Das Bildnis des Steve Strange


Das nachfolgend abgedruckte Gespräch zwischen Gabriele Meierding und Steve Strange ist kein Aprilscherz (nein, wirklich nicht!), sondern die authentische Wiedergabe eines Interviews.

G.M.: Stehst du auf Oscar Wilde?

S.S.: Ah, ich weiß, warum du mich das /ragst, komisch, aber ich lese keine Bücher. Ich habe nicht die Zeit dazu, weil ich ziemlich damit ausgelastet bin, meine Clubs am Laufen zu halten. Ich gehe eher ins Kino, aber ich habe leider nicht so oft Gelegenheit dazu.

G.M.: Hast du in deine Musik viel „Kopf“ investiert?

S.S.: Ja, und zwar so stark, daß ich jetzt erst einmal hier raus muß. Ich hatte so wahnsinnig viel zu tun. Ich fange in wenigen Wochen mit dem neuen Album an und ich habe erst fünf Songs. Ich war in Holland, in Deutschland, in Paris… ich habe einen dermaßen dicken Kopf, daß überhaupt keine Ideen mehrdurchdringen. Ich muß mich unbedingt mal zurückziehen.

G. M.: Hast du irgendein intellektuelles Interesse an deiner Musik?

S.S.: Was meinst du, instrumental?

G. M.: Nein, nimm die Texte zum Beispiel.

S.S.: Oh nein, ich schreibe normalerweise Texte, wenn mich irgendetwas beeinflußt hat. Ich bin von mir selbst beeinflußt, wenn ich Songs schreibe. Ich schaue für meine Texte nicht in Bücher. Ich ziehe keine Bücher von Oscar Wilde heran, .Das Bildnis des Dorian Gray“ oder so. Ich ziehe die Inspiration aus dem Moment. Ich habe eine Idee und schreibe um sie herum den Song.

G. M.: Aber es sind keine intellektuellen Ideen…?

S.S.: Ich finde, sie sind von europäischen Ländern genauso beeinflußt wie von dem, was hier um mich herum geschieht, deshalb glaube ich schon, daß sie irgendwie intellektuell sind. Jedenfalls eher, als wenn ich irgendein Buch lese und die Ideen von irgendjemand anderem kopiere.

G.M.: Adam Ant hat eine neue Art von Trivialismus entdeckt. Abenteurer, Piraten…

S. S.: Er ist sehr gut, ich mag seine Musik.

G. M.: Eure Kostümierung ist ähnlich, aber eure Musik unterscheidet sich völlig.

S.S.: Ich finde, daß ich nicht wie Adam aussehe und daß Adam nicht wie ich aussieht.

G.M.: Ihr ähnelt euch immerhin in dem Sinne, daß eure Aufmachung beide Male ein Schritt in die Vergangenheit ist.

S. S.: Es ist ein Schritt in die Vergangenheit und ein Schritt in die Zukunft. Zur Zeit herrscht eben ein sehr romantisches Feeling. Die Kleidung vermittelt dies. Wir mögen vielleicht ähnlich aussehen, aber wir prägen unsere Erscheinung jeder auf evtl. seine eigene Art. Ich glaube, daß A dam zum Beispiel nie diesen Schmuck tragen würde. (Klimpert mit seinen unzähligen Armreifen)

G.M.: Adam hat eine neue Art von Heldengestalt wiederentdeckt…

S. S.: Ich glaube nicht an Leute, die wie ich aussehen…

G. M.: Das meine ich nicht. Ich spreche davon, daß Adam eine neue Form entdeckt hat, wieder mit Heldenfiguren zu arbeiten.

S. S.: Ja, aber seine Musik ist sowieso anders als die von Visage. Er hat seine Art gefunden, und ich hoffe, daß wir unseren Stil gefunden haben. Wenn alle gleich klingen würden, wäre es doch schnell langweilig. .

G. M.: Ist es nicht so, daß die Visage-Romantik neu ist und Adams alt? S. S.: Erdrückt sich auf seine Art aus und ich auf meine.

G.M.: Ich spreche vom Sound, weil Antmusic im Gegensatz zu eurem elektronischen Konzept eben eher altmodisch ist.

S. S.: Oh, nein, ich mag seine Musik.

G. M.: Ja, ich auch, aber dein Sound ist doch offensichtlich eher in der Zukunft angesiedelt als seiner.

S.S.: Ich glaube nicht, daß er darauf aus war, eine elektronische Band zu haben. Wir sind aber genauso eine Tanzband.

G.M.: Aber im Gegensatz zu euch will er Live-Action.

S. S.: Darauf kann ich nicht antworten, weil ich seine Reviews sowieso nicht lese, ich bin hier, um über mich zu sprechen und nicht über Adam.