Black Sabbath


AM MERCHANDISING-STAND VON BLACK SABBATHS Reunion-Tour geht man aufs Ganze: Hier, stellt man mit ei nem in solcher Breite selten gesehenen Sortiment (Käppis, Aufnäher, Fotobook, Kalender, sinnlos überteuerte Windjacke, irrwitzig überteuerte Lederkutte, ca. ein Dutzend verschiedene T-Shirt-Motive u.v.a.) klar, soll noch die letzte eventuell locker sitzende Fan-Mark abgeschöpft werden. Da ist für die ganze Familie was dabei! Greift zu! Das hier ist schließlich The Last Supper! Und alle Jünger sind gekommen zum letzten Abendmahl, eine ganze Maschinenhalle voller Metaller, darunter ca. 2,5 Frauen. „Wenn ich mi das so anschaue, hat sich die Szene nicht viel verändert, seit ich damals auf meinen ersten Purple-Konzerten war“, weiß Kollege Ernst. Jetzt ist das Licht ausgegangen. Als Intro ertönt ein seltsames Medley aus wohlfeilen Sabbath Riffs. Was ist das denn? Ein Trailer mit den zu erwartenden Höhepunkten des nun folgenden Konzerts? Schlüsselreize, um die Fans auf Touren zu bringen? „Oz-zy! Oz-zy!“ geht es jetzt, und dann cometh er endlich, der Ozzman. Das heißt, er schlurfeth – „Der bewegt sich genau wie meine Schwiegermutter vor der Hüftoperation. Die hat jetzt ein künstliches Gelenk, seitdem geht’s wieder…“ Ernst! Bitte! Aber er hat ja Recht: Mit grotesken, kleinen Schritten und wirrem Blick, wie eine Kreuzung aus Meister Yoda und Boris Jelzin, irapst oer iviaaman aur aie eunne, hängt sich erstmal ans Mikro und singt „War Pigs“, noch mit Tonfindungsschwierigkeiten. Die geben sich bald weitgehend und das Ganze hebt mit „M.I.B.“, „Snowblind“ und allerlei mehr aus der guten alten Ozzy-Sabbath-Ära zu einem ordentlich hardrockenden Spaß an – wenn man sich für den stattlichen Eintrittspreis von 80.- DM auch etwas bei der Bühnenshow lumpen lässt: Wo sind die brennenden Kreuze? Die Lightshow? Stonehenge? Aber optischer Fixpunkt -wenn auch ein etwas beklemmender – ist ohnehin dieser seltsame, verquollene Mann, der da wie ein Roboter in einer bizarren Funktionsschleife immer gleiche Verhaltensmuster abspult: Immer wieder hüpft er wie ein fußlahmer Frosch in die Höhe, steht dann gebückt da, streicht die Haare hinter die Ohren und grimassiert triumphierend ins Publikum wie ein umnachteter Hochspringer, der glaubt, gerade einen Weltrekord aufgestellt zu haben. Oft holt er sich einen Eimer Wasser und kippt ihn komplett – die derangierte Motorik erlaubt kein Schütten im hohen Bogen mehr auf einen armen Tropf in der ersten Reihe aus. Und während man sich noch fragt, wie weit die Verehrung für Herrn Osbourne gehen muss, um solche Durchnässung als Ehre aufzufassen, hält der sich schon wieder am Mikroständer fest: Eine fixierte Haltung, die ihm – wie praktisch – Headbangen ohne Umfallen ermöglicht. Wenn Ozzy kommuniziert, dann ist es meist ein stereotypes „Thank you, we love you all! You’re number one!“, gern auch zwischen zwei Strophen eines Songs eingestreut. Was auf die Dauer nervt – Phil Collins brüllt ja auch nicht nach jedem Song,“Fuck you! Satan ist mein Meister!“ Jetzt stellt Oi die Band vor. Da ist Bassist Ceezer Butler, der schon den ganzen Abend seine Rest-Mähne geschüttelt hat – „Gee-zer! Cee-zerl“, gibt Ozzy die Parole aus.

Bill Ward kommt hinter den Drums hervor („Miiiiister Biiiiill Waaaaaard“) und gewährt hemdfrei einen Blick auf seine Alter-Mann-Physiognomie. Und dann ist da Tony lommi, der einzige auf der Buhne, der es ablehnt, sich zum Horst zu machen -wenn nicht der letzte, der überhaupt noch begreift, was es heißt, sich zum Horst zu machen. Ohne große Posen, cool in einen schwarzen Ledermantel gekleidet, ein glänzendes Kreuz vor der Brust, klopft er seine Riffs, lä’sst sich nur selten zu gniedeligen Solo-Eskapaden hinreißen. Jetzt noch „Black Sabbath„,“lron Man“ und als Zugabe „Paranoid“, dann ist’s auch gut. „Der Ozzy is der Wahnsinn! Ohne den wär’s a Scheiß!“, meint ein Fan beim Rausgehen. Dann mach dir schon mal Gedanken, was geht, wenn der Madman – bei allem Respekt – erstmal seine Transformation zum Pflegefall abgeschlossen hat.