Inxs – Nottingham, Royal Centre


Das ist doch was anderes als im coolen London. In der Robin Hood-Stadt Nottingham fiebern die Freunde der „guten“ Rockmusik dem Riesenereignis schon seit Wochen entgegen. Knackevoll ist denn auch das steril moderne Royal Centre im Zentrum des Städtchens.

Die Frage des Abends lautet: Ist Michael Hutchence der neue Mick Jagger? Die Antwort gleich vorneweg: er ist es nicht. Zum Glück. Der australische Michael ist besser. Er hat den Funk, er hat den Soul und auf Rock versteht er sich sowieso. Er gröhlt grimmig, er gurrt gierig. Stolz, schön und schlank steht er da, läßt sich bewundern – und tänzelt dann wie ein ausgeflippter Ballett-Eleve über die Bühne.

Die Band steht musikalisch wie eine Eins hinter ihm. so gut eingespielt, als gälte es nicht, ständig die nicht unerhebliche Distanz Australien Hongkong zu überbrücken – dort lebt Michael nämlich seit einiger Zeit wieder bei seinem Papa, weil er da nicht von so vielen aufdringlichen Fans belästigt wird wie im heimischen Australien.

Wie gesagt, die Band spielt, als zöge sie noch jeden Abend im Jahr durch Australiens Clubs: offensichtlich einig darin, daß guter Rock live auch heute noch verschwitzt und dreckig und unpoliert klingen muß. Wer das schräge Feeling auf dem neuen INXS-Werk KICK ein wenig vermißte – hier hat er’s wieder! Und zwar reichlich.

Live kommen auch die neuen Songs aggressiv und hitzig. „New Sensation“ klingt noch funkiger und schwärzer als auf der Platte. Michael Hutchence verfügt nicht nur über jede Menge Variationsmöglichkeiten im Gesang, er zeigt auch die richtige Portion Angriffslust. Behende bückt er sich zum Bühnenrand und streckt die Rechte nach der Hand eines Mägdeleins aus, die sich ihm entgegenstreckt. Doch ganz kurz, bevor er die Hand berührt, springt er plötzlich wieder auf. mit einem frechen, fast teuflischen Grinsen.

„Ich lebe von den Reaktionen des Publikums“, sagt er später im Interview, „erst auf der Bühne blühe ich auf, und dann bin ich gut.“

Ist zwar nicht neu, aber in seinem Fall stimmt’s wirklich. Als Hutchence gegen Ende des Konzertes für eine furiose Zugabe mit „What You Need“ in hautengen schwarzen Radlershorts auf die Bühne hopst, weiden selbst die müden Machos, die eigentlich nur zur Begleitung ihrer Mädchen mitgekommen sind, mächtig munter. Hutchence, der Kobold, packt sie beide.