Fällt Bryan Ferry’s Band auseinander?


ME sprach mit Phil Manzanera.

Als wir ihn neulich zu einem Gespräch auf der Sonnenterrasse des Hamburger Plaza-Hotels trafen, überraschte uns der Roxy-Gitarrist mit seiner frisch gestutzten Mähne. „Mir ist es einfach zu warm geworden“, meinte er zu seinem neuen Look, „wer hätte auch schon damit rechnen können, daß hier so ein Wahnsinns-Wetter ist. Ihr seid übrigens die ersten, von denen ich mit kurzen Haaren fotografiert werde.“

Anlaß des Blitz-Besuchs an der Alster war Phil’s erstes Solo-Album „Diamond Head“. Manzanera ist damit nach Bryan Ferry und Andy Mackay der dritte „Roxy“-Musiker, der nebenbei als Solist ins Plattenstudio ging. Vier Wochen lang bastelte er dort daran, sein persönliches musikalisches Konzept „rillenreif“ zu machen, bevor er dann, wie er uns verriet, praktisch total erschöpft mit Roxy Music auf Amerika-Tournee ging. War das vielleicht die letzte gemeinsame Tour überhaupt? Sind die zunehmenden Solo-Aktivitäten nicht erste Auflösungserscheinungen, die auf ein Ende von Roxy Music hindeuten?

ME: Phil, deine LP ist nicht das erste Solo-Album eines „Roxy“-Musikers… Phil: Richtig. Die in diesem Zusammenhang immer wieder entstehenden Spekulationen über einen Roxy-Split sind jedoch völlig aus der Luft gegriffen. Von einer Auflösung der Band kann überhaupt keine Rede sein. Im Gegen teil: Wir arbeiten bereits mit Hochdruck am nächsten Roxy-Album. Es ist schon gut zur Hälfte im Kasten und wird wohl im Oktober erscheinen. Roxy Music basierte von Anfang an auf dem Konzept, daß jeder Musiker neben seiner Rolle in der Gruppe auch noch genügend Freiraum haben sollte um eigene Ideen individuell vor wirklichen zu können.

ME: Wie würdest du den Unterschied erklären, der zwischen deiner Solo-Musik und der „Roxy“ Musik liegt?

Phil: Ich habe ziemlich eigenwillige Vorstellungen davon, wie man ein Album produziert. Auf meiner LP gibt’s vier Instrumentalstücke und fünf Songs mit Text. Bei jedem Track habe ich darauf geachtet, daß er eine eigene Atmosphäre bekommt. Eines dieser Instrumentals könnte man beispielsweise am ehesten vielleicht „psychedelisch“ nennen. Es besteht aus einer Reihe verschiedener Themen, die kurz angespielt werden und dann ineinander übergehen. Diese Themen sind Kurzfassungen von Titeln, die auf meiner zweiten Solo-LP zu hören sein werden. Ich hab‘ nämlich neulich, als ich für „Diamond Head“ ins Studio ging, praktisch gleichzeitig zwei LPs aufgenommen. Dieses zweite Album soll auch noch jetzt irgendwann im Sommer erscheinen und ist, musikalisch gesehen, ziemlich anspruchsvoll. Es wird deshalb wohl erst auf lange Sicht seine Produktionskosten wieder einspielen. Vom Stil her erinnert es ein bißchen an Tony Williams Lifetime. Ganz allgemein gesagt, glaube ich, das meine Solo-Songs mehr auf Rhythmus aufgebaut sind als „Roxy“-Musik.

ME: Ist der Titel „Diamond Head“ nicht ein wenig an Bowie’s „Diamond Dogs“ angelehnt?

Phil: Das ist einfach Zufall. „Diamond Head“ heißt ein Berg auf Hawaii. Da hab“ ich in meiner Kindheit mal gewohnt. Mein Vater arbeitete damals nämlich bei einer Fluggesellschaft. Deshalb lebte unsere Familie alle paar Jahre in einem anderen Land. So kam es, daß ich auf Kuba, in Venezuela, auf Hawaii und schließlich in London aufgewachsen bin.

ME: Was natürlich nur die wenigsten der Plattenverkäufer wissen …

Phil: Darum wird es gut sein, wenn ich in Zeitungsinterviews umso mehr darüber rede.

Soweit unser Gespräch mit Phil Manzanera. Bleibt eigentlich nur noch zu erwähnen, daß auf „Diamond Head“ wie auch schon bei den Solo-LPs von Bryan Ferry und Andy Mackay eine Reihe bekannter Sessionmusiker mitgewirkt haben. Außer Bryan Ferry kann man nämlich auf Manzaneras Debut-LP praktisch alle übrigen Roxys hören. Und auch Robert Wyatt, den querschnittsgelähmten Ex-Soft Machine-Drummer, der inzwischen selbst einige Solo-Produktionen auf dem Virgin-Label veröffentlicht hat.