Campino, jetzt mal ehrlich: Glaubst Du an Gott? Was machst Du nach dem Ende der Toten Hosen? Und warum habt Ihr damals diese Weihnachtsplatte aufgenommen?


Musikexpress/Sounds interaktiv. Im Dezember - Heft forderten wir Sie - liebe Leser - auf, Fragen an Campino zu schicken. Zahlreiche Hosen-Fans schrieben daraufhin Briefe, Postkarten und E-Mails, um endlich zu erfahren, was sie schon immer von den Toten Hosen wissen wollten, sich aber nie zu fragen trauten. Hier das Ergebnis:

In euren Liedern geht ihr sehr kritisch mit dem Thema „Kirche und Gott“ um. Glaubst du an Gott bzw. an eine andere höhere Macht?

Dirk Weßlinq, Ahaus-Wessum Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass man überhaupt an irgendwas glaubt. Und wenn es Fortuna Düsseldorf ist. Oder von mir aus auch der FC Bayern. Egal, Hauptsache ist, man kommt aus dem Bett und macht was aus dem Tag. Das Schlimmste ist, wenn man an gar nichts mehr glaubt. Was ich allerdings absolut idiotisch finde, ist, wenn eine Weltreligion für sich in Anspruch nimmt, die einzig gültige zu sein und deshalb alle anderen für ungültig erklärt. Die Katholiken zum Beispiel erklären in ihren Grundstatuten, dass außer ihrer Form der Glaubensvorstellung nichts anderes Gültigkeit hat. Das wäre für mich absolut ein Grund bei den Katholiken auszutreten.

Die Text zum Album „Opium fürs Volk entstanden zum Großteil in der Benediktiner-Abtei Königsmünster. Was verbindet dich mit Abt Stefan und seinen Mannen?

Birgit Kirchberg, Arnsberg Ich habe in diesem Kloster tatsächlich ein paar Freunde gefunden. Mit denen rede ich aber über alle möglichen Dinge. Ich finde, dass es bei denen sehr viele Freigeister gibt, die durchaus Ideale haben, die sogar etwas mit meiner Vorstellung von Punkrock, und in gewisser Weise etwas mit einem perfekten Kommunismus zu tun haben. Wenn man sich überlegt, dass da niemand so etwas wie persönlichen Besitz hat, die Leute, die da zusammenleben, völlig autark sind, nicht von irgendwelchen Kirchengeldern leben. Wenn überhaupt eine Revolution bei den Katholiken stattfindet, kommt die nur von innen, aus den Klöstern heraus gegen den Papst. Was mich immer wieder erstaunt, ist, wie offen die Gespräche da geführt werden. Man kann über alles reden, von Homosexualität bis hin zu ganz normalen Glaubensfragen. Sogar über Fußball. Es ist immer wieder eine wahnsinnige Erfahrung für mich, mit diesen Leuten zusammenzusitzen.

Wenn man eine Tour durchzieht, kommt man dann irgendwann zu dem Punkt, wo man nicht mehr ständig die selben Lieder singen will und die Show zur Routine wird?

Imke Freyer, Lüneburg Wenn du 100, 200 Konzerte mit wenig Llnterbrechungen hintereinader weggehauen hast, gibt es schon mal den einen oder anderen Abend, wo es eine reine Kraftprobe ist, den durchzustehen – körperlich wie geistig. Aber sobald eine Tour zu Ende ist und du drei Wochen zu I lause warst, entwickelt sich wieder dieses Suchtgefühl, das viel viel stärker ist, als all die mühseligen Momente. Zur Zeit bin ich wiederwahnsinnig nervös und euphorisch, weil ich wieder auf Tour gehen will, weil wir ein lahr lang nicht auf Tour waren. Die Sucht ist viel stärker als die Kotzgefühle, wenn’s einmal zu viel wird.

Für Wölli wurde ja schnell eine Vertretung gefunden. Habt ihr noch mehr Ersatz-Hosen in der Ecke stehen?

Regina Luck, Kiel Es ist nicht so, dass das eine so schnelle Kiste war. Wölli leidet unter einem Bandscheibenvorfall, der das erste Mal kurz vor unserer Australien-Tour aufgetreten ist. Und das ist jetzt auch schon wieder zwei Jahre her. Das wurde dann immer schlimmer. Insofern hat es eigentlich sehr lange gedauert, bis wir uns entschlossen haben, die Sache so zu regeln. Wir mussten in dem Sinn ja auch keinen neuen Schlagzeuger suchen. Vom Ritchie war als Schlagzeug-Roadie ja quasi im Proberaum mit dabei. Außerdem hat er davor schon in anderen Kapellen, wie zum Beispiel Dr. & The Medics, gespielt. Die meisten Roadies sind selber ziemlich gute Musiker. Ich behaupte mal, wenn du unsere Roadies auf die Bühne stellst, würde es technisch gesehen ein besseres Konzert, als wenn wir selber spielen.

Mir ist aufgefallen, dass euer neuer Schlagzeuger Vom Ritchie auf keinem Foto von euch zu sehen ist. Warum?

Inken Wohlert, Meldorf Als erstes muss ich sagen, dass Wölli ein vollwertiges Mitglied der Band ist und bleibt. Vom hilft auf der Position des Schlagzeugers aus und wird sicherlich für lange Zeit bei uns bleiben. Um klar zu machen, dass es einen Wechsel gibt, mussten wir Wölli von den Bandfotos runtemehmen. Wir wollten nicht so respektlos sein, direkt mit einem neuen Gesicht zu kommen, als wäre nichts gewesen. Deswegen gibt es momentan diese irritierenden Vier-Mann-Bilder. Das ist aber nur ein vorübergehender Zustand. Wir sehen das so ähnlich wie in einer Eishockey-Mannschaft. Da wird auch nicht einfach die Rückennummer eines verdienten Spielers weitergegeben, sondern bleibt auch erstmal ein, zwei Jahre frei, bevor jemand aufrückt. Ich finde das eine sehr nette Art und Weise, Respekt gegenüber einem verdienten Spieler auszudrücken. ¿

Was war dein peinlichstes Erlebnis?

Stefanie Gruhn, Brühl Kierberg Das letzte wirklich peinliche Erlebnis liegt dankenswerterweise schon ziemlich lange zurück. Zu den regelmäßigen peinlichen Erlebnissen zählt für mich, wenn man mal eben an der Straßenecke steht und pissen will, dann die Windrichtung falsch einschätzt, und mit einer vollgesifften Hose irgendwo angelatscht kommt.

Wie erklärst du dir, dass alle großen Bands fast ausschließlich aus Männern bestehen/bestanden? Was wäre aus den Hosen geworden, wenn ihr weibliche Mitglieder hättet?

Carla Weigt, Merseburg Ich habe einmal in meinem Leben mit einer Frau in einer Band gespielt. Sie war kurzzeitg Citarristin bei ZK (Vorlauter der Toten Hosen; Anm d. Red.) und hat so ziemlich alle Klischees erfüllt, die man so haben kann, wenn es darum geht, eine Frau in der Rand zu haben: Erstens sah sie gut aus, was zur Folge hatte, dass man immer nur zu dieser Person nett war. Und dann kam sie zu spät oder überhaupt nicht zu den Proben, weil sie mal wieder gebadet hat. Irgendwann war das für uns nicht länger zu akzeptieren. Aber prinzipiell würde ich jederzeit genauso mit einer Frau im Line-up spielen, und ich denke, dass das den Toten Hosen nicht geschadet hätte. Es ist jetzt mehr oder weniger Zufall, dass wir alle Jungs sind. Ich mag Frauen im Rock’n’Roll unheimlich gerne. Eine Person wie Patti Smith ist für mich genauso ein Vorbild oder eine Kultfigur wie lggy Pop oder Joe Strummer. Da führt überhaupt kein Weg dran vorbei.

Welches Buch sollte man deiner Meinung nach gelesen haben?

Regine Ries, Düsseldorf „Wie alles anfing von Bommi Baumann. Eine gute Lektüre, um ein besseres Verständnis für die RAF und die „Bewegung 2. luni“ zu bekommen, und zu sehen, dass da nicht alle ideologisch so verhärmt waren, wie man das gemeinhin annimmt. Zur Entspannung: „Die Brautprinzessin“ von William S. Goldmann, ein wunderschönes Märchen. Lind natürlich alles von Nick Homby.

Warum beschimpft ihr auf eurem neuen Album grundlos den FC Bayern?

Leon Bergmann, Kassel Wir beschimpfen den FC Bayern. Aber definitiv nicht grundlos.

Was machst du nach dem Ende der Toten Hosen?

Kirsten Wrede, Darum Ie länger es uns gibt, desto weniger stelle ich mir die Frage, was danach kommt. Ich bin einfach mit dem Ist-Zustand zufrieden: Dass es uns noch gibt, dass wir immer noch frisch sind, und dass wir immer noch Lieder machen können, über die sich die Leute unterhalten und streiten. Letztendlich geht es darum, dass es schade wäre, wenn man soweit ins Mittelmaß abrutscht, dass man nur noch belanglose Platten veröffentlicht, die da sein könnten oder auch nicht. Das wäre das Ende für uns.

Ich träume schon immer davon, einen Song mit den Hosen einzuspielen. Würdest du diesen Spaß mitmachen?

Sabine Dittrich, Hünxe Eigentlich nicht. Du müsstest schon einen verdammt guten Song drauf haben, der richtig Spaß macht. Rein theoretisch, wenn einer eine geniale Idee hat, kann er die immer bei uns vorbeischicken. Wir sind keine eingebildeten Idioten, die meinen, niemand anderes käme auf eine gute idee. Generell würde ich aber mit niemand anderem als meiner Band ein Lied einspielen wollen .

Wir sind gerade dabei, eine junge Punkband aufzubauen. Welche Tips kannst du uns geben?

Andy Stroh wald, Frechen Es sollten zwei Gitarren und ein Bass im Line-up sein. Mein Tip an jede Band, egal ob Punk, Metal oder sonstwas: Macht Musik aus Leidenschaft, habt Freude daran, im Proberaum zu stehen und Krach zu machen, und rechnet nicht damit, dass es abgeht. Ich glaube, viel zu viele Nachwuchscombos setzen sich wahnsinnig unter Druck, weil sie meinen, sie müssen irgendwas schaffen oder erreichen. Viele zerbrechen dann daran, dass es manchmal sehr sehr lange dauert, bis man irgendwie weiterkommt. Leider passiert es aber auch sehr häufig, dass man überhaupt nicht weiterkommt. Das hat nichts mit Qualität zu tun. Ich kenne tierisch viele Gruppen, die stilistisch gesehen besser waren als wir, die genauso gut gespielt haben und genauso gute Texte hatten, und trotzdem nie bekannt geworden sind. Das hat auch viel mit Glück zu tun, und damit, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

Wird es wieder eine „Magical Mystery -Tour geben?

Katja Kelleter, Tonern a. Aber wie das so unsere Art ist, können wir das nicht an dieser Stelle bekannt geben. Man muss aber eigentlich nur Augen und Ohren offen halten und schauen, hinter welchem Namen wir uns verstecken, und schnell zuschlagen, weil diese Konzerte bekanntlich immer ziemlich schnell ausverkauft sind.

Welches ist das beste Altbier? Flasche, Fass oder Dose?

Werner Maczkowiak, Treuchtlingen Rein tradtionell finde ich, dass eine Dose immer am besten in der 1 land liegt. Auch als Wurfgeschoss ist eine Dose das überzeugendere Mittel. Ich habe immer Dosen bevorzugt.

Ihr habt so viel mit den Ärzten gemeinsam, aber es gab noch nie eine gemeinsame Tour. Gibt es noch Hoffnung auf eine Ärzte/Hosen-Show oder ist das Verhältnis zu zerrüttet?

Ben Etzbach, Aachen Das Verhältnis zu den Ärzten ist sehr sehr gut. Wir telefonieren oft und wissen genau, was die machen, und sie wissen, was wir machen. Wir erzählen uns, wann die jeweils nächste Scheibe kommt, und wir sehen uns ab und an. Es ist sehr lange her, dass wir ein beschissenes Verhältnis hatten. Seitdem hat sich das auch tierisch geändert. Ich glaube, dass die Jungs inzwischen sehr viel reifere und bessere Typen geworden sind, als sie am Anfang waren, und ich kann mir vorstellen, dass sie dasselbe von uns behaupten. Insofern liegen wir ganz gut auf einer Linie. Und so lange es beide Bands gibt, solange gibt’s auch noch Hoffnung, dass wir zusammen eine Show spielen. Die Chancen waren schon mal schlechter.

Wie ist euer Verhältnis zu BAP?

Mark Thölking, Osnabrück Ich weiss nicht, wer gerade im aktuellen Line-up von BAP ist, aber das Verhältnis zu Wolfgang Niedecken ist ein sehr nettes und entspanntes. Wir verarschen uns zwar gegenseitig in der Tradition Köln-Düsseldorf, aber kommen eigentlich ganz gut miteinander aus.

Wann erscheint die langst fällige Hommage an The Clash unter dem Motto Learning English, Lesson 2? Ich stelle mir eine Maxi-CD mit folgenden Songs vor:

1. Londong Calling (mit Joe Strummer), l.Guns OfBrixton (mit Paul Simonon), l.Should I Stay Or Should ICo (mit Mick Jones) Thomas Wyss, CH-Solothurn Vor kurzem ist ja erst eine Clash-Tribute-Platte mit Leuten wie Ice Cube oder No Doubt erschienen. Das ist immer ein zweischneidiges Schwert, weil _ man kaum besser sein kann als das Original. The Clash zu

covem ist wirklich eines der schwierigsten Dinge, die es gibt. Ich würde bei Clash im Zweifelsfall immer empfehlen, das Original zu hören. Aber wenn irgendein Originalmitglied mitmachte, würden wir jedes Lied von denen sofort spielen. Nach wie vor sind das für mich ganz klar Halbgötter.

Spielt ihr lieber in großen oder in kleinen Hallen, wo ihr mehr Kontakt zum Publikum habt?

Thomas Seifert, Lünen Ich glaube nicht, dass ein guter Abend von einer großen oder einer kleinen Halle abhängt. Wir haben auch schon in kleinen Clubs gespielt und die Konzerte waren schrecklich, weil wir einfach nicht in Form waren. Ein schlechtes Konzert wird in einer großen Halle kein bisschen besser. Es kommt darauf an, dass man in einem Hexenkessel spielt. Die „Westfalenhalle“ in Dortmund zum Beispiel ist ein Hexenkessel, obwohl das eine sehr große Halle ist. Die „Arena“ in Oberhausen hat auch so einen Hexenkessel-Charakter, obwohl da weit über 10.000 Leute reinpassen. Es gibt kleine Hallen, da passen 500 oder 1000 Leute rein, aber die haben trotzdem so einen Mehrzweckhallen-Charakter, der total scheiße ist, und wo es keinen Spaß macht, zu spielen. Oder es gibt so kleine Clubs, wo dann mitten im Raum Säulen sind und den Leuten die Sicht verdecken, das kann auch nicht Sinn der Sache sein. Meine Lieblings-Clubs sind in Frankfurt die „Batschkapp“ und in Hamburg die „Markthalle“. Das sind die beiden schönsten Venues für kleinere Bands. Große Bands wie AC/DC oder Metallica sollte man sich in der „Westfalenhalle“ oder der „Arena“ in Oberhausen ansehen.

Was bedeutet es für dich, Punk zu sein? Welche Rolle spielt Punk in eurem Leben?

Anika Thiele, Luth Wittenberg Ich definiere mich heute wirklich nicht mehr über diese vier Buchstaben. Aber alles, was ich heute bin und was wir mit den Hosen geworden sind, hat mit der Punkbewegung Ende der siebziger Jahre zu tun. Ich glaube, dass ich vieles von meinen Handlungen noch auf diese Wurzeln zurückführen kann. Nimm dir zum Beispiel die Eintrittspreise bei den Toten Hosen. Wir versuchen immer noch die billigsten in unserer Gewichtsklasse zu sein. Wir versuchen das billigste Merchandise zu haben und bei T-Shirts ein gewisses Preislimit nicht zu überschreiten. Die Vorbands, die wir mit auf Tour nehmen, mussten noch nie Geld dafür hinlegen, wie das in der Branche eigentlich üblich ist. Im Gegenteil, wir zahlen denen immer noch eine Gage, die pennen auf der Tour in denselben Hotels, die fahren mit demselben Bus und die kriegen das gleiche Essen wie wir. Das sind sicher Sachen, die aus dieser Zeit stammen. Die brauche ich aber nicht den Leuten ständig zu erklären, das ist für mich wichtig, das ich die einhalte, und ich gehe damit auch nicht hausieren. Es hat ja auch seinen Grund, warum die Toten Hosen ihre Musik noch nie für einen Werbespot zur Verfügung gestellt haben. Und seid euch sicher, die Autofirmen haben mehr als einmal angerufen.

Auf dem Tour-Poster zur „Ewig währt am Iängsten“-Tour war eine Büste von Marx und ein Zitat aus dessen „Kritik der Hegefschen Rechtsphilosophie („Opium fürs Volk“). Welchen Bezug habt ihr zu Marx?

Nicolas Passavant, CH-Basel Wir finden alle drei Marx Brothers gut.

Wann gibt es in der i. Liga wieder das Duell St. Pauli gegen Fortuna Düsseldorf?

Andreas Cörke, Breitenfelde So wie es aussieht, muss man geduldig sein. Die Fortuna hat zwar gerade sehr motivierte junge Spieler. Aber die brauchen noch ein bisschen Zeit zum Üben. Da muss man viel Geduld haben. Ich denke, wir sollten uns erstmal darauf konzentrieren, wann das Duell in der zweiten Liga wieder stattfindet. Und da denke ich, dass wir in zwei Jahren wieder soweit sind. Wer weiß, ob es eine erste Liga dann überhaupt noch gibt und die Bayern mit ein paar anderen reichen Clubs nicht schon längst in der Euroliga versanden und St. Pauli und Düsseldorf sowieso auf einer ganz anderen Ebene kicken.

Warum habt ihr diese Weihnachtsplatte aufgenommen?

Holger Oschewski, Münster Es gab mehrere Gründe. Zum einen haben wir die traditionellen Weihnachtskonzerte in Düsseldorf immer sehr genossen, zum anderen brauchten wir mal eine gedankliche Erholung. Für uns war die Platte immer nur als kompletter Joke gemeint, wir waren persönlich ein bisschen erstaunt, dass so viele Leute da so viel reininterpretiert und gefragt haben, ‚was wollen die uns jetzt damit sagen?‘ Es sollte wirklich nur der Beweis sein, dass man Weihnachten nicht nur besinnlich angehen muss, sondern auch mal eine gute Fete machen kann – so ähnlich wie eine Silvester-Feier. Das war jetzt keine revolutionäre Scheibe und für keinen von uns die wichtigste Platte, die wir je gemacht haben, sondern einfach nur ein )oke. Nicht mehr und nicht weniger.

Wenn ihr einen neuen Song schreibt, steht erst die Musik oder erst der Text?

Michael Müller, Bremen Meistens ist zuerst die Musik da. Ich nehme mir dann die Tapes mit nach Hause und schreibe die Texte.

Wurdest du es trotz des tragischen Vorfalls mit dem Mädchen nochmal wagen, ein Open Air-Konzert zu geben?

Melanie Preis, Clottertal Ich würde das auf jeden Fall tun. Meiner Meinung nach hat der Tod dieses Mädchens nicht unmittelbar etwas damit zu tun, dass es ein großes Konzert war. So ein Unglück kann auch in kleinen Clubs passieren, wenn jemand auf einer Bierlache ausrutscht und unglücklich auf den Kopf fällt. Bei jeder großen Veranstaltung bleibt ein Restrisiko, man kann sowas nie ganz ausschließen. Entscheidend ist, dass man alles versucht, um die Risiken so gering wie möglich zu halten. Wichtig ist für uns auch, dass wir trotz dieses schlimmen Erlebnisses nicht anfangen, die Leute wie auf dem Rindermarkt mit Gittern einzusperren oder anfangen, in bestuhlten Hallen zu spielen. Dann gibt es keinen Grund mehr, warum man die Hosen sehen sollte. Das ist doch die beste Qualität, die wir haben – die Leute zum Schwitzen und zum Tanzen bringen.

Tröstet dich der Gedanke der Zusammengehörigkeit von Leben und Tod über die eigene Angst vor dem Tod hinweg?

Monika Wehner, Friedrichsdorf Ja, das tut er in manchen Fällen. Aber wie bei jedem anderen auch, wechselt meine Angst vor dem Tod von Phase zu Phase. Es gibt Momente, da wäre es mir scheißegal, wenn ich abtreten müsste. Und in anderen Momenten denke ich mir, ich würde gerne nochmal dieses und jenes mitkriegen.