JUKEBOX


S Das beliebte Yuppie-Möbel hatte ursprünglich in schummrigen US-Kaschemmen seinen Platz. Den ersten Boom erlebte der „Automatic Phonograph“ in den 30er Jahren, als die Prohibition in illegalen Kneipen eine eigene Musikszene prägte. 0 Die farbigen Amerikaner, in öffentlichen Lokalen damals vielerorts unerwünscht, veranstalteten mit Hilfe der Jukebox ,Jlent-Parties“ und „Juke-Joints“. Die bunte Truhe war dabei natürlich mit schwarzer „Race“-Musik bestückt.

Die teutonische Variante. Tanzende Schimpansen — auf Wunsch auch Hasen oder Disney-Figuren — beeindruckten kleine und große Kinder der Wirtschaftswunderzeit. Ausländerfreundlich wie stets die Bezeichnung: „Bimbo Box“. Am 2j. ti. iSSg wurde in San Francisco der erste münzbetriebene Musikautomat der Well installiert. Eine Hachswalze als Tonträger setzte sich nach Einwurf einer 5-Cent-Münze in Bewegung und erzeugte via Hörschlauch krächzende Klänge.

w Schon seit Jahrzehnten huldigen Musiker dem Geist der klingenden Kiste. Die Rock V Roller Nino & The Ebb Tides setzten dem Plattenwechsler mit „Juke Box Saturday Night“ ein Denkmal. Alan Vega schwärmte vom „Juke Box Babe“, und Foreigner schufen den hitporadentauglichen „Juke Box Hero.“

Lange bevor MTV auf Sendungging lieferten „Nickelodeons“ bereits den Musik-Clip ouj Tastendruck. Zur Musik vom Band gesellte sich ein passendes Kurzfilmchen, das auf eine kleinformatige Leinwand projeziert wurde.

An die Sammler von Musikmöbeln richtet sich die Fachzeitschrift „Jukebox Collector“, 2545 SE 60th Court, Des Moines, Iowa, USA. Ein Übersee-Jahresabo schlägt mit 38 Dollar zu Buche.

Jukebox-Kenner unterscheiden zwischen dem „Golden Age“ (igjo-igso) und dem sich anschließenden „Silver Age“. Während die /ruhen Truhen mit ihrem reichen Zierat noch in die Rubrik Edelkitsch gehörten, dominierte in den späteren Jahren die „neue Sachlichkeit“: nüchternes, zweckbelontes Design.

Das europäische Jukebox-Dorado ist das Land der Deiche. Wer Raritäten oder seltene Ersatzteile sucht, wird am ehesten in Holland fündig.

O Wechselndes Design sollte das Interesse an Jukeboxen wachhalten. Bekannte Hersteller wie Wurlitzer, Rock-Ola, Seeburg oder AMI bedienten sich dabei auch stilistischer Elemente aus der Weltraum-Forschung.

Die inneren Werte der Jukebox folgten dem technischen Fortschritt. Billigere Transistoren lösten altgediente Röhren ab, die Ausstattung der Truhen mit mehreren Lautsprechern sollte zudem Jür High Fidelily“ sorgen. Und tatsächlich: Für damalige Verhältnisse klangen etliche Boxen durchaus passabel. Ge–’s^^ messen an heutigen Maßstäben allerdings ist ihr Sound eher oewöhnungsbedürjtig.

Mit dem aufkeimenden Rock ’n‘ Roll erlebte die Jukebox ihre Hoch-Zeit, denn die „Urwaldmusik“ wurde von den meisten Radiosendern zunächst boykottiert. Gehört wurde sie trotzdem. Statt aus dem Radio tönte sie nun aus sämtlichen Jukeboxen in Halbstarken-Bars zwischen Boston und Buxtehude. In den 60er Jahren machten tragbare Plattenspieler und frühe Discotheken den Boxen Konkurrenz.

Auf alt getrimmt: lexen, Jahrgang ‚*3 ¿ Ausgerüstet mit modernster CD-Technik, bietet Wurlitzer einen Nachbau des Modells .1015″ von 194« an. Die billigste Ausführung kostet 13.000 Mark. ¿ Mit der ,1015‘ etablierte Wurlitzer sich seinerzeit als Marktführer. Vom Originalmodell wurden 1946/47 fast 60.000 Exemplare verkauft. ¿ Als das Ende der 78er-Schellackplatte nahte, erwies sich die Firma Seeburg mit der 45er-Box „M 100 A“ als Trendsetter. ¿ Nach dem Motto „Tausche neu gegen alf kurbelte Marktführer Wurlitzer seinerzeit völlig legal das Geschäft mit Austauschgeräten an. Äußerst unfeiner Methoden dagegen bediente sich das organisierte Verbrechen: Barbesitzer wurden zum Kauf von Jukeboxen gezwungen und die Gangster kassierten ab. ¿ Rudolph Wurlitzer, geb. 1829 im sächsischen Schildboch, gründete in den USA einen Musikalienhandel. Seine Nachfahren machten mit der »Mighty Wurlitzer*, einer Kino-Orgel, und Jukeboxen Furore. ¿ Wurlitzer-Jukeboxen werden mittlerweile nur noch in Deutschland produziert. Die amerikanische Muttergesellschaft fertigt heute Musikinstrumente.

60 Jahre nach der Wurlitzer „P 10* von 1934 (unten) sind fast alle namhaften Jukebox-Hersteller im Ruhestand.