Der Streit ums Erbe – Gibt es demnächst zwei „Querelle“-Verfilmungen?


Am 17. September kommt Rainer Werner Fassbinders Jean-Genet-Verfilmung "Querelle" als filmischer Nachlaß ins Kino. Kein unumstrittener Abschied vom Film, wie Ihr hier erfahren könnt.

Am 17. September kommt Rainer Werner Fassbinders Jean-Genet-Verfilmung „Querelle“ als filmischer Nachlaß ins Kino. Kein unumstrittener Abschied vom Film, wie Ihr hier erfahren könnt. WK>chenlang reiste der deutsche Filmregisseur Werner Schroeter durch alle Hafenstädte des Kontinents, hielt unter Hamburger Matrosen und Strichjungen Ausschau nach .seinem“ Querelle und suchte in italienischen Haienstädtchen die Szenerie des Dock-Milieus von Brest. Zwar wurde der Filmemacher fündig, doch sollte alles anders kommen. Zuerst lehnte die um die Moral der Kinogänger besorgte Filmförderungsanstalt einen Antrag Schroeters auf Projektförderung ab. Dann bekam der Produzent angesichts der ersten Schnittmuster eines in der Produktion befindlichen, avantgardistischen Schroeter-Films kalte Füße und stoppte das Projekt. Freunde des Regisseurs – kürzlich waren Schroeters Spielfilme .Neapolitanische Geschwister“ und .Palermo oder Wolfsburg* im Fernsehen – sprachen von einem handfesten Skandal und bösen Intrigen des .Querelle“ -Produzenten. Lachender Dritter in der Auseinandersetzung war Deutschlands Schnellfilmer Rainer Werner Fassbinder. Ihm traute man zu, eine flinke, preiswerte und marktgerechte Verfilmung des ebenso berühmten wie umstrittenen Buches von Jean Genet zustande zu bringen. Wenn nicht alles täuscht, kann der Produzent zufrieden sein. Mit einem Budget von 4 Millionen Mark (dessen Großteil vermutlich die Stars Brad Davis, Franco Nero, Jeanne Moreau und der berühmte Filmarchitekt Rolf Zehetbauer kassierten) und einer Förderungshilfe der FFA von 350.000 DM ist – im Gegensatz zu den Plänen Schroeters – inzwischen eine Studio-Produktion in englischer Sprache, 35 mm, Farbe und CinemaScope entstanden. Die Entscheidung, ausschließlich im Studio zu arbeiten, fiel Regisseur Fassbinder offenbar leicht. .Logisch, weil es ein Roman ist, der überhaupt nicht in wirklichen Räumen spielt, der eigentlich in zwei, drei Köpfen vor sich geht. „Das Drehbuch zu diesem, seinem 41. Film, schrieb Rainer Werner Fassbinder ohne fremde Hilfe. Die Story selbst ist für den Regisseur “ e;ne wenig interessante Kriminalgeschichte“. Sie handelt von dem Matrosen Querelle – dargestellt von Hollywoods neuem Superstar Brad Davis („12 Uhr nachts“) -, einemDieb, Opiumschieber und Mörder .von faszinierender Schönheit“, dem die Menschen auf Anhieb verfallen; so sein Vorgesetzter, der Schiffsleutnant Seblon (Nero) und die Bordellbesitzerin Lysiane (Moreau). Querelle aber liebt vor allem sich selbst – für die anderen kann seine Nähe tödlich sein. Fassbinder:, Was sich lohnt, ist die Auseinandersetzung mit einer außergewöhnlichen Fantasie, die eine auf den ersten Blick fremdartige Welt entstehen läßt, eine Welt, in der eigene Gesetze zu gelten scheinen.“ Klar, sowohl Fassbinder als auch Schroeter faszinierte die amoralische Welt des Schriftstellers Jean Genet, die auf die Vernichtung der Fesseln bürgerlicher Konventionen zielt. Fassbinders .Querelle“ wird im nächsten Monat ins Kino kommen. Der Schroeter-Produzent hat dann nocheinenProzeßzu führen: Werner Schroeter klagt um seine Gage und um die Erfüllung seines Vertrages, der ihm unmißverständlich die Regie eines Films mit dem Titel .Querelle“ zusichert. Sollten die Herren Richter für Schroeter entscheiden, könnte es bald zu einer Neuverfilmung kommen.