Christina


Christina Monet, studierte Bühnenschauspielerin und lebendige Exzentrikerin, wurde einst als Sängerin mit „Penthouse“-Chic von Papa-Tropical August Darnell (alias Kid Creole) verführt. Der präsentierte und produzierte sie als reiches Püppchen in Lippenstift, Puder und Südsee-Rhythmik. CHRISTINA, die von August entworfene Debüt-LP, erschien vor vier Jahren auf dem New Yorker Qualitäts-Label ZE, dessen Boß Michael Zilkha auch privat die Freundschaft mit der Puppe in Dessous teilte. Nicht-Sängerin Christina surrte hier Darnell-Kompositionen („Jungle Love“, „Blame It On Disco“), die vom Glatzkopf-Akrobaten SugarCoati Mundi dirigiert wurden.

Einlaß in die Szene-Tanzpaläste New Yorks (und auch Anerkennung bei den Kritikern) fand Christina jedoch mit der aufregenden Maxi-Single „Is That All There Is“, eine Hymne auf die Verwesung der glitzernden Disco-Welt. Das Stück stammt übrigens aus der Feder des Autorenduos Leiber/Stoller und war schon Jahre zuvor mit Peggy Lee ein Hit.

Auf Betreiben des Herrn Stoller, der mit Christinas textlichen Abwandlungen des Originals nicht einverstanden war (Christina hatte die kindliche Zirkuswelt von Leiber/Stoller ins Nachtclub-Milieu verlegt), mußte der Song jedoch wieder eingezogen werden.

Dann kam die Wende/der Bruch. Christina stieß Bettdecke und Seidenwäsche beiseite, verließ die Metropole New York und begab sich nach Detroit, wo sie die Gebrüder David und Don Was („Was Not Was“) mit heulenden Gitarren und weißem Pop-Blues empfingen. Sie präsentiert sich nun als königliche Dame mit Akademiker-Flair, sie ist weiser und trauriger geworden und beleuchtet in ihren Texten das sexuelle Machtspiel einer neurotischen Schickeria-Klasse. Und: Sie singt heute besser, weil sie sich mit der Atmosphäre der Songs identifizieren kann. SLEEP IT OFF heißt ihre erstaunliche Selbstbesinnungs-LP, produziert von WAS NOT WAS. Das Plattencover gestaltete Jean-Paul Goude, der Mann, der bereits schon Grace Jones ins langgestreckte Zerrbild setzte.

Christina selbst bezeichnet SLEEP IT OFF als ihr erstes Album und kommentiert damit zugleich die für sie enttäuschende Zusammenarbeit mit Darnell auf dem Disco-Boden. Sie hat sich darüber hinweggeschlafen.