Eric Clapton – Special Story


Seit 20 Jahren steht er auf der Bühne. Und wenn er in hiesigen Landen auf Tournee geht, werden ihn - mit ein bißchen Glück - vier Generationen von Rockfans erleben: Beat-Veteranen, Woodstock-Überlebende, Post-Punker und natürlich 83er Neuzugänge. Vorab hat Clapton mit dem Album Money and Cigarettes schonmal signalisiert, dass man altern kann ohne gleich zu verkalken - jedenfalls hört man hier den schnellsten Clapton seit Jahren. Und dass will was heißen...

Zwei Etiketten erhielt Clapton während seiner Karriere: An dem einen, „Clapton is God“, wäre er fast zerbrochen; an dem anderen kann er sich noch heute erfreuen: „Slowhand“ nannte man ihn nachweislich schon 1964 liebevoll; gemeint ist damit des Gitarristen Art, langsam und gedehnt die Saiten zu zupfen und hiermit alle jene Kollegen ins Abseits zu weisen, die 100 Töne in 10,0 Sekunden als ein zwangsläufig gutes Solo mißverstehen.

Wenn’s denn erlaubt ist, eine an sich abgegriffene Formel zu benutzen, so darf man Clapton feelmg bescheinigen. Gefühl für die diversen Möglichkeiten der Elektrogitane; Gefühl für musikalische Selbstbeschränkung und Abkehr von modischem Firlefanz; vor allem jedoch Gefühl für den Blues, dessen bekanntester und wohl auch wichtigster Vertreter unter den weißen Musikern seit Jahren Slowhand ist.

Anläßlich seines ersten Solo-Albums hat Clapton programmatisch umrissen: I’m gonna keep on rocking no matter if it’s fast or slow, ain’t gonna stop until the twenty-fifth hour, ‚cos now I’m living on blues power“. Für seine Hingabe zum Blues hat der Gitarrist schon frühzeitig und freiwillig Karriere-Knick und Geldeinbußen in Kauf genommen.

Das Schöne an Claptons Geschichte ist, daß man sie als einen der ganz raren roten Fäden der Rockhistorie spannen kann – die meisten anderen Berühmtheiten begannen entweder später oder …starben früher.

Zudem läßt sich bei Clapton das eine oder andere Rock-Klischee wunderbar widerlegen. So beispielsweise das Klischee vom Künstler, der schon in der Wiege von der Muse nachhaltig geküßt worden sei.

Clapton kaufte sich erst im Alter von Sechzehn seine erste Gitarre (also nicht diese vom-Papa-zu-Weihnachten-geschenkt-Geschichte) und spielte zunächst so mäßig wie halt alle Anfänger. Rhythmus-Griffe erschienen ihm als Greuel, was er nach eigenem Eingeständnis noch jahrelang mitschleppte. Schon eher zupfte er erfolgreich die Soli nach, die er sich aus etlichen schwarzen Rhythm’n’Blues-Platten heraushörte. Der R’n’B verursachte denn auch den ersten Karriere-Knick.

Anfangs nämlich studierte der am 3.3.1945 in Ripley/Surrey geborene Eric an der Kingston Art School ,Glasmalerei und Design‘ – ein respektabler Schritt also für einen unehelich Geborenen (was damals noch als arges Manko zählte), der bei den Großeltern aufwuchs. Aber: ,Die meiste Zeit hab‘ ich bloß Platten gespielt und hing bereits mittags betrunken in Kneipen herum. Ich verursachte wohl einen ,unerwünschten Einfluß‘ auf die anderen Studenten“. Die Kingston Art School reagierte harsch und feuerte den Studiosus Clapton.

Der wiederum widmete sich nun endgültig dem Rhythm’n‘ Blues und schloß sich der Band The Roosters an, bei der kurz vorher der Sänger Paul Jones und der Gitarrist Brian Jones den Dienst quittiert hatten, um Größeres anzuvisieren…

Mit dem Roosters-Bassisten Tom McGuinness (wie Paul Jones später bei Manfred Mann) verstand sich Clapton recht gut, mit den übrigen Musikern nicht so – jedenfalls versuchte das Quintett sein Glück im Kreis solcher Clubs wie Marquee, Ricky Tik, Klook’s Kleek oder Flamingo mit deftigem R & B.

Dabei lernte Clapton von gütigen Freunden auch Grundsätzliches. Als er den Mentor der Szene, Alexis Korner fragte, welche Saiten er denn am besten aufspannen sollte, antwortete Korner: „Ich nehme stets die teuersten, die ich bekommen kann, je nach dem, wieviel Geld ich gerade in der Tasche habe…:

Was selten viel war, denn die Roosters wurden mit ungefähr 200 DM pro Abend für die gesamte Band (!) entlohnt.

Andererseits mußte man wohl solche Mühsal auf sich nehmen, wollte man im brodelnden London um 1963/64 herum nach oben kommen. Junge Wilde zettelten mit ,Neger-Musik‘ den Angriff auf die verschmusten Hitparaden an; Namen wie Jack Bruce, Mick Jagger, Charlie Watts, Georgie Farne, Dick Heckstall-Smith, Ginger Baker, Manfred Mann wurden erstmals buchstabiert.

Über allem agierte Alexis Korner als selbstloser Vater, der auch schon mal einem älteren Musiker Engagementsverschaffte: John Mayall zählte immerhin bereits 30 Jahre, als er von Korner nach London geholt wurde. Zum Dank dafür klaute Mayall später Korner’s Titel: Father of British Blues.

Unsere Roosters McGuinness und Clapton hatten unterdes die Band gewechselt und waren zu Casey Jones & The Engineers gelangt. Jones markierte den großen Rabauken, was wohl sein limitiertes Gesangsvermögen überdecken sollte, und landete 1965 als Casey Jones & The Governors mit „Don’t Ha Ha“ einen Hit in Deutschland. Aber da hatte Eric längst das Weite gesucht und bei den Yardbirds gefunden. Manches in der Rückerinnerung auf die sechziger Jahre ist gewiß verklärte, also beschönigende Nostalgie – anläßlich Cream wird davon noch zu reden sein. Ganz sicher aber waren die Yardbirds die fähigste, technisch versierteste Band der Zeit um 1964/65. Und dies nicht zuletzt dank Eric Clapton.

Das Quintett hieß einst Metropolis Blues Quartett und durfte den US-Blueser Sonny Boy Williamson sogar live begleiten. In der Besetzung Keith Reif (voc, harm), Jim McCarry (dr), Chris Dreja (rg), Paul Samwell-Smith (bg) und Anthony Topham (g) boten die Yardbirds die britische Ausgabe von Muddy Waters und Howlin‘ Wolf in Reinkultur – sehr zur Freude von Eric Clapton, der sich die Yardbirds-Auftritte im Crawdaddy Club selten entgehen ließ.

Und als dann die Yardbirds mit ihrem Gitarristen Top Topham unzufrieden geworden waren, erinnerte sich die Band an jenen jungen Mann, der stets wie aus dem Ei gepellt gekleidet war und einst, in einem Anfall von Arroganz, Paul Samwell-Smith geraten hatte, nie wieder Gitarre zu spielen. Eric ,Slowhand‘ Clapton wurde der neue Yardbirds-Gitarrist, der zwar von Harmonielehre wenig hielt, aber weit und breit die besten Soli zupfte.

Dieses Image wußte Manager Giorgio] Gomelsky geschickt aufzupolieren, zumal er mit Wut im Bauch agierte: Andrew Loog Oldham, ein Kollege, hatte ihm gerade das Management der Rolling Stones weggeschnappt und diese Band dann auch noch mittels einer Beatles-Komposition in die Hitlisten gehievt: „I Wanna Be Your Man“.

Doch die Yardbirds litten unter einigen Nachteilen. Sänger Keith Reif besaß weniger Charisma als Mick Jagger; zudem spielte die Band Songs, die locker die Fünf-Minuten-Grenze überschritten (durchaus gängiger Standart seinerzeit: 1.58 min.) und sie somit für Insider und Intelligenzler attraktiv erscheinen ließ – womit das Hitparaden-entscheidende Gros des Publikums ausgeschlossen war.

Und als die Yardbirds dann die entscheidende Wende vollzogen und mit „For Your Love“ ihren ersten (und natürlich fantastischen) Hit produzierten, gewannen sie breite Anerkennung und verloren ihren Gitarristen. Der Blues war in „For Your Love“ allenfalls noch in der Auslaufrille erkennbar, weshalb Eric Clapton den nächsten Karriere-Knick durchführte: „For Your Love“ sei zu kommerziell, deshalb steige er aus…

In der Folge erlebten die Yardbirds mit Ersatzmann Jeff Beck ihre kreativste und erfolgreichste Phase, gekennzeichnet durch Hits wie „Evil Hearted You“, „Still I’m Sad“, „Heart Füll Of Soul“, „Shapes Of Things“ und „Over Under Sideways Down“ sowie einem denkwürdigen Album betitelt THE YARDBIRDS.

Der Nachfolger von Jeff Beck hieß Jimmy Page, leitete (allerdings schuldlos) den Niedergang der Band ein, um sie dann 1968 unter dem neuen Namen Led Zeppelin wieder auferstehen zu lassen. Letzteres kann jedoch nicht verwischen, daß die Yardbirds mit Clapton ihre originellste Phase sahen, optimal in der Live-LP FIVE LIVE YARDBIRDS dokumentiert. Ein Muß für gut sortierte Plattensammlungen…

Eine ähnliche Notwendigkeit für halbwegs vollständige Discographien stellt BLUES BREAKERS von 1966 dar: Der spätere Fleetwood Mac-Bassist John Mc Vie, Hughie Flint (dr) sowie Eric spielten hier unter Anleitung des egozentrischen John Mayall ein definitives Statement des weißen britischen Blues ein: energiegeladen, relativ echt und beseelt.

Die Umstände des in sich schlüssigen Werkes muteten indes recht seltsam an. Da wechselte ein einundzwanzigjähriger Gitarrist, begnadet in Spielweise und Engagement, von einer just vor dem internationalen Erfolg stehenden Band zu einer Combo, deren Chef sich als Diktator aufführte und jeden Musiker, der ihm persönlich die Show stahl (was nicht besonders schwer war), hinauswarf – Gitarristen wie Peter Green oder Mick Taylor wissen davon ein Lied zu singen. Und bei aller künstlerischen Oualitat der John Mayall-Alben der

sechziger Jahre muß man sich vor Augen halten, daß sie sich extrem schlecht verkauften – zumindest kurzfristig gesehen.

Ein- und Ausstiege von Musikern galten quasi als Markenzeichen der Bluesbreakers, und es verwundert daher kaum, daß Clapton im Sommer 1966 mit einer absonderlichen Band namens The Greek Loon Band Griechenland betourte, um danach reumütig wieder bei Mayall einzusteigen. Um diesen Dienst schleunigst wieder zu quittieren, als der Impresario Robert Stigwood die Supergroup des Jahrzehnts anzettelte, die sich schlicht „Crearn“ nannte.

Die Gründe für Claptons Wechsel sind nicht zu klären. Sicher fühlte er sich bei John MayaD unwohl, wie gleichzeitige Aktivitäten in einer Band namens The Powerhouse beweisen: Hier jammten Steve Winwood, Paul Jones, Jack Bruce und Pete York neben Eric – gleichsam die ersten Alternativen der immer starker expandierenden RockSzene: Winwood und York vom Erfolg der Spencer Davis Group irritiert (was bei Winwood zur Gründung von Traffic führte), Paul Jones bei Manfred Mann ausgestiegen, Jack Bruce als ehemals .ernsthafter“ R& B-Musiker bei Graham Bond und Alexis Korner, der sich kurzfristig bei Manfred Mann eingesetzt hatte, um den finanziellen Hintergrund zu ernten, den seine neue Ehefrau von ihm forderte ….. kurzum:

nicht geniale Einfälle, sondern alltägliche Pressionen führten zu einer der unseligsten Projekte der gesamten Rockgeschichte.

Cream, von unverbesserlichen Nostalgikern immer noch als Nonplusultra gefeiert, haben gewiß phänomenale Songs hinterlassen: „Deserted Cities Of The Heart“, „Crossroads“, „Tales Of Brave Ulysses“, „White Room“, „Sunshine Of Your Love“ (die Geburt des Riff-Heavy Metal) oder „I Feel Free“ und „Strange Brew“ – doch die Anzahl der mittelmäßigen bis schlicht schlechten Songs überragt. Wenn die Yardbirds die Großväter von Heavy Metal und Psychedelic waren, so muß man Cream als Väter des HM, der überlangen Rocksongs, aber auch der ersten geplanten Verarsche des Publikums ansehen.

Allein der Name der Band klang wie Hohn: Nur Eric Clapton besaß bei Gründung des Trios gewisse Reputation; Jack Bruce und erst recht Drummer Ginger Baker galten als pure Nobodies. Auf bloß einem Album, DISRAELI GEARS, schafften Creams die nötige Geschlossenheit (hier allerdings beispielhaft). Der Rest bestand aus Reklame, phänomenal überbewerteten US-Tourneen und der weitverbreiteten Ansicht, Cream würden tatsächlich die Creme des Rock vereinen.

Bitte umblättern 63Wer offenen Ohres hörte, erkannte zeitgleich Jimi Hendrix als weit umfassenden Erneuerer; erkannte die Qualität der Töne, die von Amerikas Westcoast herüberkamen, namentlich von Jefferson Airplane oder Quicksilver und Steve Miller; und erkannte, daß Cream für Rock-Verhältnisse zwar außergewöhnlich, nach Jazz-Maßstäben indes nur mittelmäßig agierten.

Das Cream-Kapitel endete denn auch, trotz einer insgesamt noch feinen Arbeit betitelt WHEELS OF FIRE, eher kläglich: Das sinnig GOODBYE genannte letzte Album der Band trennte nach Einflußsphären – jeder der drei Musiker durfte mal….. wobei Clapton mit „Badge“ verwunderlicherweise ein Geniestreich gelang, und zwar mit „L’Angelo Mysterioso“ alias George Harnson an der Rhythmus-Gitarre.

Den Rest beschreibt Clapton am besten selber: „Bei Cream herrschte ein dauernder Kampf zwischen Jack und Ginger; sie mochten zwar des jeweils anderen Spiel, konnten sich aber persönlich nicht ausstehen. Und ich stand dazwischen…“. Richtig ist, daß bei Cream zwar nicht die Fäuste, aber schon mal Instrumente flogen, und daß Clapton und Bruce auch nach Cream gute Platten produzierten ….. und daß Gmger Baker durchaus Schlagzeug spielen konnte…

Was er dann bei Blind Faith weiterhin beweisen durfte: Manager Robert Stigwood hatte eine Ersatz-Cream zusammengetrommelt, mit Baker, Clapton sowie Steve Winwood (voc, keys) und Rick Grech (bg). Nach ihrem Debüt im Juni 1969 im Londoner Hyde Park absolvierte Blind Faith unter Qualen eine sechswöchige US-Tournee und produzierte unter enormem Zeitdruck ein Album. Hunderttausende an Vorstellungen gingen in blindem Vertrauen auf Blind Faith für die LP ein – ohne daß vorher ein Ton daraus bekannt geworden wäre.

Die Enttäuschung geriet dann herb: die Platte klang mäßig, gemessen am Potential der Musiker. Per Werbefeldzug jedoch kleisterte Stigwood etwaige Probleme zu – der Begriff ,Supergroup‘ wimmelte seit Blind Faith in allen Zeitungen, sobald irgendwo eine Band entstand, bei der wenigstens ein Musiker ein bißchen bekannt war…

Der sensible Clapton hatte solches nur schwer überstanden. Die an ihn gestellte Erwartungshaltung – gefälligst jeden Abend weltmeisterliche Endlos-Soli kulminierte in einem Spruch, der an Londoner Häuserwände gemalt wurde: Clapton is God.

Dabei stand dem Gitarristen längst der Sinn nach radikaler Wende: „Ein wichtiger Faktor war, daß ich MUSIC FROM BIG PINK von The Band gehört hatte und dachte, genau so etwas will ich spielen, keine überlangen Soli und solchen Weltmeister-Kram. Bloß gute, funky Songs …..

und auf der Blind Faith-US-Tour lernte ich dann Delaney & Bonnie kennen, unheimlich nette Leute. Kurz, bei denen wollte ich Lead-Gitarrist werden…“

Eric wurde, und leitete den nächsten Knick der Karriere ein. Er teilfinanzierte eine Delaney & Bonnie-Welttournee und agierte dabei ausdrücklich im Hintergrund, was ihm schwere Vorwürfe des Publikums einbrachte. Die Leute wollten ihren Meister-Clapton in vorderster Bühnenfront, buhten Delaney & Bonnie aus und wandten sich schließlich ab.

Daran änderte auch nicht viel, daß sich Eric anschließend bei Derek & The Dominoes engagierte – im Namen der Band trat Clapton als Derek auf, quasi ein Zeichen für die neue Rolle, die er spielen wollte: Clapton als Gott sollte ausgelöscht werden.

Die Dominoes vereinten Carl Radle (bg) Bobby Whitlock (keys) und Jim Gordon (dr), allesamt aus der Delaney & Bonnie-Band, und holten sich für ihr Studio-Doppelalbum einen zweiten Gitarristen: Duane Allman. Dazu Clapton: „Duane spielte unbeschreiblich gut, er war der Katalysator des Dommoes-AJbums“.

In der Tat ein Juwel: mancher Song dieser Platte taucht bis heute in Claptons Repertoire auf, etwa „Teil The Truth“, „Have You Ever Loved A Woman“, „Bell Bottom Blues“ und Jimi Hendrix „Little Wing“. Und bereits der Titel des Albums deutete an, worum es ging: LAYLA AND OTHER ASSORTED LOVE SONGS.

Nun war Layla bloß ein Pseudonym für die Frau eines guten Freundes: George Harrison und Patti Boyd standen gerade vor der Trennung, doch Patti erwiderte Erics Liebe keineswegs(inzwischen sind die beiden längst verheiratet).

In jedem Falle aber trug diese Situation zum persönlichen Niedergang bei, an dem Eric fast umgekommen wäre. Die Nachwirkungen der Cream/Blind Faith-Chose; die Ignoranz, mit der das Publikum sowohl dem Delaney & Bonnie-Projekt wie Derek & The Dominoes (das Album verkaufte sich trotz „Layla“ schlecht), überhaupt der neuen Rolle des Gitarristen gegenüberstand.

Clapton gab mehr und mehr Tantiemen für Heroin aus, verkroch sich zu Hause und trat innerhalb der folgenden zwei Jahre nur zweimal an die Öffentlichkeit: bei George Harrisons „Concert For Bangla Desh“ und bei einem Leon Russel-Auftritt in London. Und dabei achtete der Gitarrist nach eigenen Angaben lediglich darauf, nicht aus dem Takt zu kommen.

Auch eine Initiative von Pete Townshend verfehlte ihre Wirkung: Im Januar 1973 standen Townshend, Steve Winwood, Ric Grech, Jim Capaldi, Ron Wood und Reebop Kwaku Baa auf der Bühne des Londoner Rainbow Theatre, um ihrem Kollegen buchstäblich unter die Arme zu greifen. Doch Eric sang müde, spielte lustlos und hing hernach weiter an der Spritze. Das hiervon veröffentlichte Album wurde eher gleichgültig akzeptiert: ach, Eric Clapton, macht der noch was??

1974 sah dann die Wiedergeburt des fast zu Tode Gefixten. Clapton fand in London einen Arzt, der die Heroin-Sucht mittels Akupunktur bekämpfte und sol-1 cherart innerhalb von nur vier Wochen die totale Genesung vollbrachte. Hinzu kam die Tatsache, daß Patti Boyd sich endgültig von George Harrison trennte und zu Eric zog. Flugs trug auch Robert Stigwood sein Quentchen bei und veranstaltete in einem China-Restaurant in Soho eine „Eric Clapton is back“-Party.

Wie sehr der Gitarrist zurück und wieder auf den beiden Beinen war, zeigte 461 OCEAN BOULEVARD, das in Miami/ Florida unter offenbar günstigen Umständen entstand. Ein gelöst tönendes Album, teils mit schnellen („Motherless Children“), teils mit laid back gespielten Songs ein für die Zukunft wichtiges Markenzeichen für Eric Clapton, das er mit einem seiner Lieblingsmusiker gemeinsam hat: J. J. Cale.

Wichtiger aber noch war an OCEAN BOULEVARD, daß Clapton hier ausnahmsweise richtungsweisend auftrat. In „I Shot The Sheriff‘ und „Willie And The Hand Jive“ von Bob Marley bzw. Jonny Otis nahm er die ein Jahr später beginnende weltweite Reggae-Welle vorweg und erzielte mit dem „Sheriff sogar einen Hit.

Wesentlichen Anteil daran besaß allerdings auch Claptons Band: der alte Carl Radle, Jamie Oldaker (dr), Dick Sims (keys), beide aus Bob Segers 1973er-Band, dazu die Maria Magdalena aus „Jesus Christus Superstar“, Yvonne Elliman (voc), sowie mit George Terry ein Gitarrist, der live des öfteren die Soli zupfte nur hatte das Publikum diesen Sachverhalt mittlerweile geschluckt. Clapton war jetzt nicht mehr God, sondern bloß noch Slowhand oder noch liebevoller: OldSlowhand…

Seit 1974 gilt Eric Clapton nur noch als einer unter manchen guten Gitarristen – nicht zuletzt, weil der horrende Gitarrero-Kult der Endsechziger und Frühsiebziger passe ist. Andere, wie etwa Alvin Lee von Ten Years After/Later, haben den Absprung aus diesem Zirkus bis heute nicht geschafft.

Anläßlich seiner BRD-Tour Ende 1978, mit Carl Radle, Jamie Oldaker und Dick Sims, erlebte man in Hamburg den zugeknöpften und introvertierten E. C, in Düsseldorf hingegen einen überaus gesprächigen Witze reißenden und Patti auf der Bühne küssenden Erich.

Ähnlich unterschiedlich sind Claptons letzte Alben zu bewerten. Nach OCEAN BOULE-VARD erfolgte mit THERE’S ONE IN EVERY CROWD ein Einbruch, der von E. C. WAS HERE bestätigt wurde: aber bei letzterem handelte es sich um ein von Robert Stigwood mal eben veröffentlichtes Live-Älbum, dessen Bänder halt noch im Safe gelegen hatten…

NO REASON TO CRY von 1976 schwankte – trotz oder gerade wegen Bob Dylans Teilnahme zwischen Höhen („Hello Old Friend“) und Tiefen. Im Jahr darauf erzielte SLOWHAND breiten Erfolg, nicht zuletzt wegen der oben genannten Hits. BACKLESS wiederum klang schlaff, ANO-THER TICKET von 1981 hingegen gewollt laid back, je nach Stimmung des Hörers zum Einschlafen oder gerade besonders ausgeschlafen. Dazwischen erschien ein Live-Doppelalbum, das E. C. in Topform vorstellte: wahrlich als Slowhand, bei dem nicht die Anzahl der Töne, sondern deren Intensität bestach.

Auf solches, inklusive möglicher Formschwankungen, die von der Tagesform abhängen, muß sich das Publikum bei der bevorstehenden Tournee im April schon gefaßt machen.

Denn auch die Aufnahmen zum aktuellen Album MONEY AND CIGARETTES zeigen, daß Eric Clapton seinen Stiefel spielt, daß er gelernt hat aus Vorfällen wie dem, als er vor zwei Jahren beinah an einem aufgebrochenen Magengeschwür gestorben wäre.

Zwar klingt MONEY AND CIGARETTES für Clapton-Verhältnisse ungewöhnlich schnell aber das ist sehr relativ. Denn die Art, wie das neue Album zustande kam, mutet eher nach Urlaub an: „Wir waren so gerade mittendrin, und da fiel uns kein Song mehr ein, den wir aufnehmen könnten. Da schlug Ry (Cooder) dieses Stück von Sleepy John Estes vor, den wir beide mögen. Und plötzlich war der Song im Kasten …“

Nicht viel anders als bei diesem „Everybody Oughta Make A Change“ lief die Sache bei den meisten Songs, wie indirekt die Vorgeschichte zu „Ain’t Going Down“ beweist: „Well, ,Ain’t Gomg Down‘ war der einzige Song, der mir schon in konkreter Form vorlag, als wir ms Studio gingen. Ansonsten gab’s da nur einige Phrasen, drei, vier Griffe für jeden Song, und dann mußten auch noch einige Texte geschrieben werden …“

MONEY AND CIGARETTES schließt mehrere Kreise: Wer Top-Gitarristen wie Ry Cooder und Albert Lee ins Studio einlädt, sieht sich selbst nicht als Gitarren-Helden; wer einen Song wie „Man In Love“ aufnimmt, weist auf seine Vorliebe hin: „… a basic twelve bar“ (Clapton), was man auch Blues de luxe nennen könnte. Schließlich „Crazy Country Hop“, eine Nummer von Jonny Otis, der laut Clapton per Telefon den Text ins Studio übermittelte. „Ich hörte den Song im Radio, als ich ungefähr 14 oder 15 war…“, damals, bei den Großeltern in Ripley/Surrey…