Dover Barcelona, Razzmatazz


Vorbildlich: Bei den Ibero-Rockern ist der Kunde Konig.

Warten nervt in Spanien weit weniger als anderswo. Die Schlange vor dem Razzmatazz etwa bietet eine prima Gelegenheit, neueste Geschichten auszutauschen, hemmungslos zu flirten und noch schnell einen Joint durchzuziehen. Erstaunlich viele sehr junge Menschen erwerben ein Ticket. Eigentlich müssten sie mindestens 18 Jahre alt sein, um in einen Club zu gelangen, der Alkohol ausschenkt, doch das scheint hier niemanden zu interessieren. So drängeln sich reihenweise Milchgesichter vor der Rampe, als Dover gegen 23 Uhr loslegen. Spaniens Rockband Nummer eins könnte leicht größere Läden füllen, doch „jetzt ist der richtige Zeitpunkt, wieder in Clubs zu spielen“, befand Frontfrau Cristina Llanos zuvor im Interview.

Den kleinen Rahmen nutzt das Quartett, um vorwiegend neues Material vorzustellen und spielt zehn von elf Songs des neuen Albums the Flame. Allesamt sind sie nicht länger als zweieinhalb Minuten und besitzen diese euphorischen Refrains, die niemanden im Saal kalt lassen. Songs wie das beatles-esque „27 Years“ und das hübsch melodramatische „Die For Rock’nRoll“ erreichen ohne Umwege Bauch und Herz der begeistert mitgrölenden Fanschar. Das liegt zum gröfiten Teil an Cristina. Die 28jährige verfügt über eine Stimme, in der sich Schwermut und Aggression paaren, die mit ihrer aufflammenden Leidenschaft Eisberge zum Schmelzen bringt. Zur Rechten steht ihr die ältere Schwester Amparo und legt die zündenden Gitarrenriffs unter Cristinas Röhre. Im Rücken haben die Mädels das Rhythmus-Duo Alvaro Diez IBass] und Jesus Antünez (Drumsl, dessen gradlinige Grooves seine Punk-Wurzeln zu keiner Sekunde verleugnet. Dover sind eine Band, die ihre Fans verwöhnt. Alle paar Songs schreien verschwitzte Pickelgesichter im Publikum. .Agua! Dann verfällt die dreiköpfige Security vor der Bühne in Hektik. Eilig greifen die Männer zu kleinen Wasserflaschen, die sich kistenweise im Fotograben stapeln, um sie den Durstigen in die Hand zu drücken. Zwischen den nagelneuen Liedern erschallen natürlich auch in Spanien längst Platin-veredelte Hits wie „DJ“, „Devil Came To Me“ und „Cherry Lee“. Letzteres bildet das Finale, zu dem es silberne Ballons von der Hallendecke schneit. Während der Knallgeräusche platzender Luftballons gehen die Vier von der Bühne, getan ist ihr Job damit aber noch lange nicht. Nach kurzer Verschnaufpause kehren die Madrilenen zu ihren Fans zurück, um Hände zu schütteln und Schwätzchen zu halten. Publikumsliebling Amparo ist besonders gefragt, die blonde Gitarristin bleibt so lange, bis auch der Letzte sein Autogramm bekommen hat. Bei Dover ist der Kunde König.