Gemeingut


Wissen ist Macht. Doch es macht nichts, nichts zu wissen, wenn man nur weiß, wen man fragen muß. Konrad zum Beispiel, den in klassischer Kunst höchstbewanderten Schwiegervater eines ME/Sounds-Redakteurs. Der nämlich deckte auf, was Guns N‘ Roses meinen, wenn sie ihre „Illusions“ benutzen. .Täuschung“ übersetzt es das Lexikon, in der Schule würde man .Abschreiben“ sagen. Schön klassisch wirkt das Cover der beiden aktuellen Roses-Platten, in den Credits zeichnet ein gewisser Mark Kostabi für das »cover painting“ alleinverantwortlich. Denkste — Konrad fand blitzeschnell den Original-Klassiker, den Kostabi naßforsch für seine Cover-Gestaltung durchpauste: Ein Ausschnitt aus den „Stanza della Segnatura“, ein 8,3 Meter breites Wandgemälde, das Raffael anno 1510 in die Gemächer von Papst Julius II. im Vatikan gemalt hatte. Der auf eine Tafel zeichnende Mann stellt den Mathematiker Euklid dar, für den dereinst Raffaels Freund Bramante, Baumeister des Petersdoms, Model gestanden hatte.

Ebenfalls geklaut ist Rose N’Royce: Dave Stewarts Idee, seinen Rolls Royce bunt anmalen zu lassen ist alt, das machten schon die Beatles. Freilich billiger, denn für die Arbeit, auf das Vorderteil des teuren 63er Silver Cloud das Rosen-Cover seiner aktuellen LP brushen zu lassen, mußte Dave satte 30.000 Kröten lolckermachen. Noch eine Kröte: Das von ihm gegründete Label „Anxious Records“ steht mit zwei Millionen Pfund bei der Bank in der Kreide. Stewart, der in sei-Villa im südfranzösischen Freius zeitweise bis zu 50 Hippie-Freunde durchfüttert, muß notgedrungen den Gürtel enger schnallen: .Seit drei Wochen spare ich nun irre viel Geld — ich habe das Rauchen aufgegeben und nehme auch keine Drogen mehr.“

Geld sparte auch Wim Wenders, indem er die Organisation des Soundtracks zu .Bis ans Ende der Welt“ einer großen Plattenfirma übertragen hatte: .All die großen Namen von U2 bis R.E.M. — das hätte unser kleines Budget endgültig gesprengt.“Mit freuen sich alle — die Firma hat einen verkaufsträchtigen Soundtrack, die Fans eine richtig gute Platte und Peter Gabriel, der mit Freund Robertson und Produzent Lanois zur Film-Premiere nach Berlin gekommen war, hat eine Ausrede mehr:

.Wie sollich dieses Jahr mit meinem neuen Album fertig werden, wenn mir immer wieder solch tolle Nebenjobs angeboten werden.

1 Manchmal sogar unbezahlte: ,Keith ist ein Blues-Freak“, scherzte DreitonUrahn John Lee Hooker über seinen Saiten-Jünger Richards, .deshalb spielt er wie alle anderen auch natürlich umsonst für mich.“ Santana, Van Morrison, Richards — bei ihren Beiträgen zu Hookers neuem Album drückten sie die Studio-Schulbank.

“ Klappern gehört eben zum Handwerk, fragt sich nur, wie laut. Während Aerosmith Breit-Lippe Steven Tyler bei der Verleihung der „MTV Video-Awards“ ob seiner Auszeichnung (.Best Metal Clip“) in die Luft ging und posaunte: .Meine Band ist 30 Millionen wert“ (siehe auch S. 20), haben Krach-Kollegen Mötley Crüe in aller Stille ihren Vertrag bei Elektra verlängert. Dabei brauchten sie sich gar nicht zu verstecken — die Unterschrift bringt ihnen immerhin satte 22,5 Millionen Dollar Vorschuß.

Reicht es in einer Zeit, da jeder vernünftige Haushalt ein Fax-Gerät hat, wirklich aus, ein paar blöde Faxen zu machen, um die Medien-Aufmerksamkeit auf sich zu lenken? Leider: Ja. Gerade in der Meißener Zerbrechlichkeit pompadourgepuderter Klassik-Intriganz sorgt schon ein buntes Strähnchen im Haar für den Skandal. Dem punk-fidelen Bürgerschreck-Geiger Nigel Kennedy ist das nur recht. Er hat schon als dritte Geige nie fein beigeben können, legte er doch bereits vor Jahren gerne mal dem Dirigenten einen „Playboy“-Centerfolder vor dem Konzert zwischen die Partitur-Blätter. Mittlerweile ist er Plattenmillionär, hat den Kids Klassik beigebracht und schert sich weniger denn je um den guten Ton. Vivaldi mag im Grabe rotieren, aber bei Waldi hört nun auch für das ME/Sounds-GemeinGut der Spaß auf — Nigel (34) knabberte bei der Präsentation seiner Memoiren in London am Ohr seines Hundes „Monster“ herum, nur um keine Rede halten zu müssen: „Was soll ich große Reden schwingen — da kau‘ ich lieber meinem Hot Dog ein Ohr ab. „Was den Klassik-Kritiker des „Guardian“ zur Retourkutsche inspirierte: „Kennedys Biss ist fast so schlecht wie sein Bach.“

Dafür ist ihre Brust fast so echt wie ihr Buch: Zum zweiten Mal schon zog sich Jacko-Schwester La Toya Jackson für den .Playboy“ aus — und wieder einmal als verkaufsfördernde Maßnahme. Ging es im März ’89 darum, den Umsatz eines mittelmäßigen Albums anzukurbeln, will sie nun mit der Nackt-Session die Werbetrommel für ihr Skandal-Buch „Growing Up In The Jackson Family“ rühren. In dem „Playboy“-Vorabdruck einiger Passagen zeigt sie sich trotzig: „Mein Vater hat mich jahrelang sexuell belästigt. Kein Wunder daß er sagte Jch schlage dich tot, wenn du dich nochmal nackt fotografieren läßt‘.“

Nun, bislang hat sie die zweite Foto-Serie überlebt, die sich von der ersten vor allem darin unterscheidet: „Am besten hatte mir damals das Bild mit der Schlange gefallen. Jetzt habe ich mir meinen Traum erfüllt — nackt unter drei Burmesischen Pythons.“

Wie eine rülpsende Python klingt auch „Männer“-Darsteller Heiner Lauterbach mit seiner deutschen Version des Kopulations-Knallers „Je T’Aime“ jüngst auf Single-Vinyl debütierend. Gemeinsam mit der „Bambi“-verwöhnten Kollegin Sabine von Maydell imitiert Heiner auf „Ich Liebe Dich“ dreieinhalb Minuten lang gekonnt die nervenstrapazierenden Paarungslaute des ostniederbayerischen Rammel-Ebers. Mit dieser Hommage an den kürzlich verstorbenen Origi_____ nal-Hormonen Serge Gainsbourg will Lauterbach seinen Ruf als das laut Platten-Info „männliche Sexsymbol der 90er“ stärken.

Die Möglichkeit, einer weiteren Musikkarriere durch Ein-Heirat Vorschub zu leisten, bleibt Heiner indes verwehrt — an der Spitze seiner Firma Rough Trade arbeiten nur Männer. Da hat es die amerikanische Whitney Mouston-Kopie Mariah Carey (21) schon besser: Nachdem sie im April den Brilli-Verlobungsring ihres Platten-Bosses Tommy Mottola (42) angesteckt bekam, führt sie der Sony-Boss nun Ende November endgültig vor den Altar.

Auch er wird lebenslang sitzen müssen, wenn auch nur auf einem Werbefoto: Im Rahmen der seit 1987 laufenden Kampagne „Personalities“ wirbt nun auch Sting für den bundesdeutschen Stuhl-Hersteller vitra (Foto I.). Damit hockt er in einer illustren Reihe musikalischer Vor-Sitzer: Schon Gil Evans, Yehudi Menuhin, John Cage, Dizzy Gillespie und Miles Davis gaben für vitra eine Stuhlprobe ab.