Jonathan Davis, Sängervon Korn, hat das traute Familienleben für sich entdeckt. Aber Fans brauchen sich keine Sorgen zu machen – auch auf dem neuen Album sind „keine Liebeslieder“.


Gelegentlich sind die Antworten von etablierten Rockstars wirklich verdammt vorhersehbar. Jonathan Davis, Leadsänger der kalifornischen Nu Metal-Band Korn, liefert dafür ein Paradebeispiel. Auf die – zugegebenermaßen nicht bahnbrechend originelle – erste Frage, was denn nun das Besondere an der neuen CD sei, entblödet er sich doch wirklich nicht zu antworten:“.Es ist unser bestes Album bislang!“

Hoffentlich. Denn die dreijährige Pause zwischen dem 99er-Multiplatinum-Seller „Issues“ und dem nun anstehenden Nachfotger „Untouchables“, dem fünften Korn-Album, stellte die Heerscharen von Fans vor eine Geduldsprobe, die ihre dem Äußeren nach zu urteilen wöchentlich vorgenommenen Sitzungen beim Extrem-Piercer als Moselfahrt erscheinen ließ. Kein Wunder also, dass in dieser musikalischen Dürreperiode zumindest der Nonsens blühte. Gerüchte wurden laut, wonach Davis komplett depressiv, speedsüchtig oder aber zumindest an Aids erkrankt sein soltte. Drummer David Silveria fehlte zeitweise gar ein Arm, und Bassist Fieldy war endgültig ins feindliche HipHop-Lager übergelaufen. Getoppt wurde dieser Quatsch nur noch von den Downloads, die als „der neue Korn-Song“ ins Internet gestellt wurden, in Zahl und qualitativem Inhalt den Gerüchten in nichts nachstehend.

Gelegentlich Sind die Antworten von etablierten Rockstars aber verdammt überraschend. Auf die Frage, ob ihn die Gerüchte bzw. die Internet-Piraterie gestört hätten, antwortet Jonathan Davis nämlich mit einem lachenden „Nein! Denn a) war an den Stories überhaupt nichts dran und b) bin ich froh über jeden Weg, den unsere Musik nimmt, um an die Ohren der Fans zu finden. Nur manchmal war ich erstaunt und ein bisschen verärgert, dass komplett rohe und unfertige Versionen unserer neuen Songs im Radio gespielt wurden. Macht aber nichts. Die Fans werden trotzdem in die Plattenläden rennen und das neue Album kaufen. Die lange Pause hatte ganz einfache Gründe: David hatte eine Rippe zu viel, die klemmte ihm einen Nerv ein, behinderte sein Spiel und musste herausoperiert werden. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er wieder normal trommeln konnte. Und der Rest der Band, Fieldy, Munky (James Shaffer, Gitarre), Head (Brian Welch, Gitarre) und ich, warteten eben, bis David wieder fit war. Die eigentliche Arbeit an „Untouchables“ dauerte eineinhalb Jahre eine ganz normale Zeit für ein neues Album. In der Zwischenzeit beschäftigten wir uns eben mit anderen Dingen.“

Allerdings hatte Davis in der Zwischenzeit alle Hände voll zu tun: Renee, seine langjährige Freundin, Mutter seines Sohnes Nathan und seit 1998 seine Ehefrau, reichte die Scheidung ein. „Darüber rede ich nicht“, fröstelt Davis. „Sie ist immer noch Nathans Mutter, wir beide lieben unseren Sohn und wollen, dass er glücklich aufwächst.“ Jedes zweite Wochenende verbringt der inzwischen sechsjährige Nathan bei seinem Vater. Sie gehen zusammen zum Baseball, und voller Rührung berichtet Papa Davis: „Er hat gerade seinen ersten Zahn verloren. Das hat mich völlig mitgenommen.“ Aber keine Angst, auch wenn der ehemalige Gerichtsmediziner und angebliche Satanist mit solch zärtlichen Gefühlsregungen überrascht: Davis ist immer noch der Alte. „Ich bin ein kranker Typ“, beruhigt er. „Bei mir zu Hause hängt oder steht überall perverses Zeugs herum: Gliedmaßen in Formaldehyd, Dildos in Kruzifix-Form, Schrumpfköpfe, ein Gemälde von Charles Manson, die Hüte, die Bonny & Clyde trugen, als sie erschossen wurden.“

Seine jüngsten Errungenschaften sind zwei Clownskostüme von Massenmörder John Wayne Gacy und der VW-Käfer von Triebtäter Ted Bundy, in dem dieser seine Opfer tötete. Sagt Davis: „Ich bin fasziniert von Serienkillern und sammle alles, was mit ihnen zu tun hat, will mit den Sachen ein Museum eroffnen.“

Trotzdem – ein bisschen milder ist der 31 -jährige doch geworden.

„Nicht so weit, dass ich jetzt Liebeslieder schreiben würde, aber doch so weit, dass ich mich inzwischen ganz gut selbst leiden kann. Ich trinke und rauche nicht mehr, ich esse gesund und treibe Sport.“

Drei Dinge sind laut Davis verantwortlich für die neu gefundene Zufriedenheit: „Erstens: meine Band. Korn ist das Ventil, durch das ich jeglichen Schmerz herausblasen kann. Zweitens: das Antidepressivum Prozac. Dieses Medikament hat mich von einem kompletten Wrack in einen Menschen verwandelt. Drittens: meine Freundin Deven, die Liebe meines Lebens.“ Mit der Ex-Lesbo-Pornodarstellerin plant Jonathan derzeit ein Kind. .. Wir versuchen es seit einem Jahr, waren auch schon bei Ärzten, hatten bislang jedoch noch keinen Erfolg. Aber wir sind zuversichtlich. Ich will alt werden und einen Haufen Kinder großziehen.“

Und dann wäre da natürlich noch die nächste Korn-Tour. Was uns da erwartet? Gelegentlich sind die Antworten von etablierten Rockstars verdammt vorhersehbar: „Es wird die beste Korn-Tour aller Zeiten.“ Was auch sonst?

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