Giant Drag


Indierock mit Persönlichkeit: Einem Duo aus LA ist ein großer Wurf gelungen.

Obwohl Annie Hardy auf Giant Drags Debüt manchmal regelrecht niedlich klingt, würde man im Leben nicht auf die Idee kommen, sie zu unterschätzen. Wirkt sie verletzlich, klingt sie irgendwie auch aggressiv und wenn sie sich verspielt anhört, weiß man instinktiv, daß es gefahrlich wird. Die junge Frau aus Los Angeles, der ein Kritiker bereits die Bühnenpräsenz von David Lee Roth bescheinigte, ist mit allen Wassern gewaschen. „Ich hab keine Lust darauf, daß mich die Leute doof anmachen“, sagt sie, um ihre bisweilen etwas drastische Bühnen-Persona zu erklären. „Da oben mußt du ganz extrem deinen Mann stehen – besonders als Frau. Bei den Cribs ruft schließlich niemand, Zeig deine Titten!‘.“ Die zweite Hälfte von Giant Drag ist Annies guter Freund Micah Calabrese, der bei Konzerten mit den Füßen und der rechten Hand sein Schlagzeug bedient, während er mit der linken auf einem Synthesizer Basslines spielt. So minimalistisch die Zwei-Personen-Shows bisweilen sind – wobei Annie mit ihrer Gitarre und einem Arsenal von Fußpedalen auch live eine beeindruckende Wall Of Sound aufzubauen in der Lage ist -, das Debüt ist ein musikalisch voll ausformuliertes Werk. „Das Album und die Konzerte sind zwei verschiedene Welten“, sagt Annie Hardy. „Ein paar Freunde haben uns im Studio geholfen. Da war erst mal egal, ob man das genau so dann auch zu zweit live umsetzen kann. Was soll’s so lange die Konzerte nicht enttäuschen…“

Songs wie „Kevin Is Gay“, „My Dick Sucks“ und „You’re Full Of Shit (Check Out My Sweet Riffs)“ sind vor Selbstbewußtsein strotzender Indierock mit leichtem Grunge-Einschlag – als würden sich The Breeders am Repertoire von Rilo Kiley versuchen -, während zartbittere Nummern wie „Smashing“ und das erstklassige Cover von Chris Isaaks „Wicked Game“ irgendwo zwischen Mazzy Star und PJ Harvey angesiedelt sind.

Hearts And Unicorns ist ein wunderbar übermütiges und ausnehmend vielschichtiges Erstlingswerk, das in Deutschland nur als Import erscheinen wird. Giant Drag werden keinen Hype bekommen, sie sind am Anfang ihrer Karriere weitgehend auf sich selbst gestellt. Vielleicht aber ist das besser so – für eine Band, die jeder mag, sind sie sowieso viel zu schade.

Giant Drag – Hearts And Unicorns (UMIS/Universal)