es jetzt nicht so klingt. Aber ich finde die Herangehensweise super, er schreibt wahnsinnig gute Popsongs und verschrottet sie dann.“ Alles nicht sehr aufschlussreich? Zuviel Namedropping? Dann doch lieber wieder Talkings-Heads-Vergleiche? Okay, dann nur der hier: The Name Of This Band Is The Robocop Kraus. www.therebocopkraus.de