Bob Dylan: kein Literaturnobelpreis


Der Literaturnobelpreis wurde bekannt gegeben. Bob Dylan wurde hoch gehandelt, muss aber doch darauf verzichten. Sangeskollege Tom Liwa hätte auch keinen Grund für eine Preiskrönung gefunden: "wehleidige Selbstbeweihräucherung".

Heute wurde von der Schwedischen Akademie bekanntgegeben, wer den Literaturnobelpreis 2011 erhält. Erstmalig in der Geschichte des Literaturnobelpreises hatte eine Musiklegende die Chance auf diesen Preis – Bob Dylan. Er war für viele auf der Zielgeraden ganz weit vorne, aber um 13 Uhr musste man dann die Eventualität begraben, dass es Bob Dylan mit Song-Lyrik zum Literaturpreisträger geschafft hat.

Der diesjährige Preisträger ist der schwedische Poet Tomas Tranströmer. Akademiesprecher Peter Englund sagte: „Tranströmer ist einer der größten Poeten unserer Zeit.“ Die Akademie begründete die Entscheidung so:  Er hat „uns in komprimierten, erhellenden Bildern neue Wege zum Wirklichen weist.“

Wer also auf  Folklegende Bob Dylan gesetzt hat, der hat auf das falsche Pferd gesetzt und wird in Zukunft nicht mehr so sehr auf die Prognosen der Wett-Könige setzten, die ihn schon kurz vor 13 Uhr zum Preistträger küren wollten.

Aber wie findet man das eigentlich, dass Bob Dylan zu den Nominierten gehörte? Mit dem Song Things Have Changed für den Film Die Wonder Boys gewann er schließlich 2001 den Golden Globe Award und den Oscar für den besten Filmsong. Aber muss man ihm nun auch noch zum Star-Poet erklären? Das haben seine Anhänger doch schon längst getan.

Wir fragten Sänger Tom Liwa nach seiner Meinung. und ja, er ist sicherlich nicht der Einzige, dem auf Anhieb ein ganzes Dutzend Literaten einfallen würden, die sich nicht hauptsächlich über eine musikalische Fanbase in den Vordergrund spielen. Er sagt:

„Mir fällt auf Anhieb ein ganzes Dutzend Literaten ein – darunter auch Musiker – denen ich eine solche Auszeichnung eher wünschen würde als ausgerechnet Dylan, dessen Werk – vorsichtig ausgedrückt – nicht grade auf Empathie fußt und bei aller zeitwilligen Brillianz im sprachlichen Ausdruck über weite Strecken nicht mehr darstellt als wehleidige Selbstbeweihräucherung. Darüberhinaus stellt sich natürlich die Frage: was ist so ein Preis wert und wer vergibt ihn eigentlich. Dylans Nominierung ist sicherlich vor allem ein gezielt inszeniertes Politikum.“

Den Gewinner Tomas Tranströmer kann man ja finden, wie man will. Komisch wird es nur, wenn man ihn nicht kennt. So wie Deutschlands wichtigster Literaturkritiker, Marcel Reich-Ranicki. Der dpa sagte Reich-Ranicki: „Ich habe keine Ahnung, wer der Lyriker ist“. Und auf die Frage, ob er für die Entscheidung Verständnis habe: „Ich glaube nicht“.

Ob es nun ein inszeniertes Politikum war Bob Dylan zu „übergehen“, oder ob seine gelegentlich „wehleidige Selbstbeweihräucherung“ für abertausende von Fans und Literaturprofs wirklich preisverdächtig war – der Verdacht hat sich nicht bestätigt, und das dürfte Fans nicht gefallen und für einige Literaten ein dankbares Ergebnis sein.