Kid Creole And The Coconuts – Pannen im Paradies?


The party goes on in deutschen Häfen vor Anker. Doch die Zeichen stehen auf Sturm: Maschinist Coati Mundi droht wieder einmal mit Meuterei-und auch zwischen Kid Creole und seiner angetrauten Coconut Adriana hängt der Haussegen schief. ME/Sounds besuchte den Tourneestart in Göteborg und stellte mit dem Titel eines Kid Creole-Songs die Frage: "Is there something wrong in paradise?"

KID CREOLE Was bisher geschah: Unser . Held konnte zusammen mit seiner Crew von der Gangster-Insel B’Dilly Bay Island fliehen. Doch auf der Suche nach der geliebten Mimi verschlägt es ihn auf eine andere Insel namens Süla. Ein verrückter Diktator schwingt das Zepter auf diesem verträumten Eiland – und der gute Kid gründet zwecks revolutionärer Umtriebe eine Partei, die „Lifeboat-Party“

Für die Überlebenden seiner bisherigen Odyssee spendiert er ein rauschendes Fest,die „Lifeboat Party“. Und da unser Held der große Kid Creole ist, will er natürlich die ganze Welt an diesem Ereignis teilhaben lassen. Gegen Eintrittsgeld versteht sich.

Mit seinem Party-Schiff wird er im Oktober auch in 14 germanischen Städten vor Anker gehen; Grund genug, dem Kapitän an Bord einen Besuch abzustatten und mit ihm die Eintragungen im Logbuch durchzugehen.

Trotz technischer Probleme zum Tourneestart und eines katastrophalen Vorverkaufs in Schwedens zweitgrößter Stadt wirkt August Darnell beim Gespräch im airconditionierten Hotelzimmer, mit Blick auf Göteborgs strahlenden August-Himmel, gelassen und blendend aufgelegt.

Superfreundlich und selbstbewußt, im Outfit eines guatemaltekischen Kaffeehändlers, läßt der 32jährige keinen Zweifel daran, daß er alle Winkelzüge des Showbusiness perfekt beherrscht. Wie kläglich wirken doch angesichts des Originals Versuche eingefleischter Kid Creole-Fans, mit Zoot, Panama-Hut und farbenfrohen Krawatten das Idol zu kopieren.

In Auftreten und Aussehen vermittelt der Maurer-Sohn, der im schmuddeligen New Yorker Vorort Bronx Bekanntschaft mit dem Leben machte, seine Philosophie, seinen way of life: „Kleidung ist für mich eine Frage des Lebensstils. Schon in frühester Kindheit steckte mich mein Vater in Anzüge und setzte mir exotische Hüte auf. Ich wußte zwar nicht, was das sollte, doch ich liebte es, je älter ich wurde. So verrückt das auch klingen mag: Mein armer Vater gab mir den Anstoß, gute Kleidung und das gute Leben zu Heben.

Ebenso entfachte er meine Begeisterung für Frauen, Musik und Kino. Er war ein richtiger Movie-Freak, der mich am Tag manchmal in drei verschiedene Filme mitschleifte.“

Die ersten musikalischen Gehversuche des August Darneil resultierten aus diesen unzähligen „cinematic love affairs“. Gemeinsam mit Bruder Stony kreierte er Dr. Blizzards original Savanna Band, einen Haufen exzentrischer Musiker mit theatralischem Auftreten. Verärgert über gängige Schablonen in der amerikanischen Popmusik, versuchten sie mit einer „best of both words“-Haltung die Mauern zwischen schwarzen und weißen Rhythmen einzureißen.

„Hey Damell, warum machst du nicht einfach Tanzmusik? Das erwarten die Leute von dir- und nicht solche „Bananaboat-Klänge“, bekam er von den Verantwortlichen seiner Plattenfirma zu hören.

„Sie und die Radiostationen sind für das riesige kreative Vakuum in der amerikanischen Musik verantwortlich. Es ist diese rassistische Haltung: Weil du eine bestimmte Hautfarbe hast, mußt du Tanzmusik abliefern. Fehlt nur noch: Wie kommst du eigentlich dazu, selbständig zu denken? Dafür sind wir zuständig. „

Von Intoleranz und zwei erfolglosen Alben zermürbt, verließ er mit Leidensgenossen Andy Hernandez die Savanna Band-Sackgasse. Nach einem Zwischenspiel als Songautor eines Musikverlages schien die Zeit reif für KID CREOLE & THE COCONUTS.

Mit Disco, Funk, R& B, Calypso, Reggae als Ausgangsbasis für einen musikalischen Mischstil prägte er 1980 mit OFF THE COAST OF ME sein Markenzeichen Nur das durchgängige thematische Konzept fehlte noch. Zur Suche nach seiner ersten Frau Mimi bricht er erst ein Jahr später mit FRESH FRUIT IN FOREIGN PLACES in die imaginäre Inselwelt mit ihren Verwirrungen und Abenteuern auf.

Die phantastische Story mit zahllosen Anspielungen auf seine eigene Biografie schreit förmlich nach einer außergewöhnlichen Bühnenshow. Mit den attraktiven Coconuts im Vordergrund und dem Wirbelgnom „Sugar Coated“ Andy Hernandez zur Seite gelingt Kid Creole mit der zweiten LP und einer extravaganten Bühnenshow zumindest der Ruf eines Insider-Tips. Hat er diesen Kult-Status genossen? „Ich habe es nicht völlig abgelehnt, eine Kult-Figur zu sein. Es ist immer eine gute Entschuldigung dafür, keine Platten zu verkaufen. Es ist ein Trost. In Amerika sind wir nunmer noch so etwas wie eine Kult-Band. Hier m Europa nähern wir uns langsam einem Super-Star-Status.

Wenn du eine Idee hast, die du möglichst vielen Leuten nahebringen willst, kannst du nicht dem ganzes Leben lang ein Kultheld bleiben. Man kann die Welt nur verändern, wenn man die Massen erreicht. Ich möchte noch mehr Erfolg haben, möchte größer und größer werden. Und dann möchte ich den Erfolg gern nutzen, um einen dringend benötigten Wandel im Musikgeschäft zu erreichen.“

Bei diesem Thema sprudelt es aus August Darneil nur so heraus. Er spürt, daß seine Abrechnung mit den Ignoranten und Besserwissern des Show-Geschäfts jetzt möglich wird.

Befürchtest du nicht, daß sein Popularitäts-Stern im momentanen Mode-Wirrwarr auch wieder schnell verblassen kann?

„Ich sehe das nicht. Meine Idee, verschiedene Musikstile zu kombinieren, existiert schon seit den Savanna Band-Zeiten. Es ist für mich also keine Frage der Mode, sondern eine Frage, was aus dem Herzen kommt. Der Erfolg besteht dann, die Leute für die Idee zu gewinnen. Wir werden sehen, ob die Fans dahinterstehen, weil es modern ist – oder weil sie sich wirklich wohlfühlen.“

Heißt das, man hat eure Musik vorher nicht verstanden?

„Genau. Als die Leute die Show sehen konnten, fingen sie an, mehr von der Musik zu verstehen. Oft kannst du eine Platte kaufen und verstehst sie; der Stil ist auf der Platte.

Bei uns ist das anders. Wenn man die Show sieht, wird das Verständnis leichter. Es ist nun einmal die Zeit von Kid Creole & The Coconuts, weil es die Zeit der Videos ist, die Zeit des Verbrechens von Visuellem und Akustischem. „

Das K. C.-Boot steht unter Volldampf, zugegeben. Aber es rumort auch unter Deck. Maschinist Andy Hernandez, treibende Kraft der Live-Shows, mag nicht länger im Schatten des großen August Darnell sein Unwesen treiben, äußert Unmut über das Gebahren des Schippers. Als Coati Mundi versuchte er einen mehr oder minder erfolgreichen Solo-Anlauf.

Auch in der „Lifeboat-Show“ erfährt sein Status mit der Ankündigung „featuring Coati Mundi“ eine Aufwertung. Ist das ein Kompromiß, um einen möglichen Split zu begegnen?

August (abwiegelnd): „Andys Rolle in der Show ist keine andere als im letzten Jahr; und was sein Solo-Album betrifft, so mußte er es machen, um sich zu beweisen, daß er es kann. Er hat es deshalb ja auch völlig eigenständig und ohne meine Mitarbeit gemacht.

Aber ich denke, sowohl Andy als auch die Coconuts und die anderen Bandmitglieder kennen meine Meinung über die Gruppe: Jeder in der Band ist austauschbar, außer Kid Creole. „

„Ich denke, daß Andy und auch die Coconuts eher Kolben in diesem Motor sind. Ohne diese Kolben würde das Schiff zwar auch fahren, aber anders. Vielleicht ein bißchen langsamer. Aber es würde immer noch Leute von einem Punkt zum anderen transportieren können.

Völlig anders sieht es im Studio aus. Man sehe mir die Bemerkung nach, aber diese Welt ist die Welt von August Darneil, und es gibt nur einen Motor August Darnell. Jeder Musiker ist nur dazu da, meine Vorstellungen zu verwirklichen.

Aber um nicht mißverstanden zu werden: Es gibt keine besseren Musiker, keine besseren Sängerinnen als die Coconuts, um diesen Sound herauszubringen; und es gibt auch keine bessere Band, um das ganze live umzusetzen. Und es gibt auch keinen besseren Komödianten in der ganzen Welt als Andy. Ich bin also mit der jetzigen Situation äußerst zufrieden.“

Bei dieser Dominanz kann es auch nicht verwundern, daß für die solistischen Gehversuche der Coconuts August die Schuhe bastelte. Als Produzent und Schreiber der meisten Stücke vermittelt er fast den Eindruck, daß es sich um ein getarntes Solo-Album des Meisters handelt, zumal der Plan bereits bei TROPICAL GANGSTERS bestand und nur am Widerstand der Plattenfirma scheiterte.

„Afein, nein, der Hintergrund ist ein völlig anderer. Das Coconuts-Album ist eher das Ergebnis von Frustrationen der Mädchen über ihre Rolle als Begleitmusiker. Als z. B. die britische Musik-Industrie uns als den besten Live-Act des Jahres auszeichnete, erhielten die Coconuts nicht mal eine Einladung!

Sie wollten beweisen, daß sie nicht nur hübsche Gesichter haben und gut tanzen können. Sie haben mich gebeten, bei diesem Vorhaben etwas zu helfen. Für sie war es eine wichtige Erfahrung, und sie mußten feststellen, welch harte Arbeit dahintersteckt. „

Tourneen, Mitwirkung an der Coconuts-Solo-LP – blieb da überhaupt noch ausreichend Zeit für die Arbeiten an dem vierten Kid Creole-Album DOUBLE-GANGER‘ „Ich glaube, der Zeitdruck hat dem Album gutgetan. Hinzu kommt die Tatsache, daß ich die langjährige Zusammenarbeit mit Michael Zükha von ZE-Records aufgekündigt habe. Mit ihm wäre es nur noch Nerverei geworden. So brauchte ich diesmal keine Kompromisse zu machen.

DOUBLE-GANGER verbindet in vielerlei Hinsicht alle bisherigen drei Alben. Er hat den Witz des ersten, die esoterische Qualität des zweiten und die kommerzielle Potenz des dritten. Ich bin sehr zufrieden.“

Zum Zeitpunkt meines Interviews wird das Werk noch als Geheimnis wohl behütet, und so muß ich mich auf die live-präsentierten Appetithäppchen verlassen. Fast scheint es, als seien die Songs unter dem starken Eindruck einer Broadwaygerechten Live-Umsetzung entstanden, was natürlich nichts über ihre Qualität aussagt. „If You Wanna Be Happy“ z. B. die erste Coverversion auf einem K. C.-Album, lebt von der Live-Pointe. „If you wanna be happy for the rest of your hfe, never make a pretty woman your wife“.

K. C.s persönliche Konsequenz: Er sucht während der Live-Show eine häßliche Frau zum Heiraten.

Neben solchen Gags wird man aber auch mit Ernsthaftem konfrontiert. „Distractions“, wofür erstmals die Coconuts den Text schrieben, bezieht einen feministischen Standpunkt, haut Machos in die Pfanne und wendet sich gegen weibliche Schlaffis, die alles mit sich gefallen lassen.

Keineswegs beschränkt sich August Darneil auf nette Geschichten. Die ganze Handlung ist wiederum zusammenhängend und setzt die „Tropical Gangsters“-Story fort.

„Die Idee zu dieser Geschichte knüpft an die Samson & Dehla-Story aus der Bibel an. Elemente einer Bearbeitung dieser Samson & Dehla-Idee habe ich mit Elementen einer anderen Geschichte gemischt und daraus eine Kid Creole-Story gebastelt. Vielleicht machten wir eines Tages einen Film daraus; die Verwirklichung rückt näher.“

Um keine weiteren Spekulationen aufkommen zu lassen, hier also die Fortsetzung der Abenteuer des Kid Creole und seiner Coconuts: Kid ist also auf Silla, der Insel des verrückten Diktators, gelandet und versucht, ihn zu stürzen. Der verrückte Diktator hat einen verrückten Wissenschaftler, der einen Doppelgänger von Kid Creole kreiert.

Während Kid ins Gefängnis geworfen wird, wird der Doppelgänger unter’s Volk geschickt, um durch übles Benehmen das Image des guten Kid zu unterminieren. Aber Kid kann natürlich aus dem Gefängnis fliehen und…