Interview

King Gizzard & The Lizard Wizard: Über das Ende von Spotify

Stu Mackenzie im Gespräch über ihren Ausstieg bei Spotify, die Folgen für Fans und ihre DIY-Haltung.

„Fuck Spotify“, hieß es kürzlich von King Gizzard & The Lizard Wizard – und weg war ihr gesamter Katalog von der großen Streamingplattform. Keine Unterstützung mehr für ein Unternehmen, das in Waffen investiert. Umso mehr Support bekommt die Band seitdem. Ein Gespräch zur Lage mit Sänger und Multiinstrumentalist Stu Mackenzie.

Ihr seid jetzt schon eine Weile nicht mehr bei Spotify. Hast du das Gefühl, es fehlt etwas?

STU MACKENZIE: Für mich hat sich überhaupt nichts geändert. Ich mache Musik mit meinen Freunden und bin dankbar dafür, dass das schon so viele Jahre funktioniert. Ich bin froh, dass wir nicht mehr auf Spotify sind – es fühlt sich weiterhin wie die richtige Entscheidung an. Einfach, weil es dort genug Dinge gibt, die richtig düster sind und dazu führen, dass wir als Musiker nicht mehr dorthin passen. Das Weggehen war ein logischer Schritt. Und im Alltag macht es ehrlich gesagt keinen Unterschied, ob wir dort zu streamen sind oder nicht.

Es war also gar nicht so risikoreich, wie sich das zunächst anhört?

Sagen wir es so: Ich gehe gerne Risiken ein. Aber ich weiß auch, dass das nicht das Ding von jedem Artist ist. Uns waren die Konsequenzen egal, doch es ist auch verständlich, wenn man diese gar nicht erst hervorrufen und lieber bei Spotify bleiben möchte. Ich urteile nicht über andere Musiker:innen – ich möchte nur die Menschen dazu ermutigen, das zu tun, was sich für sie von Herzen richtig anfühlt, und weniger das, von dem sie glauben, man müsse es machen. Die Welt ist schon so ein verdammt komplizierter Ort.

Inwiefern hat sich Spotify für euch „düster“ angefühlt?

Spotify selbst ist gar kein düsterer Ort. Vielmehr ist es ein Ort, an dem Leute Musik hören und entdecken können – was ich großartig finde und was mich gleichzeitig traurig macht, weil man uns nun nicht mehr dort finden kann. Ich will, dass unsere Musik erfolgreich ist. Ich will, dass die Menschen einfach auf ihr Handy klicken und unsere Songs abspielen können. Das ist der Traum. Dennoch: Wir sind gegangen, weil wir nicht Teil von etwas sein wollen, das mit Militär, Künstlicher Intelligenz und Drohnenkrieg in Verbindung steht. Spotify ist ein übles Unternehmen. Und klar, wir sind noch bei Apple Music und auch bei YouTube, die ebenfalls ihre üblen Seiten haben. Es ist ein vielschichtiges Problem, und wir sind damit als Band auch noch nicht fertig. Ich möchte mich gar nicht moralisch über andere erheben – ich kann nur sagen, dass wir in der privilegierten Position sind, Spotify verlassen zu können. Wir haben keine große Plattenfirma im Nacken, wir machen unser eigenes Ding. Radikal zu sein ist einfacher, wenn man eine DIY-Band ist. Aber ich finde es gut, so zumindest ein Gespräch anstoßen zu können.

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Wie fielen die Reaktionen der Leute auf euren Anti-Spotify-Schritt aus?

Die Leute sagen mir ständig: „Gut für euch!“ Ich habe persönlich wirklich noch keine negative Reaktion dazu bekommen. Aber wir erhalten auch E-Mails und Nachrichten in den Socials, in denen es darum geht, dass es nun für die Leute umständlich geworden ist, unsere Musik zu hören. Und das ist schade. Das ist eine Konsequenz, die 99 Artists davon abhalten dürfte, die gleiche Entscheidung zu treffen wie wir. Niemand möchte den Menschen, die ihre Musik mögen, Unannehmlichkeiten bereiten. Doch ich muss es jetzt so hinnehmen.

Dafür seid ihr jetzt eine Chartsband, weil viele eurer Alben in den Bandcamp-Charts der meistverkauften Platten ganz vorne vertreten waren und sind. Fühlt sich das komisch an?

Es ist auf jeden Fall seltsam. Und schmeichelhaft zugleich. Was mir derzeit immer mehr auffällt, ist der enorme Umfang, den King Gizzard mittlerweile angenommen hat, und der es für mich immer abstrakter macht. Mit der eigenen Band in Charts vertreten zu sein, fühlt sich an, als würde das jemand anderem passieren. Es ist schwer für mich, das Ganze auf einer tiefen, intuitiven Ebene zu verstehen.

Wie abstrakt ist es, über die Einnahmen zu reden, die ihr durchs Streaming generiert habt und noch generiert?

Das ist schwierig herauszufinden, weil die Gehaltsschecks, die wir erhalten, mit denen des Vertriebspartners für alle Streamingdienste gebündelt werden. Und wir haben Vertriebspartner auf der ganzen Welt. Man müsste viel Zeit mit der Buchhaltung verbringen, um das nachzuvollziehen. Ich weiß aber, dass das Streaming-Geld für uns keine allzu große Rolle spielt. Es ist eine kleinere Einnahmequelle als andere, mit denen wir unser Musikerdasein finanzieren. Ich bin schon echt froh darüber, dass wir dennoch mit unserer Musik unsere Rechnungen bezahlen können – und das zu unseren Bedingungen.

Neben dem kontinuierlichen Touren liefert ihr auch beständig Merch in alle Richtungen. Das macht sicher gut Cash.

Ich muss an der Stelle betonen, dass ich keine Marke sein möchte. Ich weiß aber, dass wir als Band auch als Brand gesehen werden und dass das zum Business gehört. Ich hasse dieses Marken-Ding am Musikersein. Ich möchte einfach nur Musik machen. Und ja, ich stehe gerne auf der Bühne, ich trete gerne vor Publikum auf. Aber was ich wirklich richtig liebe, ist das pure Musizieren. Das ist es, wofür ich am meisten Platz in meinem Hirn mache. Und ein kleines bisschen lasse ich dann noch fürs Bewusstsein, dass ich von irgendwas leben muss und dass das eine gewisse Menge an Geld bedarf. Dafür ist es wiederum schön, dass ich selbst bei diesem Muss-Part des Jobs mit einem Künstler wie Jason Galea zusammenarbeiten darf, der den Großteil unserer Merch-Kunstwerke macht.

In eurem Statement zum Weggang von Spotify ging es auch darum, dass ihr euch so selbst treu bleiben wollt. Welche anderen Aktivitäten zahlen bei dir noch auf diese Selbsttreue ein?

Ich bin jemand, der sich viele Gedanken darüber macht, wie ich die Erde beeinflusse. Dazu gehört, dass ich es hasse, fürs Touren in ein Flugzeug steigen und um die Welt fliegen zu müssen. Deshalb zermartere ich mir den Kopf darüber, wie ich dem etwas entgegensetzen kann. Wie kann ich einen positiven Impact für die Welt leisten? Damit beschäftigt sich die gesamte Band, und wir haben in der Vergangenheit bereits verschiedene Dinge ausprobiert und sind Partnerschaften mit unterschiedlichen Organisationen und Wohltätigkeitsvereinen eingegangen. Es wäre natürlich toll, wenn wir mit unserem Weggang von Spotify auch eine Diskussion darüber anzetteln würden, wie wir alle bewusster lebende Menschen werden könnten. Das wäre eine gute Sache.

Mehr über King Gizzard & The Lizard Wizard

Die DIY-Band aus dem australischen Melbourne begann 2010 mit dem gemeinsamen Musikmachen. Inzwischen haben Stu Mackenzie und seine äußerst produktive Großgruppe über 20 Alben veröffentlicht – irgendwo zwischen Psychedelic Rock, Garage und Prog. Im Juli 2025 zogen sie ihren gesamten Katalog von Spotify ab. Auf Bandcamp kann man ihre Alben nun für den Geldbetrag kaufen, den man selbst willens ist zu zahlen – was auch null Euro sein können.