„Ich will in eure Band!“


Zumindest würde man nach ihrem bisher einzigen Deutschland-Auftritt gern mehr von der unglaublichen Psycho-Pop-Bigband The Polyphonic Spree sehen.

Was für ein Einstand: Nachdem sie den Sommer über England betört hatten, schafften es die Texaner rechtzeitig zum Abschluss der Festivalsaison zu ihrem ersten Gig hierzulande. Am Samstagmittag bei Terremoto Ende August legte Spree-Frontmann Tim de Laughter erstmal einen unfasslichen 2,50-Meter-Sturz von der Bühne hin (wir berichteten) und zauberte dann mit seinen Robenträgern zuerst die Sonne hervor und dann einer wachsenden Menge von Metallern, Punks und Poppern gleichermaßen Lächeln auf die Gesichter. Wir sprachen kurz nach der Show mit dem unverletzten, aber aufgedrehten Sänger.

War das eben ein geplanter Stunt?

Nein! Das war ein verdammter Unfall! Das Komische war, dass es gar nicht weh getan hat. Während des Fluges dachte ich nur: „Oh Gott, das ist nicht gut!“

Deine Band sah geschockt aus.

Ja, aber weißt du was? Sie haben weitergespielt! Dafür schulden sie mir einen. Diese Bastarde! (lacht) Was für ein Gedanke steckt hinter den Roben ?

Wenn man sich eine Band ansieht, interessiert es einen ja nicht nur, was aus ihren Verstärkern kommt, sondern auch, was die anhaben. Bei so vielen Leuten fürchtete ich, das könnte von der Musik ablenken, darum überlegte ich mir, den Look der Band quasi zu vereinheitlichen. Das mit den Roben stellte ich mir einfach schön vor. Meine Schwiegermutter nähte sie für uns. Anfangs hatten wir bei Konzerten noch Projektionen auf der Bühne, da funktionierten die Roben wie Leinwände. Jetzt ist es so, dass die Kutten eine noch viel größere Ablenkung darstellen, weil es sonst keine Band gibt, die so auftritt. Eine Zwickmühle.

Wie reist ihr denn mit so vielen Leuten?

Mit zwei Bussen. In den Staaten benutzen wir einen Bus, in dem 26 Leute schlafen können. Der ist eigentlich für Hockey-Teams. Von diesen Bussen gibt’s nur zwei in ganz Amerika. Und einen davon haben wir.

Wo kommen all diese Leute her?

Einige aus New York, die meisten aus Texas. Anfangs wollte ich nur Freunde und Familienmitglieder in der Band. Das waren dann 13 Leute. Aber nach unserer ersten Show, Support für Bright Eyes und Grandaddy, kamen Leute auf mich zu: „Hey, ich will in eure Band!“ Drei Monate später hatte ich 28 Leute. Und lauter tolle Musiker, die können alle improvisieren.

Letztens hast du per Internet einen Hornisten gesucht.

Ja, auf die Anzeige meldeten sich 60 Leute von überall auf der Welt, die Flügelhorn spielen und zum Polyphonic Spree wollten. Erstaunlich.

Habt ihr eine hohe Mitgliederfluktuation ?

9 o Prozent der Leute vom Anfang und das war vor drei Jahren – sind immer noch dabei. Ich möchte auch nicht, dass es so eine Drehtür-rein/raus-Sache ist.

Muss schmierig sein, so viele Leute zu koordinieren.

Absolut. Das größte Problem ist das Finanzielle. Wir verdienen so gut wie kein Geld. Mit der Crew sind wir 30 Leute, da mit Gepäck und Equipment nach Europa zu kommen, kostet alleine schon 60.000 Dollar.

Am meisten Erfolg habt ihr bislang in Großbritannien.

David Bowie hat uns nach London gebracht. Das erste mal, dass wir überhaupt außerhalb von Texas spielten, war für Bowie, 2002, bei seinem Meltdown -Festival. Er lud uns ein und zahlte für alles, und nach dieser Show ging’s für uns ab. Also haben wir das letzte Jahr im UK verbracht. Wir sind immer noch recht neu in Europa. Und in Amerika kennt uns niemand.

Was sagst du Leuten, die euch sektiererische und religiöse Ansätze unterstellen?

Klar sehe ich, wie man daraufkommen kann. Die Roben, der O ptimismus, den wir ausstrahlen – das könnte natürlich so ein religiöses Ding sein. Aber ich habe wirklich keine Agenda, da draußen das Wort Gottes zu predigen. Das Ganze hat etwas Zuversichtliches, Hoffnungsfrohes, aber weiter geht’s für uns nicht, was religiöse Ansätze angeht. Wir treten eben recht beherzt auf. Wenn man uns auf diese Sache festlegen will, kann ich auch nichts machen. Aber wer sich mit uns beschäftigtwird sehen, was wirklich los ist.