Azure Ray München, Orange House


Große Momente der populären Musik: Publikum zwingt scheue Frauen, "Smoke On The Water"zu spielen!

Wenn ein Schmetterling in China mit den Flügeln schlägt, heißt es, kann das am anderen Ende der Welt zu einstürzenden Neubauten führen. Und wenn ein besoffener Konzertbesucher einen besoffenen Zwischenruf ruft, kann das – nicht unbedingt der Geschichte des Rock’n’Roll – aber einem Konzertabend eine unerwartete Wendung geben. Wenn sich also jemand im „Orange House“ in München von Azure Ray einen Song wie „Smoke On The Water“ „wünscht“, ist das lustig, weil man von einer folkigen Dream-Pop-Band nicht unbedingt das alte Deep-Purple-Hard-Rock-Monster erwartet. Und natürlich ist so ein Zwischenruf ein willkommener Anlass für einen Witz, der sich selbstständig macht, durch den ganzen Abend renntund dann immer wieder in Ansagen [„Der nächste Song heifit ‚Smoke On The Water“), Zwischenrufen LZmook on ze woota!“] und weiteren Ansagen („Dos nächste Stück ist ‚Smoke On The Water‘, wirklich jetzt“] zum Vorschein kommt. Orenda Fink und Maria Taylor können auf der Bühne umschalten zwischen junge-Frauen-Ernsthaftigkeit und bayerischem Konzertpublikum-Humor. Als Taylor sich vor der Zugabe auf der akustischen Gitarre tatsächlich durch das Deep-Purple-Riff dilettiert, ist das ein schönes Bild für das, wofür Azure Ray stehen. Fink und Taylor sind gottlob – keine Musikerinnen. Sie können das, was der Gitarrenschüler seit der dritten Stunde bei Peter Bursch im Traum beherrscht, nicht bieten. Aber sie sind Virtuosen in ihrer eigenen Welt, die aus beschränkten Mitteln höchste Effizienz herausholen, ihren Zartbitter-Folkpop mit sphärischer Ambience aus Gitarre, Sampler und Keyboard ummanteln. Diese Musik braucht keinen Leadgitarristen. Sorry, Ritchie Blackmore.