Edle Töne und viel PS


Zunächst muß die Olympia-Musik für Seoul geschrieben werden. Danach wird A-ha produziert. Dann liegen da noch vier filmreife Drehbücher. Und in Italien bastelt Giorgio Moroder an einem Sportwagen, der die Auto-Industrie revolutionieren soll. Jürgen Kalwa traf einen vielbeschäftigten Mann.

So präzise seine Pläne, so ehrgeizig seine unternehmerischen Ziele — so unartikuliert ist der 47jährige Moroder, wenn es darum geht, das Geheimnis seines Erfolges zu erklären. „Ich weiß auch nicht“, sagt er achselzuckend, „aber ich habe wohl eine gute Nase.“

Tatsache ist, daß der bescheidene Südtiroler alles in Gold verwandelt, was er auch anfaßt — Menschen eingeschlossen. Sein Studio ist eine Art Ausbildungswerkstatt für Produzenten. Wenn er nicht gerade einen Keith Forsey oder Harold Faltermeyer an der Drehbank hat, dann erhält eben sein Automechaniker die große Chance: Tom Whitlock pflegt jetzt die eigenen Schlitten, die er sich mit „Take My Breath Awav“ und „Danger Zone“ erschneben hat. Moroder, der das schlummernde Talent entdeckte, sucht nun händeringend einen neuen Mechaniker.

Drei Jahre seines Lebens — „eigentlich etwas zu lang“— hat er damit zugebracht, einen Stummfilm zu rekonstruieren. Der Streifen, sein „Metropolis“, lief — wenn auch mit unterschiedlichem Echo — rund um den Globus. Vier filmreife Drehbücher liegen nun in seiner Schublade,— der Produzent steht auch schon fest: Giorgio Moroder. Worum es sich handelt, will er noch nicht verraten.

„Sonst schnappt mir ein anderer die Idee noch weg. “ Nur soviel weiß er: „Das Filmgeschäft ist schwieriger als das Musik-Business. Es ist nicht leicht, als Filmproduzent die kreative Kontrolle zu behalten.“

Drei Oscars hat er gewonnen „Midnight Express“, „Flashdance“ und „Top Gun“). Natürlich peilt er den vierten an. denn dann hätte er Platz 2 in der ewigen Komponisten-Liga — Gleichstand mit Henry Mancini. (Platz 1 belegt ein Amerikaner namens Newman, der in den 30er und 40er Jahren acht Statuen einheimste. Doch der schrieb immerhin 200 Soundtracks, während Moroder erst 12 auf seinem Konto hat.) Als Songschreiber und Produzent kann er nur einen Bruchteil der Aufträge annehmen, die an ihn herangetragen werden. Kenny Loggins stapelt gerade mit „Meet Me Half Way“ eine weitere Million auf die fast 100 Millionen Schallplatten mit Moroder-Songs. Noch im September wird er Brigitte Nielsen, der Ex-Frau von Sylvester Stallone, musikalisch die Steigbügel halten: danach erwartet er A-ha und seine Neuentdeckung, die Gruppe „Big Trouble“. Er wird die Olympischen Spiele in Seoul 1988 ebenso mit Musik versorgen, wie er es schon 1984 in Los Angeles mit „Reach Out“ getan hat.

Giorgio Moroder und sein Verhältnis zur Musik , das ist in einem faszinierenden Augenblick schon mal festgehalten worden: in einem Gespräch zwischen Paul Schrader. dem Regisseur von „Cat People“, und Moroder, der die Musik dazu schrieb. Schrader schwadronierte langatmig über das Phänomen Discomusik: „Deutsche Kids spielen mit Maschinen — und afrikanische Frauen marschieren dazu im Takt von Nazi-Stiefeln.“

Und was sagte Moroder dazu, einer der Hauptverantwortlichen für die Discomusik der späten 70er? „Ich würde das nicht ganz so tiefschürfend sehen.“

Weitaus ernsthafter wird er, wenn es um sein Auto, den „Cizeta Moroder“, geht. Die besten Konstrukteure von Ferrari und Lamborghini hat er eingekauft, um im italienischen Modena einen neuartigen Sportwagen bauen zu lassen. Geheimhaltung ist alles, nur soviel läßt er sich entlocken, „daß es einen völlig neuen Motor mit circa 500 PS geben wird“. Wie er das risikoreiche Projekt in seinen prallen Terminkalender einbauen wird, weiß er selbst auch nicht. Aber er wird es schon packen.

Er wird auch irgendwann einmal eine Pause einlegen und sich dann von der Lust auf Arbeit wieder einholen lassen. Wie sagte er noch? „Eines stört mich: Wenn andere Erfolg haben und ich nicht.“