Fritz Brause


Wenn das kein Senkrechtstarter ist: Nachdem sich die "Shakataks aus Bochum" jahrelang als Lokalmatadoren die Finger wundgespielt hatten, zog ihr generationsversöhnender Funk-Pop Ende 1985 genügend Leute an, um Hamburgs jüngsten — und nicht eben kleinsten — Rocktempel GROSSE FREIHEIT 36 aus allen Nähten platzen zu lassen. Beizeiten war auch die Musikhalle so gut wie ausverkauft. Trotzdem sollen die Newcomer der Nation vor ihrem hochoffiziellen Einstand an der Elbe ein wenig gebibbert haben.

Um so euphorischer entwickelte sich die Stimmung, als die Ruhrpottler begeistert begrüßt wurden und nach einem makellosen „that’s terrific“ stolz fragen konnten: „Das klingt ja wohl ganz prima da draußen?“

In der Tat: Wer neun Musikern -— vom Bläser-Trio bis zur Percussion —- einen so brillanten Live-Sound verpaßt, dem gehört auf die Schulter geklopft. Sabine Sabine, die Stimme kaum weniger schwarz als ihre Klamotten, überbot ihre im Studio zurechtgebügelten Gesangsparts an Power und Nuancen bei weitem. Sie wurde nicht verheizt. Überraschend viele Instrumentalnummern sicherten den Herren an Trompete, Posaune und Saxophon verdienten Anteil am Applaus.

Was für ein kreuzbraves Publikum: Getanzt wurde erst, als Bassist Hans-Dieter Exter ausdrücklich dazu aufforderte. Die Eigeninitiative der überwiegend weiblichen Fans reichte gerade noch für’s Mitpatschen bei „Shilly Shally“.

Nebelschwaden, ein Trompetensolo Marke „Türmer“ vom 2. Rang aus, artistische Trommeleinlagen, Sabine und Keyboarder Deff Cramer im Seat-Duett, ein Baß-Solo im Stile des unverwüstlichen Colin Hodgkinson — liebevolle Arrangements hielten das Interesse wach, auch wenn die Texte arg shillyshally ausfielen, auch wenn die Musik mal ganz unverblümt nach Lee Ritenour oder Mezzoforte klang.

Einen Glücksgriff haben die Brauses mit Eddy Conard getan: Der Percussion-Mann verpaßte „Beat Boy“ rappend den nötigen Bronx-Touch, überlagerte polyrhythmisch manchen klassischen Funk-Groove und heizte — „It’s time to jam“ — zu einer trotz kläglicher Saalbelichtung ausufernden „Party“ ein.

Beachtlich gegen Ende die Soul-Ballade „Never Before“ —- von Eddie und Sabine back to back schön schmalzig intoniert -— bevor die obligatorische Shilly-Reprise „Das war’s“ — Gefühle aufkommen ließ. Fest steht, daß die Brauses, von denen keiner Fritz heißt, mit ihren mittelschweren LP-Pfunden live gut zu wuchern verstehen. Sie haben in ihre Gigs jede Menge Arbeit und Liebe investiert und tun nun das einzig Richtige: auf die Kacke hauen, solange Dr. Trend dazu beifällig nickt.