APPLAUS APPLAUS APPLAUS


Gaga nimmt Popmusik einerseits viel zu ernst. Andererseits aber genau gar nicht. Und die Auflösung dieses Widerspruchs geht so: Sie hat sich bereits als Metapopstar inszeniert, bevor sie überhaupt einer war. Gaga hat frühzeitig die Bedingungen des Ruhms in ihren Songtexten thematisiert, da besaß sie selbst noch gar keinen: Der Song „The Fame“ auf ihrem gleichnamigen Debütalbum etwa war auf der einen Seite eine Selbstbezichtigung, berühmt werden zu wollen, auf der anderen Seite aber auch eine gesellschaftliche Kritik daran, dass alle Menschen berühmt werden wollen. Und weil Gaga ansonsten auch ihre Selbstinszenierung als solche stets kenntlich machte, sich als Kunstfigur immer schon selbst mitkommentierte, hielt man sie für superschlau und superzeitgenössisch: Gaga wurde zur Kronzeugin des Gemachten, des Künstlichen der Popkultur, auch weil sie deren Inszenierungsstrategien so ernst nahm. Die Frage war, ob man Gaga für eine Zeugin der Anklage oder der Verteidigung der Popkultur hielt.

„Applause“ setzt die Reihe der uneigentlichen Gaga-Songs fort, es ist wieder eine Selbstbezichtigung („I live for the applause, applause, applause“) und zugleich ein Ruhm-Kommentar. Der Weiterdreh besteht darin, dass Gaga auch gleich die Kritik an ihr thematisiert und sich so vornewegverteidigt:“I stand here waiting for you to bang the gong to crash the critic saying: Is it right or is it wrong?“ Das ist eine Selbstermächtigung gegen die Kritik und eine Aufforderung ans Publikum, die Reihen um den Popstar zu schließen. Doch bei Gaga kann man auch das nur als Inszenierung verstehen: Sie beschwört die Kritik, um überhaupt ein feindliches Außen konstruieren zu können. Die wirkliche Kunst von Gaga indes besteht darin, dass man über all den Inszenierungsfragen fast vergisst, wie unfassbar schlecht ihre Songs musikalisch sind. Und „Applause“ ist vielleicht ihr schlechtester bislang überhaupt.