Die wichtigsten Debütalben des Jahres 1966


Mit Small Faces, The Mamas & The Papas und Buffalo Springfield veröffentlichten 1966 drei der wichtigsten Bands der 60er-Jahre ihre ersten Alben – und beeinflussten den Sound der Folgezeit maßgeblich. Andere Debüts wie die von The Music Machine oder The Monks werden bis heute als Geheimtipps weitergereicht.

Frank-Zappa-Mothers-Of-Invention-Freak-Out-album-coverThe Mothers Of Invention – FREAK OUT!

Es lässt heute schlecht ermessen, mit welcher Wucht dieser Brocken von Album – eines der ersten Doppelalben der Musikgeschichte – in die Popwelt des Jahres 1966 eingeschlagen sein muss. Pop stand kurz vor seiner künstlerischen Emanzipation, das nächste große Ding würde Psychedelia sein. Aber was sollte das? Frank Zappa und die Ur-Mothers-Of-Invention Jimmy Carl Black, Ray Collins, Roy Estrada und Elliot Ingber waren für Teen-Idole viel zu alt und viel zu hässlich. Mit zahlreichen „Hilfskräften“, darunter Kim Fowley, Les McCann, Dr. John und Paul Butterfield, schufen sie eine ungehörte Mischung aus Doo-Wop-Schnulzen, Blues(-Rock), Orchestermusik, Comedy Music, Musique concrète und Soundcollagen. FREAK OUT! mit Zappas immer noch gültigen Einlassungen über den Zustand der Popkultur und der Vereinigten Staaten von Amerika verfügte über die etwas andere Art des Protestsongs: Gesellschaftskritik und politische Aussagen ohne erhobenen Zeigefinger, sondern mit Satire und Humor vorgetragen. Hier ist alles angelegt, was Zappa auf Dutzenden Alben mit Hunderten von Musikern in den nächsten Jahrzehnten machen würde. Albert Koch

the-psychedelic-sounds-of-the-13th-floor-elevatorsThe 13th Floor Elevators – THE PSYCHEDELIC SOUNDS OF THE 13TH FLOOR ELEVATORS

Das kann ihnen keiner mehr nehmen: The 13th Floor Elevators sind in die Kulturgeschichte eingegangen als erste Band, die das Wort „psychedelisch“ in Zusammenhang mit Musik gesetzt hat. Das war auf dem Backcover ihres Debütalbums THE PSYCHEDELIC SOUNDS OF THE 13TH FLOOR ELEVATORS. Sänger und Gitarrist Roky Erickson war ein maßloser Drogenfresser (Marihuana, Meskalin, LSD), der seine psychedelische Lebensweise später durch eine diagnostizierte Schizophrenie, diverse Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken und Behandlungen mit Elektroschocks und Psychopharmaka offiziell belegte. Die Band aus Austin, Texas, spielte auf ihrem Debüt einen folkigbluesigen Garagenrock, der mit Hall und Echo und diversen sonischen Extravaganzen psychedelisch aufgeladen wurde. Tommy Halls elektrisch verstärkter Jug sorgte für den vibrierenden Sound, Ericksons exaltiert kreischende Stimme für das bestimmte Wiedererkennungsmoment. Danach wollten dann alle anderen auch „psychedelisch“ sein. Albert Koch

The Incredible String Band – The Incredible String BandThe Incredible String Band – THE INCREDIBLE STRING BAND

Es war die Sehnsucht nach Authentizität, die in den 60er-Jahren das Folk-Revival beiderseits des Atlantiks verursachte und traditionelle Musik zu einem Sprachrohr der Gegenkultur werden ließ. In Großbritannien ganz vorne dabei: The Incredible String Band aus Schottland, die im Juni 1966 ihr Debütalbum THE INCREDIBLE STRING BAND in der Besetzung Clive Palmer, Robin Williamson und Mike Heron einspielte. Produzent war der legendäre Joe Boyd, der später mit Pink Floyd, Nick Drake, Vashti Bunyan und vielen anderen zusammenarbeiten würde. Im simplen, minimalistischen und teilweise ungewöhnlich strukturierten und instrumentierten Folk der Incredible String Band mit den akustischen Gitarren, Banjo, Mandoline, Geige, Tin Whistle und Kazoo waren die psychedelischen, avantgardistischen Abenteuer, die die Band und vor allem Robin Williamson als Solokünstler in späteren Jahren in Angriff nehmen sollten, schon zu erahnen. Ein ungewöhnliches Folk-Album, das durch seine mystische Aura Jahrzehnte später dem Freak-Folk als Grundlage für mannigfaltige Variationen diente. Albert Koch

tim-buckleyTim Buckley – TIM BUCKLEY

Tim Buckley selbst, so erzählt man sich, sei nie Fan seiner eigenen Platten gewesen. Als „Disneyland“ soll er das Prinzip, seine künstlerische Persona in 40 Minuten Vinyl zu komprimieren, einmal bezeichnet haben. Hört man das Debüt des in Washington geborenen und in Kalifornien aufgewachsenen Songwriters, möchte man widersprechen. Buckley verbindet auf dem in zwei Tagen aufgenommenen Album durchaus traditionalistisches Songwriting und einen musikalischen Narrativ, der durch und durch kalifornisch ist und auf einer interessanten Besetzung fußt: Wir hören Lee Underwoods charakteristisches Gitarrenpicking, Bill Mundi (Mothers Of Invention) an den Drums, Van Dyke Parks an den Tasten und Streicherarrangements von Jack Nitzsche, die Produktion übernahmen Paul Rothchild und Bruce Botnick. Große Namen, die keinen Effekt auf den Abverkauf der Platte hatten: Sie schaffte es nicht einmal in die Billboard Top 200. Positiver: Im November 1966 wurde Buckley Vater eines Sohnes. Aber das ist eine andere Geschichte. Jochen Overbeck

The Monkees – The MonkeesThe Monkees – THE MONKEES

„We’re the young generation and we got something to say“: Sooo viel mehr als „Hey, hey, we’re The Monkees“ hatten Peter Tork, Micky Dolenz, Davy Jones und Michael Nesmith auf ihrem ersten, keine halbe Stunde langen Album zwar nicht zu sagen. Aber erstens wurden schon weitaus dümmere Sachen gesagt und zweitens stand die Botschaft hier im Vortrag. Die zwölf unbeschwerten, erstaunlich oft psychedelische Elemente aufgreifenden Rocker untermalten das Leben von Millionen Schulkindern, deren Eltern noch ohne Popkultur aufwachsen mussten. Ganze zwei der Stücke wurden von Nesmith zumindest mit geschrieben; und auch nur auf denen durfte wenigstens ein Monkee ein Instrument bedienen – fast das ganze Album wurde von Sessionmusikern eingespielt, die auch den größten Teil der Backing-Vocals übernahmen. Als erstes von vier aufeinanderfolgenden Nr.-1-Alben der Monkees in den USA wurde es erst nach 13 Wochen von der zweiten Platte der Band entthront. Besonderes Augenmerk verdient neben dem „Paperback Writer“-artigen Klassiker „Last Train To Clarksville“ der alberne, unter viel Gelächter eingesungene Closer „Gonna Buy Me A Dog“ mit Textzeilen wie: „If I was looking for a word to describe what I‘m gonna buy I think ‚dog’ would be the word.“ Stephan Rehm